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topplus Klimaschutz im Wald

Verunsicherung statt Beratung: Verbraucherzentrale Niedersachsen kritisiert Holzheizungen

Das Verbrennen von Holz ist laut Verbraucherschützer schädlich für Klimaschutz und Artenvielfalt. Warum das falsch ist, erläutert Prof. Roland Irslinger anhand von Fakten.

Lesezeit: 8 Minuten

Hohe Energiepreise sowie teure Heizsysteme verunsichern Verbraucher bei der Wahl der passenden Heizung. Dass Holzöfen und Kamine eine nachhaltige und kostengünstige Alternative sind, bezweifelt die Energieberatung der Verbraucherzentrale Niedersachsen.

Holzfeuer gelten nicht nur als gemütlich. Öfen und Kamine bieten grundsätzlich auch die Möglichkeit, Brennstoffkosten für die Zentralheizung zu verringern. Bislang galt Holz im Unterschied zu fossilen Brennstoffen als nachwachsender Rohstoff und als Brennstoff mit geringer Kohlenstoffdioxid (CO₂)-Emission. Die Einstufung dieser Heizungsart als nachhaltig werde laut Verbraucherzentrale jedoch immer häufiger kritisiert.

Die Verbraucherzentrale wiederholt dazu drei Argumente, die auch von anderen Umweltverbänden oder vom Umweltbundesamt immer wieder gegen Holzheizungen ins Feld geführt werden. Der Forstexperte Prof. a.D. Roland Irslinger aus Tübingen widerspricht vehement, denn mit wissenschaftlichen Erkenntnissen habe die Argumentation der Verbraucherzentrale wenig zu tun.

Im Folgenden führen wir die Kritik der Verbraucherschützer und Irslingers Gegenargumente auf.

Vorrat der Wälder wächst

Abgeholzte Bäume binden kein CO2 und können somit die Atmosphäre nicht entlasten.

„Das ist falsch, denn dieses Argument ignoriert die Tatsache, dass nachhaltige Waldwirtschaft den im Wald gebundenen Kohlenstoff nicht mindert, auch nicht kurzfristig, da die Summe aus Nutzung und Störungen unter dem Niveau des Zuwachses liegt“, sagt Irslinger. Seit Jahrzehnten liegen Holzernte und natürliches Absterben von Bäumen bei nur etwa drei Vierteln des Zuwachses. Das restliche Viertel ging in den Holzvorratsaufbau. Die Holzvorräte liegen daher laut Irslinger an der Spitze der EU. Auch in Europa insgesamt sind die Holzvorräte in den letzten Jahrzehnten trotz Nutzung der Wälder weiter gewachsen.

Würden beispielsweise Buchenwälder durchforstet, falle auch Waldrestholz an, dazu gehören z. B. dicke Äste und krumme Stämme. Bereits im darauffolgenden Herbst sei der durch die Baumernte entnommene Kohlenstoff durch Nachwachsen der Bäume wieder gebunden. Bevor das entnommene Brennholz im Ofen lande, sollte es ohnehin zwei Jahre lang trocknen. Also werde der Kohlenstoffvorrat einer Waldlandschaft durch die Brennholznutzung nicht geschmälert, der mit dem Brennholz entnommene Kohlenstoff ist bereits wieder im Wald gebunden, bevor das Holz verheizt ist.

Ohne Pflege würden Wälder immer dichter, die Bäume konkurrieren dann verstärkt um Wasser, Nährstoffe und Licht. "Ihr Wachstum lässt nach, bis schließlich einzelne Bäume oder ganze Waldteile sterben. Weil eine Durchforstung die Konkurrenz zwischen den Bäumen reduziert, kommt es im Anschluss daran zu einem Wachstumsschub, weshalb der nachhaltig gepflegte Wald höhere Zuwächse hat und mehr CO2 bindet als der unbewirtschaftete", unterstreicht Irslinger.

Jüngere Wälder besser fürs Klima

Ein alter Baum bindet im Vergleich zu einem frisch gepflanzten Jung-Baum ein Vielfaches an CO2.

