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Photovoltaikanlage: Hoher Grundpreis für Strombezug bei Solarstromeinspeisung zulässig?

Unser Leser muss jährlich 160 € für einen Zähler zahlen, obwohl die PV-Anlage keinen Strombezug hat. Rechtsanwalt Christoph Richter erklärt, warum das zulässig sein kein.

Lesezeit: 4 Minuten

Frage:

„Ist der Grundversorger berechtigt, für einen Zähler einen monatlich Abschlag für ein Strombezug zu verlangen, der ja im Prinzip nicht stattfindet, da lediglich eine Stromeinspeisung durch die PV-Anlage erfolgt? Immerhin beträgt alleine der jährliche Grundpreis für dieses Konto bei EON 160€ und in den letzten 13 Jahren wurde bisher noch nie ein Strombezug abgerechnet. Gibt es hierzu rechtliche Grundlagen? Und könnte man dagegen juristisch vorgehen?“

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Antwort:

Eine pauschale Antwort auf diese Frage kann leider nicht gegeben werden. Es kommt in rechtlicher Hinsicht, wie so oft, auf die Umstände des Einzelfalls an:

Maßgeblich dürfte u.a. sein, ob die fragliche PV-Anlage über einen eigenen Netzanschluss verfügt, über den nur sie angeschlossen ist und über welchen sie in das öffentliche Netz eingespeist (Volleinspeisung), vor allem aber, ob sich ein Stromverbrauch, also ein Netzbezug, messtechnisch erfassen lässt. Dies wiederum kann letztlich lediglich im Rahmen einer Einzelfallberatung beantwortet werden.

Generell lässt sich aber ausführen, dass für den Fall eines messbaren Netzbezugs – und sei es auch nur 1 kWh – von Rechts wegen ein sogenanntes Grundversorgungsverhältnis entsteht. Denn jeder Strombezug aus dem öffentlichen Netz muss stets einem bestimmten Lieferanten zugeordnet werden (können). Eine Belieferung durch den Netzbetreiber und dies zudem entgeltfrei ist von Gesetzes wegen grundsätzlich nicht vorgesehen. Um angesichts dessen auch in zunächst vertragslosen Fällen eine (unterbrechungsfreie) Stromversorgung sicherzustellen, hat der Gesetzgeber für den Niederspannungsbereich die Grundversorgung (vgl. § 36 EnWG) geschaffen.

Kein Stromliefervertrag nötig

Zur Entstehung eines entsprechenden Grundversorgungsverhältnisses bedarf es dabei nicht zwingend eines schriftlich abgeschlossenen Stromliefervertrages. Ein Grundversorgungsvertrag kann nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr auch durch rein schlüssiges Verhalten, also allein durch die faktische Entnahme von Strom aus dem öffentlichen Netz, zustande kommen; dies dann mit dem jeweils zuständigen Grundversorger und – den Vorgaben der Grundversorgungsverordnung (StromGVV) entsprechend - zu den vom jeweiligen Grundversorger (im Internet) öffentlich bekannt gemachten Tarifen. Diese sehen neben einem Arbeitspreis regelmäßig auch einen recht hohen Grundpreis vor.

Viele Rechtsstreitigkeiten

Die hier beleuchtete Problematik tritt – das wird nicht überraschen – in der Praxis recht häufig auf und hat schon zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten geführt, gerade weil einem kaum messbaren, in jedem Fall aber marginalen Stromverbrauch etwa für den Standbybetrieb letztlich enorm hohe Kosten für die Grundversorgung gegenüberstehen. Viele von diesen Rechtsstreitigkeiten sind der Schlichtungsstelle Energie e.V. (siehe https://www.schlichtungsstelle-energie.de/) angetragen worden, die in mittlerweile ebenfalls gefestigter Spruchpraxis allerdings auch die Auffassung vertritt, dass für den Fall eines messbaren Netzbezugs (mindestens 1,0 kWh müssen es nach Auffassung der Schlichtungsstelle Energie e.V. aber schon sein) ein entsprechendes Grundversorgungsverhältnis entsteht. Die früher noch vertretene Auffassung, wonach mit Blick auf den allenfalls geringfügigen Netzbezug auch nur eine stark reduzierte Grundgebühr im Sinne eines „symbolischen“ Betrags von beispielsweise 5 € zu zahlen ist, hat die Schlichtungsstelle Energie e.V. zwischenzeitlich ausdrücklich aufgegeben.

Ab 1 kWh entsteht Grundversorgungsverhältnis

Für den hiesigen Fall bedeutet das – vorbehaltlich einer Detailprüfung – also, dass sobald über den hier neu eingebauten Zähler auch nur 1,0 kWh an Strombezug messtechnisch erfasst wird bzw. worden ist – was mit Blick auf die installierte Leistung der Anlage von ca. 75 KW nicht ausgeschlossen scheint – ein Grundversorgungsverhältnis entsteht und der Grundversorger somit Anspruch auf eine Vergütung seiner Leistung zu den öffentlich bekannt gemachten Grundversorgungstarifen hat. Dabei dürfte es unerheblich sein, ob der Grundversorgung in der Vergangenheit anders verfahren ist. Möglicherweise liegt dies nur daran, dass mit der neu eingebauten Technik nun auch minimalste Strombezüge messtechnisch erfasst werden können. Sicher lassen sich rechtliche Argumente denken, mit denen die Angemessenheit der im Einzelfall erhobenen Grundgebühr hinterfragt werden kann. Ein entsprechendes gerichtliches, vom Ergebnis her aber als absolut offen einzustufendes Verfahren dürfte im Regelfall jedoch mit recht hohen Kosten verbunden und daher vielfach nicht wirtschaftlich zu betreiben sein. Der Betroffene Anlagenbetreiber ist deshalb gut beraten, über alternative Wege der Stromversorgung seiner PV-Anlage nachzudenken. So ließe sich neben einer stets denkbaren Anrufung der Schlichtungsstelle Energie e.V. etwa die Installation einer Batterie oder die Umstellung auf Überschusseinspeisung und damit die Versorgung der PV-Anlage über einen regulären Strombezugsvertrag erwägen. Aus dem Grundversorgungsvertrag kommt der Betroffene Anlagenbetreiber mit recht kurzen Kündigungsfristen von zwei Wochen jedenfalls jederzeit heraus.

Unser Experte: Dr. Christoph Richter, Rechtanwalt, Prometheus Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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