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Ein Elektrotraktor bietet viel Mehrwert für den Betrieb

Wissenschaftler der TU München arbeiten an einem völlig neuen Konzept für eine landwirtschaftliche Arbeitsmaschine. Wir haben mit dem Projektleiter über Details gesprochen.

Lesezeit: 5 Minuten

Hintergrund: Ein neunköpfiges Forschungsteam am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik der Technischen Universität München (TUM) arbeitet seit April 2023 an einer Entwicklungsplattform für einen elektrischen Traktor. Ein Prototyp wird Mitte November auf der Messe „Agritechnica“ in Hannover zu sehen sein. Für das Projekt suchen die Entwickler jetzt Kooperationspartner, um einen ersten Prototypen zu bauen und in der Praxis zu testen. Wir sprachen mit dem Projektleiter Korbinian Götz über die Hintergründe.

Sie wollen auf der Agritechnica eine Entwicklungsplattform für einen elektrischen Traktor ausstellen. Um was geht es dabei?

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Götz: Wir arbeiten an dem Thema seit April 2023. Es geht darum, ein komplett neues Traktordesign mit einem elektrischen Antriebsstrang zu entwickeln. Über eine Simulation wollen wir eine Kosten-Nutzen-Analyse für den Landwirt erstellen, um für jeden Anwendungsfall eine optimale Lösung zu finden. Wie das Endprodukt aussehen wird, bestimmen die Anforderungen des Landwirts. Es kann ein Standardtraktor, ein Geräteträger oder ein völlig anderes Konzept sein.

Derzeit gibt es ja verschiedene Hersteller, die an elektrischen Maschinen arbeiten, sei es in der Landtechnik oder bei Baumaschinen. Wie unterscheidet sich Ihr Konzept davon?

Götz: Bei den meisten Projekten werden bestehende Maschinen elektrifiziert, d.h. man tauscht den Verbrennungsmotor gegen einen Elektromotor und Batterie. Aber um die Möglichkeiten des elektrischen Antriebsstrangs für den Nutzer komplett auszuschöpfen, muss die Maschine von Grund auf neu ausgelegt werden. Dazu zählt z.B., dass die Leistung von der Zugmaschine auf das Arbeitsgerät nicht mehr mechanisch bzw. hydraulisch über die Zapfwelle übertragen werden muss, sondern elektrisch. Das bietet neue Möglichkeiten bei der Regelung und bei der Entkopplung der Leistung der Zugmaschine von der des Anbaugeräts. Unser Ziel ist es, eine modulare Plattform zu entwickeln, bei der wir dann verschiedene Konfigurationen aufsetzen können, je nach Anwendungsfall.

Welche wären das beispielsweise?

Götz: Ein elektrischer Traktor bringt aus unserer Sicht vor allem Nutzen in bestimmten Bereichen wie der Innenwirtschaft, im Obst- oder Weinbau oder bei Pflegearbeiten. Genau für diese Anwendungen können wir per Simulation das optimale Design der Maschine auslegen und Kosten und Nutzen bewerten. Wir klammern den schweren Ackerbau zwar erst einmal aus, können ihn aber auch bewerten.

Elektrische Maschinen sind oft teurer als herkömmliche mit Verbrennungsmotor. Warum sollte sich der Landwirt trotzdem für eine E-Variante entscheiden?

Götz: Ja, die Erstinvestition ist höher. Allerdings bietet Strom heute schon im laufenden Betrieb Einsparungen gegenüber Diesel. Und man muss beim Dieselkraftstoff mit steigenden Kosten rechnen. Ein Elektrotraktor fährt besonders günstig, wenn der Landwirt eigenen Strom verwendet. Wir sind ja jetzt in einer Phase, wo viele große Photovoltaikanlagen auf den Dächern von Ställen und Scheunen nach und nach das Ende der 20-jährigen EEG-Laufzeit erreichen. Der Landwirt bekommt dann keine hohe Einspeisevergütung mehr, sondern muss den Strom irgendwie anders verwerten. Daher bietet sich der Selbstverbrauch an. Genauso denkbar ist aber auch, den Strom aus dem BHKW einer Biogasanlage oder eines Windrads zum Laden zu verwenden.

Bisher setzen sich elektrische Antriebe in der Landwirtschaft kaum durch, weil die Reichweite fehlt und das Laden der Batterie zu lange dauert. Wie wollen Sie das Problem lösen?

Götz: Wir sehen hier eine Wechselbatterie als Lösung für beide Herausforderungen an: Diese kann geladen werden, während der Landwirt arbeitet. Zudem kann die Ladung gezielt zu den Zeiten erfolgen, wenn viel Sonne scheint. Damit entlastet der Solaranlagenbetreiber gleichzeitig das Stromnetz. Eine Wechselbatterie kann zudem als Frontgewicht mitgeführt werden und damit die Reichweite für bestimmte Anwendungen erhöhen. Und nehmen wir den Fall Agri-PV: Der Traktor kann dabei Pflegearbeiten bei Obst oder Gemüse durchführen, während die Module über der Plantage gleichzeitig die. Wechselbatterie auflädt. Mit diesem System kann der Elektrotraktor einen ganzen Tag lang arbeiten. Die Kombination von der eigenen Stromerzeugung mit einem elektrischen Fahrzeug bietet dem Landwirt viel Autarkie.

Wechselbatterien sind ja inzwischen bei handgeführten Geräten selbst unter Profis Standard, vom Akkuschrauber bis zur Elektrokettensäge. Wird es eine „Akku-Familie“ auch bei Landmaschinen geben?

Götz: Wir sehen hier eine herstellerübergreifende Lösung für sinnvoller an, ähnlich wie beim ISO-BUS-System. Auch bei der Wechselbatterie ist dafür eine einheitliche Schnittstelle nötig, damit man eine Batterie bei grünen, blauen oder roten Traktoren gleichermaßen nutzen kann. Und auch bei den vielen Hof- und Radladern oder Gabelstablern. Bei der Entwicklung sollte gleichzeitig das bidirektionale Laden berücksichtigt werden, damit die Fahrzeugbatterie in arbeitsärmeren Zeiten wie im Winter auch Strom für den Betrieb abgeben kann und dann wie eine stationäre Batterie fungiert. Oder der Landwirt könnte damit Solarstrom speichern, den er nicht im Betrieb benötigt und zuzeiten von hohen Strompreisen ins Netz einspeisen und vermarkten. Ein Elektrotraktor bietet also viele Vorteile: Er sorgt für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft, steigert die Wirtschaftlichkeit im Ackerbau und der Tierhaltung und bietet Mehrwert bei der Stromversorgung im Betrieb.

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