„Auch das ist falsch, denn jüngere Wälder sind bessere Klimaschützer, weil ihr Holzvorrat schnell ansteigt und sie dadurch sehr effektiv Kohlenstoff binden“, argumentiert Irslinger. In einem älteren Wald dagegen schrumpfe die Biomasseproduktion jährlich, denn die Konkurrenz sorgt für eine wachsende Baumsterblichkeit. So käme es, dass ein Waldbestand am Ende seiner Jugendphase brutto bereits mehr Kohlenstoff aufgenommen hat als nach 100 bis 150 Jahren in den dann lebenden Bäumen noch gespeichert sei. Das Absterben der Bäume bedeute eine erhebliche Quelle für CO2-Emissionen und belastet das Klima. Die Anreicherung von immer mehr Biomasse in den Wäldern, um schwer vermeidbare Restemissionen auszugleichen, sei daher ein Irrweg und nicht nachhaltig.

„Aus Gründen des Klimaschutzes ist es weit effektiver, die Mortalität im Zuge der Waldpflege durch rechtzeitige Holznutzung vorwegzunehmen, das Stammholz stofflich und das Waldrestholz für Heizzwecke zu verwenden“, sagt der Experte. Die verbleibenden Bäume reagierten darauf mit einem höheren Zuwachs und einer besseren Vitalität. Die Holzvorräte bewirtschafteter und nicht bewirtschafteter Wälder unterschieden sich in Deutschland nicht voneinander, denn die bei der Holzernte entnommene Biomasse werde durch das beschleunigte Wachstum der verbleibenden Bäume mehr als kompensiert.

„Waldbewirtschaftung ist also Voraussetzung für den Erhalt der Waldsenke. Gleichzeitig ersetzt das Heizen mit Waldrestholz fossile Energieträger und ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende“, sagt er.

Brennholz ist Koppelprodukt

Die Verwendung von Holz in Möbeln oder Bau-Konstruktionen dient der angestrebten CO2-Neutralität deutlich mehr als das Verfeuern. Dauerhaft verwendetes Holz bindet CO2 langfristig, das Verfeuern hingegen setzt das gebundene CO2 sofort frei.

„Es ist richtig, dass die stoffliche Verwendung des Holzes deutliche Klimavorteile besitzt. Aber Holz ist ein Koppelprodukt, Bäume werden in unseren Wäldern nicht gefällt, um sie zu verheizen, Wälder werden nicht durchforstet, um Brennholz zu gewinnen“, betont Irslinger. Das Ziel nachhaltiger Waldwirtschaft sei die Produktion qualitativ hochwertigen Stammholzes zur Herstellung von Möbeln und zum Hausbau. Denn in Produkten aus Holz werde nicht nur Kohlenstoff über Jahrzehnte festgelegt, bei deren Herstellung würden auch Unmengen an fossilen CO2-Emissionen vermieden gegenüber der Herstellung von Produkten aus Beton, Stahl, Glas oder Aluminium.

„Solche Wälder bedürfen der Pflege, denn dadurch konzentriert sich das Wachstum des Waldes auf weniger Bäume, die umso dicker werden, wodurch die Chancen für die Herstellung von Möbeln und Häuser steigen“, argumentiert er.

Lasse man das bei der Pflege unvermeidlich anfallende Waldrestholz im Wald liegen, werde es zu Totholz. Die Anhäufung von mehr Totholz sei keine langfristige Maßnahme des Klimaschutzes, weil der allergrößte Teil des im Totholz anfänglich gebundenen Kohlenstoffs wesentlich schneller als CO2-Emission in die Atmosphäre entweicht als der im Holzproduktpool gespeicherte. Selbst bei Verwertung dünneren Derbholzes als Brennholz übersteige die durchschnittliche Verweildauer des Kohlenstoffs im geernteten Holz die von Totholz. Irslinger: „Insbesondere Buchen-Totholz zersetzt sich überdurchschnittlich schnell, CO2 gelangt dabei in die Luft und belastet das Klima.“

Artenschutz und Nutzung kein Widerspruch

Die Holzentnahme schadet der Artenvielfalt im Wald, da sie den Anteil des Totholzes deutlich reduziert. Viele Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen sind darauf angewiesen. Durch die Holzentnahme fehlt dessen Biomasse in den natürlichen Kreisläufen im Wald und bei der Waldbodenentwicklung.

