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Pflanzenschutzkartell: Wer Schadenersatz einklagen will, muss sich jetzt sputen

Die Schadensersatzklage zum Pflanzenschutzkartell kann sich durchaus lohnen: Wie aus der Branche derzeit zu hören ist, liegt der Wert realistisch vermutlich bei 10 % der Nettoeinkaufssumme.

Lesezeit: 4 Minuten

Das Bundeskartellamt hat in mehrere Entscheidungen von Anfang 2020 (B10-22/15) gegen acht der größten Pflanzenschutzmittelgroßhändler in Deutschland Bußgelder in Höhe von insgesamt 157 Mio. € verhängt. Es stellte fest, dass die Großhändler zumindest zwischen 1998 und März 2015 kartellrechtswidrige Vereinbarungen über einheitliche Preislisten, Rabatte und Verkaufspreise gegenüber Einzelhändlern und Endkunden getroffen haben. (Fallbericht des Bundeskartellamtes)

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Auch wenn derzeit niemand sagen kann, wie hoch der Schaden wirklich ist und welche Schäden schon verjährt sind, zeigt ein grobes Berechnungsbeispiel, dass sich die Schadensersatzklage durchaus lohnen kann: Dreh- und Angelpunkt ist hier die Frage, wie viel teurer die Pflanzenschutzmittel durch das Kartell waren.

Wie aus der Branche derzeit zu hören ist, liegt der Wert realistisch vermutlich bei 10 % der Nettoeinkaufssumme. Angenommen, Sie haben pro Jahr 15.000 € für Spritzmittel ausgegeben, läge der Schadensersatz pro Jahr bei 1.500 €.

Für wie viele Jahre es Schadensersatz gibt, steht derzeit noch nicht fest. Möglicherweise sind Forderungen bereits verjährt. Geht man daher zunächst nur von 10 Jahren aus, läge der Schadensersatz bei 15.000 €. Dazu kommen die Zinsen.

Alleine klagen rechnet sich nicht

Das Problem bei der Einklagung des Schadensersatzes ist, dass es sich in den seltensten Fällen lohnt, als einzelner Landwirt zu klagen. Das liegt vor allem daran, dass teure Gutachten fällig sind, in denen berechnet wird, wie hoch die Preise ohne das Kartell gewesen wären. Auch müssen die Gerichts- und Anwaltskosten für viele Jahre vorgestreckt werden. Deshalb gibt es verschiedene Anbieter, die für die Landwirte den Schadensersatz einklagen.

Hinter diesen Anbietern stehen auf das Kartellrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien und internationale Prozessfinanzierer. Sie tragen die Anwalts-, Gerichts- und übrigen Prozesskosten auf eigenes Risiko, als Gegenleistung muss der Landwirt den Prozessfinanzierer im Erfolgsfall an der erstrittenen Summe beteiligen. Geht die Klage verloren, fallen dagegen keine Kosten für den Landwirt an.

Bäuerliche Geschädigtengemeinschaft klagt bereits

Um den Schadensersatz auf diese Weise einzuklagen, sind derzeit verschiedene Anbieter aktiv. Bereits eine erste Klage eingereicht hat die Bäuerliche Geschädigten Gemeinschaft (BGG), der sich mittlerweile nach eigenen Angaben rund 3.500 Landwirte angeschlossen haben.

Die BGG (agrarkartell.de) unterstützen auch Bauernverbände aus Niedersachsen, NRW, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Zum 1. Oktober 2022 ist die BGG II gegründet worden. Hier können weiter alle Landwirte beitreten.

Für die gebildete Streitgenossenschaft klagen die beauftragten Kanzleien GQL und LCHB unter der Leitung von Rechtsanwalt Dr. Peter Gussone aus Berlin und Rechtsanwältin Dr. Katharina Kolb aus München die zu viel gezahlten Gelder im Zeitraum von 1998 bis 2015 ein. Hier soll vorab geklärt werden, ob die Ansprüche zwischen 1998 bis 2005 bereits verjährt sind.

Dr. Peter Gussone rechnet mit einer ersten Entscheidung in zwei bis drei Jahren, bei Beteiligung des Europäischen Gerichtshofes nicht vor fünf Jahren. Finanziert wird die Klage über und den Prozessfinanzierer TransAtlantis. Im Erfolgsfall erhalten Landwirte 75 % des Schadensersatzes, 25 % gehen an TransAtlantis.

Alternativ können die beteiligten Landwirte die Ansprüche direkt an den Investor TransAtlantis verkaufen. Sie erhalten dann 22 % des voraussichtlichen Schadens sofort ausgezahlt, unabhängig vom Ausgang des Gerichtsverfahrens. Diese Option ergreifen derzeit rund 40 % der beteiligten Betriebe, so die Rückmeldung der Rechtsanwälte Dr. Gussone und Dr. Kolb.

Der Anbieter LitFin (psm-kartell.de) hat nach eigenen Auskünften für seine Streitgenossenschaft 1.700 Landwirte gewinnen können. Hier übernimmt die Klage die Wettbewerbsrechtskanzlei Wagner Legal. Der Landwirt erhält zwischen 65 % bis 77 % des Schadens, je nach Höhe des Schadenersatzes, der ihm zugesprochen wurde und abhängig davon, ob er Mitglied in den Partnerverbänden von LitFin ist..

Per Sammelklage vor Gericht

Ein anderes Modell, nämlich die Sammelklage, verfolgt das unilegion Bauernbündnis Pflanzenschutz (www.unilegion-pflanzenschutz.de). Nach eigenen Angaben treten derzeit rund 3.150 Landwirte ihre Schadensersatzforderung an unilegion ab, die diese als Sammelklage vor Gericht bringt.

Bislang sind Sammelklagen vor deutschen Gerichten allerdings schon öfter abgewiesen worden, angesichts von zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes und einer Änderung des Rechtsdienstleistungsgesetzes ist der Anbieter allerdings zuversichtlich, dass das Verfahren so zulässig ist.

Als Prozessfinanzierer steht AugustaVentures hinter Unilegion, die rechtliche Vertretung übernimmt die Kanzlei Taylor Wessing.

Übersicht: Pflanzenschutzkartell – wer bietet Sammelklagen oder Streitgenossenschaften an?

NameZahl der vertraglich gebundenen  LandwirteGewähltes VerfahrenLandwirte erhalten …% des ihnen zugesprochenen  SchadenersatzesVerkauf der Ansprüche an Investor möglich? (Buy-out)Wann ist die Klageeinreichung?
Bäuerliche Geschädigten Gemeinschaft (BGG)3400Streitgenossenschaft75Ja zu 22% des ForderungswertesEine erste Klage wurde bereits eingereicht.
LitFin1700Streitgenossenschaft77-65 %, je nach Umsatz von Pflanzenschutzmittel und Verbandszugehörigkeit.Ja, bis zu 15 % des ForderungswertsKlage für die erste Gruppe von Kunden bis Ende dieses Jahres
Unilegion3150Sammelklage68 % - 79 %, je nach Umsatz von PflanzenschutzmittelnNeinHerbst 2023
Quelle: Nach Angaben von BGG, LitFin und Unilegion auf top agrar-Anfrage, kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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