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„Der Ukrainekrieg löst einen neuen Blick auf die Holzenergie aus“

Dr. Frank Schauff, Geschäftsführer des Forums für Nachhaltige Holzenergie, nimmt Stellung zu den Vorschlägen, Wälder stillzulegen und Holz nicht mehr als Brennstoff zu verwenden.  

Lesezeit: 5 Minuten

Die Nutzung von Holz ist seit längerem wieder stärker in der Kritik. Das Bundesumweltministerium will beispielsweise mit dem „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ Wälder „naturnah“ umbauen, das Umweltbundesamt dagegen sieht den Brennstoff Holz wegen der Feinstaubemissionen kritisch. Wie bewerten Sie die Lage?

Schauff:In der Tat stellt sich die Lage aktuell nicht eindeutig dar. Auf europäischer Ebene hat die Bioenergie, die ja geltenden Nachhaltigkeitskriterien entsprechen muss, bereits erheblich dazu beigetragen, die Erreichung der Klimaziele voranzubringen. Dies könnte auch für Deutschland wegweisend sein, und ich denke, der Koalitionsvertrag, in dem sich die beteiligten Parteien klar für eine weitere Nutzung von Biomasse ausgesprochen haben, setzt hier ein deutliches Zeichen. Dazu soll jetzt auch in den nächsten Monaten eine Biomassestrategie entworfen werden.

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Aktuell steht die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes an. Müsste da eine Biomassestrategie nicht schneller kommen, damit sie im Gesetz berücksichtigt werden kann?

Schauff: Das stimmt, aber danach sieht es im Moment nicht aus. Bei der Stromerzeugung aus Biomasse, die mit dem EEG gefördert wird, soll Holz in dem aktuellen Kabinettsentwurf keine große Rolle mehr spielen. Offen ist, ob die Bundesregierung den Rohstoff in anderen Bereichen dann verstärkt einsetzen oder generell einschränken will. Doch das Gesetzespaket ist ja noch lange nicht beschlossen. Wir hören von verschiedenen Bundestagsabgeordneten, dass es noch erhebliche Diskussionen hinter den Kulissen gibt. Zudem warne ich davor, nur die deutsche Sichtweise zu berücksichtigen.

Wie meinen Sie das?

Schauff: Auf EU-Ebene haben wir gerade die Diskussion um die Revision der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III). Sie wird der Maßstab für die nationalen Gesetze und Verordnungen sein.

Vorschläge aus Brüssel

Welche Vorgaben plant Brüssel dabei?

Schauff: Es gibt aktuell Vorschläge des Umweltausschusses, die Nutzung von Waldrestholz zu energetischen Zwecken einzuschränken, das Holz soll im Wald verbleiben. Das Bundesumweltministerium scheint sich auf eine ähnliche Festlegung zuzubewegen. Damit würden die Umrüstung entsprechender Anlagen auf nachhaltig gewonnene Holzenergie unwirtschaftlich und Forstwirten in der Folge finanzielle Mittel für den Waldumbau fehlen. Dieser ist aufgrund von Klimaveränderungen und dem Borkenkäferbefall dringend nötig und eine langfristige Aufgabe. Zur Sicherung der Wälder ist eine Aufforstung daher dringend geboten und diese würde auf den ersten Blick paradoxerweise durch die Einschränkung der Nutzung von nachhaltig erwirtschafteter Holzenergie wegen der fehlenden finanziellen Mittel nicht angereizt.

Hat denn Holz als Brennstoff – unabhängig von der Diskussion um die RED III – noch eine Chance gegenüber anderen Wärmequellen wie die strombetriebene Wärmepumpe?

Schauff: Das lässt sich pauschal nicht so sagen. Wir halten abgesehen vom Heizen von Privathaushalten mit Holz die Kraftwärmekopplung auch in größeren Einheiten für eine effiziente und klimapolitisch sinnvolle Anwendungsmöglichkeit von nachhaltiger Holzenergie. Dabei erzeugen Heizkraftwerke Strom und Wärme, die über Wärmenetze in die Häuser gelangt. Diese Art der Wärmeerzeugung könnte durch die geplante Bundesförderung für effiziente Wärmenetze beflügelt werden. Doch leider liegt das Förderprogramm seit Monaten zur Genehmigung in Brüssel.

Wie bewerten Sie in dem Zusammenhang die Pläne, Holz in umgerüsteten Kohlekraftwerken einzusetzen?

Schauff: Wenn die Biomasse zertifiziert nachhaltig ist und das Holz nicht aus dem Raubbau von Wäldern stammt, was ja durch die aktuelle europäische Gesetzgebung abgesichert sein sollte, ist das ein sinnvolles Konzept. Denn damit lassen sich sehr schnell und kostengünstig CO₂-Emissionen einsparen sowie Arbeitsplätze und große getätigte Investitionen erhalten. Ein weiterer Ansatz ist es, in der Industrie Holz anstelle von Kohle zur Produktion von Prozesswärme zu verwenden.

Wird der Ukrainekrieg und die Diskussion um ein Gas- und Öllieferembargo die Rolle Bioenergie in ein neues Licht rücken? Denn plötzlich ist u.a. der Import von nicht nachhaltigem, fossilem Frackinggas auch kein Tabu mehr.

Schauff: Ja, davon gehen wir aus. Die Bevölkerung hat verstanden, dass wir die Energieversorgung auf neue Beine stellen müssen. Nicht nur die Abhängigkeit von Russland, sondern auch der Klimawandel sorgen dafür, dass der Wunsch, von fossilen Energieträgern wegzukommen, in Gesellschaft und in Politik größer wird. Dabei müssen wir als Gesellschaft pragmatisch vorgehen. Man kann nicht alle Alternativen wie ein Windrad oder Biomasseimporte ablehnen und gleichzeitig den Import von fossilen Rohstoffen zulassen. Holz ist ein endlicher Rohstoff und wird demzufolge nur in begrenztem Maßstab genutzt werden können. Aber wir sind davon überzeugt, dass es wegen seiner Grund- und Spitzenlastfähigkeit eine wichtige Rolle im Energiemix spielen wird.

Das Forum richtet am 22. Juni 2022 eine Veranstaltung zu folgendem Thema aus: „Das Potenzial von nachhaltiger Holzenergie zur Dekarbonisierung der Industrie nach der Zeitenwende“. Die Veranstaltung findet im Haus der Ernährung und Landwirtschaft in Berlin statt. Anmeldungen unter events@forum-holzenergie.de. Nähere Informationen finden Sie unter diesem Link.

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