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Interview

Rentenbank: Sinken die Zinsen für Landwirte weiter?

Seit Herbst 2023 hat die Landwirtschaftliche Rentenbank die Zinsen immer wieder gesenkt. Wir haben Nikola Steinbock, Vorstandssprecherin der Rentenbank, nach dem weiteren Trend gefragt.

Lesezeit: 5 Minuten

Frau Steinbock, seit Oktober senkt die Rentenbank schrittweise ihre Zinsen. Von 4,42 % für einen zehnjährigen Kredit mit 10 Jahren Zinsbindung in der Preisklasse A (beste Bonität) im Oktober 2023 fielen die Zinsen auf effektiv 3,55 % (12.01.24). Werden die Zinsen 2024 weiter fallen?

Steinbock: Im Jahr 2023 haben wir 24 mal die Konditionen angepasst, zuletzt in mehreren Schritten nach unten. Das zeigt wie volatil das Zinsumfeld derzeit ist. Die letzte Senkung erfolgte Anfang dieses Jahres. Eine Prognose für den weiteren Jahresverlauf zu wagen, ist nicht leicht. Ich erwarte bei anhaltender Volatilität auf den Kapitalmärkten zumindest keine nennenswert steigenden Zinsen. Dafür gibt es aktuell keine Anzeichen.

Derzeit sind die Zinsen bei langfris­tigen Darlehen niedriger als bei kurzfristigen. Weshalb ist das so?

Steinbock: Unsere Zinsen für Förderkredite spiegeln das internationale Zinsumfeld wider. Dort beobachten wir derzeit eine inverse Zinskurve. Das bedeutet, dass die Zinsen für kurze Laufzeiten über den Zinsen für lange Laufzeiten liegen. Das ist eine Ausnahmesituation. Die Erklärung ist, dass professionelle Anleger für die Zukunft fallende Zinsen erwarten. Meist ist das ein Anzeichen für eine bevorstehende Schwächephase der Wirtschaft. Aber eben auch nur ein Anzeichen.

Eine Inflationsrate von knapp unter 3 % ist wahrscheinlich.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung der Inflation ein? Erreichen wir 2024 die „Ziel-Inflation“ von 2 %?

Steinbock: Nach aktuellen Prognosen von Wirtschaftsforschungsinstituten und der Europäischen Zentralbank erreichen wir dieses Ziel 2024 nicht. Eine Inflationsrate von knapp unter 3 % ist aber wahrscheinlich. Auch hier ist die Unsicherheit groß. Die gegenwärtige verhaltene wirtschaftliche Entwicklung wirkt sich zwar dämpfend auf die Preise aus. Eine Verschärfung des Nahost-Konflikts kann aber z. B. zu deutlich höheren Ölpreisen führen, auch die Steuer- und Abgabenerhöhungen in Deutschland zu Jahresbeginn 2024 wirken tendenziell preistreibend.

Wie haben sich die gestiegenen Zinsen auf die von Ihnen ausgegebenen Kredite im letzten Jahr 2023 ausgewirkt?

Steinbock:In Erwartung steigender Zinsen haben einige Unternehmer ihre Finanzierungen in das Jahr 2022 vorgezogen, die fehlten in uns natürlich dann im Jahr 2023. Der Einfluss der Zinshöhe auf die Investitionsentscheidungen der Betriebe wird aber auch häufig überschätzt. Eine große Rolle spielen auch die Rahmenbedingungen. Sind diese unsicher, verschieben die Betriebsleiter Investitionen oder führen sie gar nicht durch. Das sehen wir vor allem in der Tierhaltung, wo wir bereits seit Jahren deutliche Rückgänge bei Investitionen in Stallbauten verzeichnen.



Im ersten Halbjahr 2023 ging die Nachfrage nach Förderkrediten der Sparte Landwirtschaft insgesamt um fast ein Viertel zurück. Das milderte sich im Laufe des Jahres etwas ab, es bleibt ein deutliches Minus gegenüber dem Vorjahr. Auch bei den Erneuerbaren Energien haben wir einen Rückgang, besonders bei der Windkraft.