„Das stimmt ebenfalls nicht, denn unsere Wälder sind Teil der Kulturlandschaft, ihre Biodiversität ist eng mit der Nutzung verknüpft. Dunkle Wälder sind für einen Großteil der bei uns lebenden Arten keine attraktiven Aufenthaltsorte“, erklärt der Forstexperte. In Deutschlands Wäldern lägen 250 Mio. m³ Totholz, jedes Jahr verblieben etwa 20 Mio. m³ Waldrestholz aus Naturschutzgründen im Wald. Dabei würden weitere 10 % der Waldfläche Deutschlands bereits jetzt nicht oder nur sehr extensiv genutzt.

Die meisten der im Wald vorkommenden Organismen seien an dessen Bewirtschaftung gebunden. Totholz hat durchaus seine Bedeutung für den Artenschutz, es bietet Waldorganismen Nahrung, Unterschlupf und Brutgelegenheit. „Dabei ist jedoch die Vielfalt der Baumarten und Strukturen weit wichtiger als die Menge an Totholz. Schlüsselbaumart für die Biodiversität der meisten Organismen ist übrigens nicht im Entferntesten die Buche, die Bedeutung ihres Holzes fällt weit hinter das der Eiche zurück, die sich bei mangelnder Pflege aus dunklen Wäldern verabschiedet“, sagt er.

Nicht weniger Humus

Durch die Holzentnahme fehlt dessen Biomasse in den natürlichen Kreisläufen im Wald und bei der Waldbodenentwicklung.

„Die Hoffnung, durch Nutzungsverzicht mehr Kohlenstoff im Humus von Waldböden anreichern zu können, hat sich zerschlagen. Bei nachhaltiger Waldwirtschaft verbleibt fast der gesamte Stoffumsatz im Wald, lediglich 14 % werden genutzt“; sagt er. Der Aufbau zusätzlicher Kohlenstoff-Vorräte im Humus des Waldbodens durch „Verurwaldung“ erweise sich deshalb als extrem langsam. Signifikante Unterschiede im Humusgehalt von Waldböden zwischen bewirtschafteten und teilweise seit Jahrhunderten unbewirtschafteten Wäldern existieren laut Irslinger nicht. „Die Bildung eines stabilen Kohlenstoff-Pools im Boden braucht sehr viel Zeit, unabhängig davon, ob Wälder bewirtschaftet werden oder nicht. Zur Bewältigung der aktuellen Klimakrise ist die Hoffnung auf Humusanreicherung kein gangbarer Weg.“

Pellets nicht besser als Scheitholz

Eine gute Alternative zu Scheitholzöfen sind Pellet-Öfen. Die zur Verbrennung eingesetzten Holz-Pellets werden aus Holzabfällen aus der Bauholzproduktion und Möbelfertigung produziert. Bei zertifizierten Holz-Pellets werden keine Bäume verbrannt, sondern nur die Reste der stofflichen Verwertung.

„Bauen und heizen mit Holz sind keine Gegensätze. Ob mit Scheitholz oder Pellets geheizt wird, ist dabei belanglos“, erklärt Irslinger. 30 Mio. m³ Scheitholz würden in Deutschland jährlich energetisch genutzt, 40 Mio. m³ Stammholz schneiden die Sägewerke jährlich ein und 7 Mio. t naturbelassene Reste fallen dabei an. Etwa die Hälfte davon lande in Form von Pellets und Holzbriketts im Ofen. 1 t Pellets ersetzt 500 Liter Heizöl, ein Raummeter Brennholz vermeidet 0,4 t fossile CO2-Emissionen einschließlich der fossilen Vorkette.

Irslingers Resümee: „Deutschland kann sich beim Brennstoff Holz durch nachhaltige Bewirtschaftung seiner Wälder selbst versorgen, bei Pellets sind wir bereits Netto-Exporteur. Mit Holz aus heimischen Wäldern zu heizen, ist praktizierter Klima- und Artenschutz, denn Heizen mit Holz setzt nicht mehr Kohlendioxid frei als verrotten lassen, nur der Ort der Entstehung ist nicht der Wald, sondern der Ofen.“

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