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Besser Niederlassungsprämie statt Hektarbonus?

Die klassische Junglandwirteförderung ist an die Fläche gebunden. Gerade Neueinsteiger fühlen sich dadurch benachteiligt. Erste Bundesländer zeigen, dass es auch anders geht.

Lesezeit: 6 Minuten

Wer keinen Hof aus der Familie übernehmen kann, aber trotzdem einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb gründen will, hat es oft schwer. Was meist fehlt, ist der Zugang zu Land und v. a. zu Kapital.

Schnell gelesen

Die aktuelle Förderung über Flächenprämie, AFP oder zinsgünstige Kredite hilft jungen Neugründern oft nur wenig.

Neugründer in der Landwirtschaft ­fordern deshalb eine flächenunabhängige Existenzgründungsbeihilfe.

Sechs Bundesländer haben mittlerweile eine Niederlassungsbeihilfe für Existenzgründer in der Landwirtschaft eingeführt.

Die Niederlassungsbeihilfe wird als Zuschuss gezahlt und liegt je nach Land bei max. 45.000 € bis 100.000 €.

Praktiker profitieren von der Verfügbarkeit der Prämie schon in der Gründungsphase und deren freien Verwendung.

Es fehlt an Land und Kapital

Die Landwirtschaft gehört zu den kapitalintensivsten Branchen. Ein Arbeitsplatz in der Landwirtschaft kostet 692.000 €, so das Statistische Bundesamt. Um das zu finanzieren, braucht es oft Kredite, für die die Banken wiederum etwa 20 % Eigenka­pital fordern. Anders gesagt: Gründer bräuchten über 100.000 € Eigenkapital, um überhaupt loslegen zu können.

Von der, an die Direktzahlungen gebundene Junglandwirteförderung profitieren sie dabei oft kaum. Zwar können Junglandwirtinnen und Junglandwirte über die 1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) für max. fünf Jahre rund 134 €/ha für bis zu 120 ha erhalten. Jedoch hilft diese Förderung nur denjenigen Gründern, die entsprechende Flächen haben. Wer keine oder wenig Fläche hat, geht leer aus oder bekommt eben nur wenig Förderung.

Zudem können Neugründer zu Beginn oft kaum andere Fördermittel wie z. B. die AFP-Förderung oder zinsgünstige Rentenbankdarlehen beanspruchen und bekommen schon wegen fehlender Sicherheiten keine Bankkredite.

Bei der Existenzgründungsbeihilfe über die 2. Säule liegt Deutschland EU-weit auf dem vorletzten Platz." - Phillip Brändle

Neugründer fordern deshalb eine flächenunabhängige Existenzgründungsbeihilfe, so wie in anderen EU-Ländern. „So fördern z. B. Frankreich, Luxemburg und die Niederlande ihre Junglandwirte auch in der 1. Säule auf Basis nicht flächengebundener Zahlungen. Und bei der Existenzgründungsbeihilfe über die 2. Säule liegt Deutschland EU-weit auf dem vorletzten Platz,“ berichtet Phillip Brändle von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.

Sechs Länder gehen voran

In Deutschland gibt es vom Bund keine solche Förderung. Wohl aber haben einige Bundesländer mit Mitteln aus der 2. Säule eine Niederlassungsbeihilfe für die Landwirtschaft eingeführt. Zunächst Sachsen-Anhalt, dann Sachsen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Brandenburg. Je nach Bundesland liegt die Förderung zwischen max. 45.000 € und 100.000 € (Übersicht 1).

Das Prinzip: Die Förderung wird als Zuschuss ausgezahlt und ist unabhängig von der Hektarzahl des landwirtschaftlichen Betriebes. Voraussetzung ist u. a. die erstmalige eigenverantwortliche Führung eines landwirtschaftlichen Unternehmens, ein Alter von höchstens 40 Jahren, eine passende landwirtschaftliche Qualifikation und ein Geschäftsplan. Anspruchsberechtigt sind i. d. R. auch kooperative Unter­nehmenskonzepte, allerdings muss der Junglandwirt die wirksame Kontrolle über das Unternehmen nachweisen.

Gefördert werden Neugründungen, außerfamiliäre und auch klassische Hofübergaben. Je nach Region geht es darum, Familienbetriebe und eine vielfältige Agrarstruktur zu fördern oder auch der Landflucht entgegenzuwirken.

In jedem Bundesland durchlaufen Antragsteller ein Auswahlverfahren, in dem die allgemeinen Voraussetzungen und auch die Einhaltung spezifischer Kriterien wie z. B. Nachhaltigkeit, Arbeitskräftebesatz, Diversifizierung, Viehbesatz oder Einkommens- bzw. Umsatzobergrenzen überprüft werden.

Jugendbündnis macht Druck

Die meisten anderen Bundesländer planen aktuell keine spezielle Niederlassungsbeihilfe für Landwirte. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gibt es jedoch entsprechende Absichtserklärungen in den Koalitionsverträgen.

