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„Die Güllevergärung muss auch ohne Vergütung lukrativ sein“

Florian Weh, Geschäftsführer des renergie Allgäu e.V., erklärt im top agrar-Interview, welche Perspektiven er für Ü20-Biogasanlagen sieht.

Lesezeit: 5 Minuten

Inwieweit werden Anlagenbetreiber nach 20 Jahren die Anlage weiter betreiben oder stilllegen?

Weh: Unserer Einschätzung nach denken gerade Betreiber von sehr kleinen Anlagen über eine Stilllegung nach. Für sie gibt es nach dem EEG keine Perspektive. Die zehnjährige Verlängerung mit dem Ausschreibungsverfahren ist für viele abschreckend.

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Welche Folgen hätte das?

Weh: Zum einen fehlt mit der Stilllegung grüner Strom für die Energiewende. Aber genauso schwer fällt ins Gewicht, dass in den Kleinanlagen viel Gülle vergoren wird. Diese wird dann wieder unvergoren ausgebracht, mit entsprechenden klimawirksamen Methanemissionen. Die Politik müsste jetzt die Weichen dafür stellen, dass auch die Kleinanlagenstruktur erhalten bleibt. Das aktuelle EEG und andere Vorschriften sorgen allerdings dafür, dass nur noch Großanlagen wirtschaftlich sind.

Wie werden Landwirte weitermachen, die sich für die zehnjährige Verlängerung entschieden haben?

Weh: Wer weitermachen will, entscheidet sich oftmals, die Leistung zu halbieren, um die geforderte doppelte Überbauung zu erreichen. Was nach dem Ende der zehn Jahre geschieht, ist noch nicht absehbar. Aber ich befürchte, dass auch Betreiber innerhalb dieser Zeit aussteigen werden. Denn der Höchstgebotswert in dem Ausschreibungsverfahren lag zwischenzeitlich nur bei gut 16 ct/kWh und ist auf zehn Jahre fixiert. Wir haben aber in letzter Zeit extreme Preissteigerungen gehabt, nicht nur für Ersatzteile, sondern vor allem beim Substratpreis. Nur die hohen Börsenstrompreise wie aktuell sorgen dafür, dass die Erlöse diese Preissteigerung decken. Es gibt für die Betreiber aber keine zehnjährige Planungssicherheit, da es im Strombereich – anders, als bei der Wärmelieferung – keine Preisgleitklauseln gibt. Sollten sich die hohen Börsenstrompreise wieder normalisieren, können Betreiber für 16 bis 18 ct/kWh nicht mehr auskömmlich wirtschaften und werden die Anlage stilllegen.

Die politischen Signale gehen im Moment stark in Richtung Biomethanproduktion. Sollten Betreiber daher umrüsten?

Weh: Ja, die Kommunikation führt dazu, dass sich sogar Betreiber mit flexiblen Biogasanlagen fragen, ob die Verstromungsanlagen noch zukunftsfähig sind. Die Einspeisung von Biomethan ist gut, wenn man sicherstellt, dass das Gas möglichst hochwertig verwendet wird: Für industrielle Prozesse oder als Kraftstoff für den Schwerlastverkehr. Aber es darf nicht so bleiben, dass nur Anlagen über 1 MW wirtschaftlich sind. Wir müssen auch die Struktur der Kleinanlagen in Süddeutschland berücksichtigen.

Wie bewerten Sie Gassammelleitungen für eine gemeinsame, große Biomethanaufbereitung?

Weh: Theoretisch ist das ein gangbarer Weg. Aber die Umsetzung ist extrem schwierig, da jedes Projekt individuell geplant werden muss. Das betrifft sowohl Sammelleitungen für Gas als auch für Gülle, wie wir an konkreten Projekten festgestellt haben. Neben vielen Verhandlungen mit Anlagenbetreibern und Flächenbesitzern zum Verlegen der Leitungen kommt das wirtschaftliche Risiko dazu, das die Gemeinschaft gemeinsam tragen muss. Um den Biogasanlagenbestand schnell auszuweiten oder mehr Biomethan ins Netz zu bekommen, halte ich Lösungen für den Einzelbetrieb für sinnvoller. Hier kann man auf Standkomponenten zurückgreifen. Wichtig wäre es aber, dass die Politik die Entwicklung von kleinen Aufbereitungsanlagen bis hin zu deren Wirtschaftlichkeit fördert.

Wären Kleinanlagen bei den hohen Strompreisen nicht prädestiniert für die Eigenversorgung des Betriebes?

Weh: Das wäre schon denkbar. Allerdings erzeugt auch eine kleine Biogasanlage mit beispielsweise 50 kW im Jahr über 400.000 kWh Strom und damit deutlich mehr, als die meisten landwirtschaftlichen Betriebe benötigen. Es ist daher wirtschaftlicher, von Voll- auf Überstromeinspeisung zu wechseln. Damit nutzt der Betrieb zunächst den benötigten Strom im Betrieb und speist nur die Überschüsse ins Netz ein. Etwas anderes ist es, wenn das BHKW nur noch stromgeführt betrieben wird. Die Biogasanlage wäre in dem Fall mehr eine Güllebehandlungsanlage. Dafür benötigen wir aber die richtigen Rahmenbedingungen.

Welche wären das?

Weh: Die Güllevergärung müsste unabhängig von der Stromeinspeisung bzw. einer Einspeisevergütung lukrativ werden. Dazu müsste man die CO₂-Einsparung bewerten und von der Energieerzeugung entkoppeln. Das wäre auch im Hinblick auf das Sektorziel der Landwirtschaft nach dem Klimaschutzgesetz interessant. Denn 15 % der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft stammen aus der Gülle. Die Biogasanlage könnte beispielsweise im Lohnbetrieb auch für andere Tierhalter Gülle ‚demethanisieren‘ und das über CO₂-Zertifikate finanzieren.

Wie wird sich Ihrer Meinung der Anlagenbestand in den nächsten zehn Jahren entwickeln?

Weh: Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Anlagen in drei Klassen einteilen lassen: in stark spezialisierte Stromerzeugungsanlagen, die viele Aufgaben für die Netzstabilität übernehmen. Dazu kommen Biomethananlagen, die das Gas entweder ins Netz einspeisen oder als Bio-LNG oder Bio-CNG an Tankstellen oder die Industrie verkaufen. Und als Drittes die Gülle-Demethanisierungsanlage, deren Aufgabe eher die Reduktion von Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung ist.

Welche Rohstoffe werden sich durchsetzen?

Weh: Der Reststoffbereich wird noch intensiver genutzt werden. Aber da gibt es irgendwann Grenzen. Für einen effizienten Anlagenbetreib sind daher auch alternative Energiepflanzen mit hoher Energiedichte nötig. Wichtig sind dabei gerade auch Blühpflanzen, die als Bienenweide dienen und zur Akzeptanz beitragen, wobei hier die Ausweitung der Biodiversität staatlich gefördert werden sollte, damit sich der Anbau wegen der geringeren Gasausbeute lohnt.

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