Vom Schleppschuhverteiler über ­Gülleinjektor bis zur Festmistplatte: Landwirte konnten seit 2021 einen 40 %-igen Zuschuss aus der sogenannten „Bauernmilliarde“ erhalten. Das Programm war ursprünglich bis zum 31.12.2024 befristet, der Topf wurde durch das Bundesfinanzministerium jetzt aber vorzeitig gesperrt. Wie viel Geld stand im Investitionsprogrammursprünglich zur Verfügung?

Steinbock:Gesperrt ist der „Topf“ ­vorübergehend wegen der verhängten Haushaltssperre Ende des letzten Jahres. Aber ja, die Mittel im „Investitionsprogramm Landwirtschaft“ wurden im Zuge der Haushaltsverhandlungen gekürzt. Ursprünglich betrug das Volumen des Programms 816 Mio. €, verteilt über vier Jahre von 2021 bis Ende 2024. Wie viel Geld tatsächlich an die Landwirte geflossen ist, wird das Bundeslandwirtschaftsministerium voraussichtlich nach Abschluss des Programms mit­teilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund fortwährender Lieferschwierigkeiten einzelne Bewilligungen ­von einem Haushaltsjahr ins folgende übertragen werden mussten.

Die Rentenbank hat bereits mitgeteilt, dass bewilligte Anträge noch ausgezahlt werden. Wie behandeln Sie ein­gereichte, aber noch nicht bewilligte Anträge?

Steinbock: Trotz Haushaltssperre konnten wir Ende 2023 noch in gewissem Umfang Bewilligungen für das Haushaltsjahr 2024 aussprechen. Von dieser Möglichkeit haben wir vollumfänglich Gebrauch gemacht. Wie wir mit den uns noch vorliegenden An­trägen aus dem letzten Interessenbekundungsverfahren umgehen, können wir erst nach Abschluss der laufenden Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2024 sagen. Wir hoffen, dass wir keinem Betrieb wegen fehlender Mittel absagen müssen.

Denken Sie, dass das Investitionsprogramm noch einmal geöffnet wird oder werden die übrigen Gelder verfallen?

Steinbock:Das Programm läuft im Jahr 2024 aus, weitere Interessensbekundungsverfahren oder Antragsrunden wird es nicht geben. Im Laufe dieses Jahres müssen alle geförderten Vorhaben zum Abschluss gebracht und die Verwendungsnachweise bei uns eingereicht werden.

Bisher gibt es keine EU-Taxonomie für die Landwirtschaft

Für die Bonität und Höhe der Kreditzinsen sind nicht nur ökonomische Kennzahlen wichtig, sondern auch die Nachhaltigkeit. Womit müssen Landwirte bei der Kreditvergabe rechnen?

Steinbock: Es wird immer wieder falsch dargestellt: Bisher gibt es keine EU-Taxonomie für die Landwirtschaft. Alle Nachhaltigkeitsanforderungen und Sustainable Finance ergeben sich aus dem, was Banken berichten müssen bzw. aus dem Reporting entlang der Wertschöpfungskette.

So gibt es schon heute z. B. die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sogenannte CSRD-Richtlinie. Sie gilt zwar zunächst für größere Unternehmen, künftig ab 250 Mitarbeitern. Aber sie wird auch auf die Landwirtschaft durchschlagen, weil die verpflichteten Unternehmen die notwendigen Informationen bei ihren Lieferanten, also auch den Landwirten, abfragen. Hinzu kommt die ­Finanzmarkt-Regulatorik. Sie schreibt Banken vor, immer mehr Nachhaltigkeitskriterien in die Risikobeurteilung eines jeden Kredites einzubringen.

Könnte es sein, dass z. B. ein Biostall günstigere Kreditzinsen bekommt als ein konventioneller Stall?

Steinbock: Die Zinskonditionen eines Darlehens hängen eng mit der Ausfallwahrscheinlichkeit zusammen. Das ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden ihr Darlehen nicht zurückzahlen können. Die sogenannten Nachhaltigkeitsrisiken werden bei der Kreditvergabe zukünftig stärker berücksichtigt. Letztendlich sind aber auch diese Risiken Ausfallrisiken. Unterschiedliche Zinssätze würden daher auf unterschiedlichen Ausfallwahrscheinlichkeiten beruhen. Das können wir im skizzierten Szenario nicht erkennen. Im Wesentlichen hängt der Erfolg eines Geschäftsmodells von der Unternehmerqualifikation und -persönlichkeit ab, und nicht von der Bewirtschaftungsart.

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