In Nordrhein-Westfalen macht sich seit 2021 ein Aktionsbündnis landwirtschaftlicher Jugendverbände für eine Existenzgründungsbeihilfe stark. Es fordert 1 % des Zweite-Säule-Fördervolumens für eine Niederlassungsbeihilfe zu nutzen, so wie es Brandenburg macht. Das wären 11 Mio. € in der laufenden GAP-Förderperiode.

So könnten bei einer max. Förderung von z. B. 70.000 € ca. 150 Neugründungen in Nordrhein-Westfalen gefördert werden. Damit die Förderung v. a. „echten“ Neugründern zu Gute kommt, schlägt Johannes Bühlmeyer, Junglandwirt und Vorsitzender des Rings der Landjugend in Westfalen-Lippe, eine entsprechende Gewichtung der Auswahlkriterien vor, so wie es auch in anderen Bundesländern gehandhabt wird.

Rheinland-Pfalz zeigt, dass die Existenzgründungsbeihilfe eine Frage des Wollens ist“ - Johannes Bühlmeyer

Trotz reger Diskussionen mit dem Landwirtschaftsministerium in Düsseldorf gibt es in NRW aber nach wie vor keine konkreten Planungen für eine entsprechende Förderung. Das Jugendbündnis macht daher weiter Druck. „Spätestens die Einführung der Niederlassungsbeihilfe in Rheinland-Pfalz zeigt doch, dass die Existenzgründungsbeihilfe eine Frage des Wollens und nicht des Könnens ist“, so Bühlmeyer.

Vorkaufsrecht für Gründer?

Bisher unklar ist auch, welche Verbesserungen die neue GAP ab 2027 bringen könnte. Das Bundeslandwirtschaftsministerium bekundet, die Junglandwirteförderung stärker ausbauen zu wollen. Konkretere Aussagen macht das Ministerium aber nicht. Es käme auch auf die zukünftigen Vorschläge der Europäischen Kommission an.

Der Deutsche Bauernverband auf jeden Fall fordert für die nächste Förderperiode den Ausbau der Junglandwirte-förderung in Form der Niederlassungsbeihilfe sowie die Stärkung und Weiterentwicklung der erhöhten Investitionsförderung und der Innovations- und Diversifizierungsförderung durch die Länder in der 2. Säule.

Außerdem weist z. B. Kathrin Muus vom Thünen-Institut in Braunschweig darauf hin, dass ein Flächenvorkaufsrecht für Junglandwirte Existenzgründungen erleichtern könnte. Gleichzeitig kennt sie aber auch die Schwierigkeiten einer zielführenden Umsetzung.

Aber es gibt Ansätze: So berücksichtigt die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) bei der Vergabe bundeseigener Flächen besondere Junglandwirte und in Sachsen-Anhalt gibt es eine mögliche Pachtaufstockung mit landeseigenen Flächen. 

„Eine wichtige Rolle für den Erfolg von Gründungen spielt auch die Unterstützungslandschaft in der Region“, betont Dr. Marianne Nobelmann, Dozentin für Landwirtschaftliche Gründungslehre an der Hochschule Eberswalde. „Durch effektives Zusammenwirken könnten regionale Akteure ein positives Gründungsklima für landwirtschaftliches Unternehmertum schaffen“.

Zwei Praktiker berichten: Warum Starthilfe so wichtig ist

Steht keine passende Förderung zur Verfügung, sind junge Gründer mitunter auf „fremde“ Hilfe angewiesen.

Lorenz Sökefeld, Nebenerwerbslandwirt aus dem ostwestfälischen Borgentreich, gründete ebenfalls 2016 einen Betrieb. Er startete mit 8 ha Pachtland, einem Altgebäude, einem gebrauchten Maschinenpark und 30 Ferkeln für die ökologischen Mast.

Mittlerweile bewirtschaftet der Biolandwirt zusammen mit drei Mitarbeitern knapp 100 ha, hält 500 Milchziegen sowie 300 Legehennen in einem Hühnermobil und verkauft seine Produkte per Direktvermarktung. „Um Fuß fassen zu können, brauchte ich jedoch eine Anschubfinanzierung. Ich hatte das Glück 60.000 € aus einem Programm der Alnatura-Stiftung zu bekommen. Ohne dieses Startkapital hätte ich nicht gründen können“, berichtet Lorenz Sökefeld.

Maria Mundry, Mutterkuhhalterin, gründete ihren Betrieb im Jahr 2016 im brandenburgischen Havelland. Mittlerweile hält die Nebenerwerbslandwirtin auf 104 ha rund 75 Angus-Rinder und vermarktet das Fleisch per Direktverkauf im Raum Berlin. „Der Einstieg ist mir vor allem deshalb gelungen, weil mir mein Cousin 20 ha von seinem Betrieb verpachtet, mir einen Unterstand verkauft und den Kauf der ersten neun Rinder vorfinanziert hat. Außerdem konnte ich anfangs Schlepper und Technik seines Betriebs mit nutzen. Diese Möglichkeiten hat nicht jeder, deshalb ist eine Existenzgründungsprämie so wichtig,“ ist Maria Mundry überzeugt.

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