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topplus Weiterbetrieb nach 20 Jahren

Zukunft für Biogasanlagen: Viele Anlagen stehen vor wichtiger Weichenstellung

Die Fachtagung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Verden zeigte die Bandbreite der weiteren Nutzungsmöglichkeiten auf. Neben Gas- und Stromverkauf standen Kooperationen im Fokus.

Lesezeit: 5 Minuten

Für die Stromproduktion an der nächsten Ausschreibung für Biomasseanlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) teilnehmen, mit Blick auf den wechselhaften Strombedarf an der technischen Flexibilität ihrer Anlagen arbeiten, in ein lokales Wärmenetz investieren, Biomethan ins Netz einspeisen oder sich auf die Produktion von Biomethanol vorbereiten? Betreiber von Biogasanlagen stehen kurz- und mittelfristig vor wichtigen Weichenstellungen, wenn sie den Betrieb rentabel fortführen wollen. Die stark wachsende Konkurrenz durch Windkraft und Photovoltaik macht die Situation nicht einfacher. Dies wurde auf der restlos ausgebuchten 15. Biogastagung der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) deutlich, die mit 250 Besuchern in Verden stattfand.

Neue Perspektive dringend nötig

„Vor 20 Jahren trat das erste EEG in Kraft – heute stehen viele in der Folge errichtete Biogasanlagen kurz vor dem Ende der garantierten Vergütung und benötigen dringend eine neue Perspektive“, fasste Kammer-Vizepräsident Manfred Tannen die aktuelle Situation zusammen.

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 „Unsere Berater nehmen wahr, dass auf vielen Betrieben trotz zweier guter Strompreis-Jahre im Rücken große Vorsicht herrscht in Bezug auf Investitionen in neue Projekte“, sagte Tannen weiter. „Anlagenverkauf und Anlagenstillegung beginnen spürbar zu werden – wenn auch noch nicht auf breiter Front.“ Auf anderen Anlagen herrsche hingegen große Hoffnung, dass es im Bereich der Kraftwerksstrategie für Biogas eine Zukunft gibt.

Steigende Betriebskosten

Aufgrund der Inflation und steigender Kosten sei die Rentabilität vieler Biogasanlagen in den zurückliegenden Jahren gesunken, berichtete der langjährige LWK-Berater Andreas Freytag. „Unter diesen Bedingungen mit der Ausschreibung Geld zu verdienen, ist eine Herausforderung und hängt unter anderem vom Anlagentyp und von den Standortbedingungen ab.“ Gut 19 Cent pro Kilowattstunde hat die Bundesnetzagentur für das laufende Jahr als Höchstwert für die Ausschreibungen der nächsten zwölf Monate festgelegt.

Bei weitem nicht alle Anlagen, deren EEG-Vergütung auslaufe, könnten im Ausschreibungsverfahren berücksichtigt werden – dazu sei das staatlich festgelegte Leistungsvolumen zu gering, schätzte Referent Dr. Helmut Loibl, auf erneuerbare Energien spezialisierter Rechtsanwalt aus Regensburg.

Flexible Abgabeleistung bringt Vorteile

Loibl machte unter anderem deutlich, welche Vorteile eine flexible, in der Abgabeleistung regelbare Anlage haben kann: Dies biete weitere Förder-Möglichkeiten und reduziere in Phasen mit Überangebot und negativen Preisen an der Strombörse das Risiko, Geld zu verlieren. Rechnen könne es sich auch, statt Mais noch mehr Reststoffe wie Gülle und Grasschnitt zu vergären oder auf Leistung zu verzichten: Dadurch ließen sich Kosten für extra gepachtete Flächen für den Maisanbau einsparen.

Welche Rolle die Wärmeerzeugung mit Biogasanlagen zukünftig einnehmen könnte, zeigte LWK-Berater Gerold Tammen im Hinblick auf das neue Gebäudeenergiegesetz und das Wärmeplanungsgesetz. Beides zielt auf eine starke Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien. Praktiker Milan Lohse aus dem Heidekreis erläuterte am Beispiel seiner Anlage, wie eine umfangreiche Wärmenutzung aussehen kann. Der Energiewirt versorgt über ein lokales Leitungsnetz nicht nur den Obstbaubetrieb seines Bruders, sondern mittlerweile mehr als 50 Wohnhäuser mit Wärme.

