Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) haben am Mittwoch das vom Kabinett beschlossene Agrarpaket aus Insektenschutzprogramm, Tierwohlkennzeichen und Umschichtung der Direktzahlungen für 2020 vor der Presse vorgestellt. Einschnitte für die konventionelle Landwirtschaft birgt insbesondere das Insektenschutzprogramm. Beide Ministerinnen ließen keinen Zweifel daran erkennen, dass Insektenschutzmaßnahmen nötig sind. "Wir können damit eine Trendwende gegen das Insektensterben schaffen", sagte Schulze. Klöckner betonte jedoch vor den Journalisten auch, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln grundsätzlich weiter nötig und möglich sein müsse. "Es wird Ausnahmen geben, selbst in Schutzgebieten", kündigte Klöckner an.
Das sind die wichtigsten Punkte aus dem Insektenschutzprogramm
Ein nationales Verbot für die Anwendung von Glyphosat zum Ende der aktuell gültigen EU-Zulassung bis spätestens 31.12.2023.
Eine Minderungsstrategie für Glyphosat ab 2020 mit Verboten und Teilverboten für den Einsatz bei der Stoppel-, Vorsaat- und Vorerntebehandlung, auf Grünland, im Wald, in Weihnachtsbaumkulturen, auf Gleisanlagen, in privaten Gärten und auf öffentlichen Parkflächen. Damit soll der Glyphosateinsatz um 75% vermindert werden.
Einen Mindestabstand zu Gewässern von 10 Metern bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln.
Einen Abstand von 5 Metern, wenn die Abstandsfläche dauerhaft begrünt ist.
Schon ab 2021 soll die Anwendung von Herbiziden und biodiversitätsschädigenden Insektiziden in Schutzgebieten verboten werden. Zu diesen Gebieten gehören u.a. FFH-Gebiete, Naturschutzgebiete, Nationalparks, Natinale Naturmonumente, Naturdenkmäler, §30-Biotope und Vogelschutzgebiete mit Bedeutung für den Insektenschutz.
Artenreiches Grünland, Streuobstwiesen und Trockenmauern sollen als Biotop unter den gesetzlichen Schutz des Bundesnaturschutzgesetzes aufgenommen werden und ebenfalls mit Einschränkungen für den Pflanzenschutz belegt werden.
Die vom BMU geforderten festen 10% Ausgleichsflächen für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln kommen nicht. Dafür soll von Landwirten bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln eine Kompensation für die Biodiversität aus einem Katalog an Maßnahmen verlangt werden.
Zur Bewältigung des Insektenschutzprogrammes soll es 100 Mio. € Bundesmittel für die Förderung von Insektenschutzmaßnahmen geben. Davon werden 25 Mio. € für die Insektenforschung und ein Insektenmonitoring abgezwackt. In dem Insektenschutzprogramm sind auch Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung enthalten. Außerdem kündigte Schulze Maßnahmen an, bei denen Kommunen bei der Umsetzung von Insektenschutzmaßnahmen unterstützt werden sollen und Bürger zu einer insektenfreundlichen Gestaltung ihrer Gärten animiert werden sollen. Im Insektenschutzprogramm verpflichtet sich die Bundesregierung außerdem gegen die Versiegelung vorzugehen und den Anstieg der Siedlungs- und Verkehrsfläche bis 2030 auf unter 30 ha/Tag und bis 2050 auf netto-null zu reduzieren. Das Insektenschutzprogramm zum Nachlesen gibt es hier.
Tierwohllabel soll Baustein für Umbau der Nutztierhaltung sein
Den Gesetzentwurf für das Tierwohlkennzeichen bezeichnete Klöckner als ein Baustein für den Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland. Die Verwendung des Tierwohlkennzeichens ist freiwillig, dreistufig und wird an die Erfüllung von Anforderungen an die Haltung, den Transport und die Schlachtung von Tieren, die über dem gesetzlichen Mindeststandard liegen, geknüpft. Diese sollen in einer Verordnung festgelegt werden. Erste Kriterien für Schweine hatte Klöckner bereits im Winter vorgestellt.
Das Bundesumweltministerium hat ein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung der Kriterien für das Label bekommen. Klöckner kündigte erneut an, das Label mit einer 70 Mio. € umfassenden Werbekampagne bekannt machen zu wollen. „Das Tierwohlkennzeichen ist ein Angebot für die Tierhalter und die Verbraucher“, sagte Klöckner. Außerdem sagte sie Investitionszuschüsse für Tierhalter zu. „In 10 bis 15 Jahren wird unsere Nutztierhaltung anders aussehen“, sagte Klöckner. Dafür versprach sie Verbesserungen im Genehmigungsrecht für Stallumbauten für mehr Tierwohl. „Wir sind in guten Gesprächen mit dem Bundesbauministerium zur Änderung des Baugesetzes“, sagte Klöckner.
Umschichtung soll an Landwirte zurück fließen
Die 6% Umschichtung von Direktzahlungen hin zu den Maßnahmen der 2. Säule bezeichnete Klöckner als "win-win-Situation" für die Landwirte. Damit stünden den Agrarprogrammen 75 Mio. € mehr zur Verfügung. Die Kürzung bei den Direktzahlungen beträgt pro Hektar damit 4,50 €.
Etwa 90 Prozent der umgeschichteten Gelder flössen an die Landwirte zurück, versprach Klöckner. Die Gelder würden dazu beitragen, dass die Agrarzahlungen zielgerichteter ausgegeben werden. „Wer mehr für Umwelt und Klima tut, muss dafür auch belohnt werden“; sagte Klöckner.
Die Umschichtung gilt allerdings nur für 2020. Ob das Modell eine Umgestaltung der Direktzahlungen nach der EU-Agrarreform vorweg nimmt, wollte Klöckner noch nicht zusagen. Dazu gäbe es noch unterschiedliche Ansichten in der Bundesregierung. Sie halte die Direktzahlungen als Einkommensstabilisierung weiter für wichtig.