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Flexible Biogasanlagen brauchen mehr Unterstützung

Flexible Biogasanlagen werden im Stromsystem immer wichtiger. Aber die Konkurrenz durch den Kraftstoffmarkt ist groß. Die Biogasbranche fordert daher Korrekturen bei den Rahmenbedingungen.

Lesezeit: 5 Minuten

Der flexible Anlagenbetrieb hat nach den hohen Stromerlösen 2022 inzwischen an Attraktivität verloren. „Wir beobachten nach der Krise mit hohen Preisen auch in diesem Markt sinkende Wärme- und Flexerlöse“, sagt Uwe Welteke-Fabricius, Sprecher des Netzwerks „Flexperten“, das sich für die bedarfsgerechte Strom- und Wärmeproduktion einsetzt. Gleichzeitig steigen die Substratkosten und die Inflation, während die EEG-Vergütung gleichbleibt.

Den Umstieg auf die Gaseinspeisung sieht er zwar als echte Alternative. Aber „nicht alle Biogasanlagen können ans Gasnetz. Zudem haben nicht alle ausreichend Gülle und Mist zur Verfügung, um von den gestiegenen THG-Quotenpreisen zu profitieren. Nur wenige Anlagen sind groß genug, dass sich das lohnt“, sagt er.

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Mit regenerativen Speicherkraftwerken dagegen könnten Betreiber dem Preis- und Inflationsanstieg begegnen. Denn damit sind höhere Zusatzerlöse über Spitzenstrom sowie mehr Wärmeerlöse in der Nahwärme möglich. Das Gebäudeenergiegesetz und das Wärmeplanungsgesetz könnten die Nahwärmeversorgung über Netze und damit die Chancen für den Wärmeverkauf aus Biogasanlagen weiter anreizen.

„Viele Häuser lassen sich nicht mit einer Wärmepumpe beheizen. Der Umstieg auf einen hohen Anteil regenerativer Energie ist zudem sehr teuer. Ein Nahwärmenetz verspricht indessen gleichzeitig günstige und regenerative Wärme“, sagt er. „Biogasanlagen können in Wärmenetzen die Versorgung mit Wärme sichern. Der Wärmepuffer des Speicherkraftwerks steht als Drehscheibe für weitere lokale Wärmequellen zur Verfügung.“

Entwicklung bei Sonne und Wind

Die Stagnation bei Biogasanlagen erscheint auch angesichts des Rekordwachstums bei der Wind- und Solarenergie bedenklich: Der anhaltende Photovoltaik-Boom in Deutschland übertrifft schon jetzt die Ausbauziele der Bundesregierung für das Gesamtjahr 2023.

Von Januar bis August 2023 sind laut Internationalem Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) über 700.000 neue Solaranlagen mit einer Leistung von rund 9,2 GW in Betrieb gegangen. Und die Windenergie hat mit einem Brutto-Zubau von 2.436 Megawatt (MW) Leistung nach drei Quartalen bereits den Vorjahreswert (2.405 MW) übertroffen. Über ein Drittel der diesjährigen Neuanlagenleistung wurde in Schleswig-Holstein (869 MW) errichtet.

Auf den Plätzen zwei und drei im Länderranking folgen Niedersachsen (424 MW) und Nordrhein-Westfalen (333 MW). Gerade in Schleswig-Holstein und Niedersachsen müssen gerade Windenergieanlagen bei Netzengpässen im Rahmen von Redispatch 2.0 sehr häufig abgeregelt werden.

Das stetige Wachstum der sehr stark schwankenden Stromerzeugung hat zum Teil extreme Auswirkungen auf den Strommarkt: So gab es am Sonntag, den 2. Juli mit -500 €/MWh einen neuen Negativrekord bei den Strompreisen. Das bedeutet: die Netzbetreiber mussten 500 €/MWh bezahlen, um Strom loszuwerden.