Aktive Rolle bei Umsetzung der Wärmewende

„Das Beispielprojekt von Milan Lohse zeigt, welche Rolle ein Landwirt und Biogasanlagenbetreiber bei der Umsetzung der Wärmewende spielen kann – wenn man ihn nur lässt“, sagte Tammen. „Sein lösungsorientiertes Denken und Handeln hat der Unternehmer insbesondere beim Bau des Wärmenetzes, also bei der praktischen Umsetzung, bewiesen.“

Biomethanol aus der Biogasanlage

Biogasanlagen als künftige Zulieferer für die Chemie- und Pharmaindustrie: Wie das funktionieren könnte, ergründet Carl Fritsch vom Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. „Methanol als Komponente für die Produktion etwa von Kraftstoff-Additiven, Kunststoffen, Lösungsmitteln und Medikamenten wird zurzeit überwiegend in Großanlagen mit Hilfe von Erdgas hergestellt – wir erforschen, wie die Produktion von Biomethanol mit erneuerbaren Energien dezentral umgesetzt werden kann“, berichtete Fritsch den 250 Gästen der Biogastagung.

Dieses Jahr starte ein neues Forschungsprojekt, im Zuge dessen die technische Umsetzung der Biomethanol-Herstellung an Biogas-Standorten in Niedersachsen geprüft werde. „In Modellrechnungen schneidet Biomethanol aus Biogasanlagen im Vergleich zur Einspeisung von Biomethan ins Gasnetz relativ gut ab“, gab der Forscher einen ersten wirtschaftlichen Ausblick. Bis eine entsprechende Anlage Serienreife habe, dauere es freilich noch einige Jahre.

Kooperationsbereitschaft gefragt

Mit dem Einstieg in die Biogasproduktion gingen viele Landwirte erstmals Kooperationen ein. Unterschiedliche Gründe führen zu Änderungen in der Gesellschaftsstruktur – das wirtschaftliche Miteinander funktioniert nicht immer reibungslos. Matthias Eckhoff, Gesellschafter der Bioenergie Ostetal in Heeslingen (Kreis Rotenburg/Wümme) und Trainer der Andreas-Hermes-Akademie, berichtete dazu von seinen Erfahrungen. LWK-Berater Dr. Ulrich Klischat stellte an Praxisbeispielen vor, wie der Ein- und Ausstieg von Gesellschaftern vonstattengehen kann.

„Die Gründergeneration kommt in die Jahre, bei vielen Anlagen steht ein Personenwechsel an“, berichtete Klischat. „Dass eine Gesellschaft als soziales Gebilde über einen solch langen Zeitraum bestehen bleibt, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine anerkennenswerte Leistung“, hob der Kammer-Berater hervor. „Das gelingt nur, wenn anerkannt wird, dass der Erhalt solch einer Kooperation Aufmerksamkeit, Toleranz, Kommunikationsfähigkeit bedarf. Dazu gehört auch die Bereitschaft, sich Konflikten zu stellen und Unterschiede zwischen den Gesellschaftern nicht als Ärgernis, sondern als Chance zu erkennen.“

Auf das Substrat kommt es an

Gülle, Mais-, Getreide- oder Grassillage, Stroh: Neben der Gesellschafter-Zusammensetzung kommt es bei Biogasanlagen vor allem auf die Zusammensetzung des Substrats an, das in den Fermentern vergoren wird. Rainer Casaretto, Berater aus Schleswig-Holstein, demonstrierte in Verden live, welche ökonomischen Auswirkungen und Treibhausgas-Werte verschiedene Rohstoff-Rezepturen ergeben. Erfahrungen aus der Produktion von Strohpellets und deren Einsatz in der Ration stellte Anlagenbetreiber Bernd Pommerehne aus dem Landkreis Rostock vor.

Abschließend ging Dr. Harald Lindorfer vom Energieanbieter Green Planet Energy (Hamburg) auf die Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Biomethanerzeugung mit alternativen Substraten von Acker und Grünland ein. Dazu zählen nach seiner Darstellung etwa Reststoffe wie Ernte- und Mühlenreste, Getreidestroh und Pressschnitzel sowie Gemenge aus Blühpflanzen, Getreide und Leguminosen, außerdem Zwischenfrüchte und Durchwachsene Silphie.

Lindorfers Fazit: „Auch ohne Wirtschaftsdünger kann eine Biomethan-Einspeisung attraktiv sein.“ Ökologisch wertvolle Substrate bildeten eine optimale Ergänzung zu den klassischen Rohstoffen wie Mais, da eine höhere Vergütung erzielt werden könne. Zu beachten sei allerdings der höhere Flächenbedarf und die höhere Durchsatzmenge.

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