Ausschreibungsdesign passt nicht

Zum Ausgleich der fluktuierenden Wind- und Solarenergie hatte die Bundesregierung auf hochflexible Biomethan-BHKW gesetzt, die mit hoher Leistung nur an sehr wenigen Stunden im Jahr produzieren sollten. Doch das Segment ist für Betreiber nicht attraktiv, wie Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, erklärt: „Seit der mit dem Osterpaket 2022 vorgenommene Neuausrichtung der EEG-Vergütung für Biomasse ging kein einziges Gebot innerhalb der Biomethan-Ausschreibung ein.“

Gemeint ist die Umstellung weg von flexiblen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf Basis von Biogas, Holz und Biomethan hin zu reinen Biomethan-Spitzenlastkraftwerken ohne Wärmeauskopplung.

Die Kritik des Hauptstadtbüros: die geringen Volllaststunden reichen nicht aus, um das wertvolle Biomethan auch in die dringend benötigte Wärme umzuwandeln. Stadtwerke oder Betreiber lokaler Wärmenetze, die Biomethan einsetzen wollen, benötigten eine ausreichende Anzahl an Volllaststunden pro Jahr, um selbst bei großen Wärmespeichern gesichert Wärme für die Bevölkerung bereitstellen zu können. „Daher sollten flexible Speicherkraftwerke, die neben der bedarfsgerechten Stromproduktion auch Wärme bereitstellen können, im Fokus der Politik liegen“, fordert Rostek.

Was die Regierung jetzt tun sollte

Auch das Netzwerk Flexperten fordert, dass die flexible Stromerzeugung gegenüber der Kraftstoffproduktion nicht schlechter gestellt sein darf und schlägt – analog zum Fachverband Biogas – konkrete Änderungen der Rahmenbedingungen vor, damit sich das Anlagensterben nicht weiter beschleunigt:

  • Der Flexibilitätszuschlag muss schnellstens an die Teuerung und die höheren Zinsen angepasst werden.
  • Für ökologisch wertvolle Substrate wie Wildpflanzen, Reststoffe und Kreislaufmaterial sollte es eine Einsatzstoffvergütung von 3 bis 5 ct/kWh geben.
  • Zudem sollte der Gesetzgeber Ausbauhemmnisse wie die Südquote und die endogenen Mengensteuern streichen und keine getrennten Ausschreibungen für Biogasanlagen und Biomethan-BHKW mehr durchführen.
  • Der Gesetzgeber sollte eine Treibhausgas-Minderung durch Mist- und Güllevergärung auch bei der Stromerzeugung anerkennen. Die Flexperten schlagen eine Vergütung von 250 €/t für zusätzliche THG-Minderung vor, wenn diese über die übliche THG-Minderung von Biogasanlagen hinausgeht.
  • Betreiber von Biomethan-Spitzenlastkraftwerken („Peaker“) sollten mehr Zeit für die Umsetzung bekommen und auch Rohbiogas (statt nur Biomethan aus dem Erdgasnetz) einsetzen dürfen.
  • Die Flexibilisierung von Bestandsanlagen sollte stärker angereizt werden und auch für die Anlagen weiterhin möglich sein, die bislang schon flexibilisiert haben, z.B. mit einer längeren Förderzeit oder einer neuen Förderung, wenn die Leistung erhöht wird.
  • Die Höchstgebotspreise in der Ausschreibung im EEG sollten um 10 % erhöht werden, wie bei Wind und PV auch.
  • Auch Güllekleinanlagen sollten flexibilisiert werden können.

Mehr Sektorkopplung

Biogasanlagen könnten nach Ansicht der Flexperten mit Elektrolyseuren kombiniert werden, die mit Übermengenstrom aus Wind- und Solarparks betrieben werden. Der darin erzeugte Wasserstoff könnte mit CO₂ aus dem Biogas zu Methan synthetisiert werden. Zudem ließe sich die Abwärme aus dem Elektrolyseur im Pufferspeicher des Speicherkraftwerks nutzen.

„Das aus Wasserstoff hergestellte Methan kann im Biogasspeicher eingelagert und bei Bedarf im BHKW wieder zu Strom umgewandelt oder ins Erdgasnetz eingespeist werden“, schlägt Flexpertensprecher Uwe Welteke-Fabricius vor.

Sein Resümee: „Die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung ist ein wichtiger Baustein. Aber mit Biogasanlagen können wir jetzt handeln und sind auf jeden Fall schneller als der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur.“

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