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Mit Wärmetauschern Gas im Hähnchenstall einsparen

Im Hähnchenstall ist die Heizung der mit Abstand größte Energieverbraucher. Wärmetauscher können für deutliche Einsparungen sorgen. Der Einbau wird zudem gefördert.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Herausforderung ist offensichtlich: Hähnchen haben es gerne warm, zu Beginn der Mastphase muss die Luft im Stall auf kükenfreundliche 35 °C vorgeheizt sein und auch der Boden sollte „fußwarm“ sein. Zwar nimmt der Wärmebedarf mit zunehmender Mastdauer ab, und die Tiere produzieren selbst einen Teil der Wärme. Trotzdem rechnen Stallklimaexperten pro Tierplatz und Jahr mit mindestens 6 kWh Wärmebedarf. In einem Stall mit z. B. 37.000 Plätzen kommen pro Jahr 240.000 kWh an Heizenergie zusammen, die im Nordwesten Deutschlands überwiegend aus Erdgas gewonnen wird. Nicht erst seit der Explosion der Erdgaspreise suchen Stalleinrichter, Lüftungsfirmen und Landwirte daher Einsparmöglichkeiten.

Hier kommen Wärmetauscher ins Spiel, die aus der aufgeheizten Abluft des Stalles Wärme gewinnen und damit die kältere Frischluft erwärmen. „Der Gasverbrauch kann übers Jahr um etwa die Hälfte sinken“, erklärt Axel Schulz vom Stalleinrichter Big Dutchman. Der Klimatechnik-Ingenieur verantwortet im Unternehmen die Wärmetauscher und hat diese mitentwickelt.

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Kreuzweise Wärme getauscht

Schulz erklärt die technischen Details: Der Wärmetauscher ist als Containermodul konzipiert, das seitlich am bestehenden Stall auf einer Betonplatte aufgestellt und über zwei Luftkanäle durch die Seitenwand angeschlossen wird (s. rechts). Die aufgewärmte Stallluft wird per Ventilator in das Modul gesaugt und zunächst gefiltert. „Die Filter halten 99 % des Feinstaubes auf und ­damit auch rund ein Drittel des Geruchs“, erklärt Schulz. Die Filterpatronen aus Kunststoff werden während des Mastdurchgangs automatisch mit Druckluft gereinigt und nach dem Mastdurchgang, wie der komplette Wärmetauscher, bei der Stallwäsche mitgewaschen und desinfiziert. Die gefilterte Abluft strömt dann durch den Kreuzstrom-Wärmetauscher aus korrosionsgeschütztem Aluminium und gelangt anschließend über einen Abluftschacht nach außen.

Ein zweiter Ventilator saugt die kalte Frischluft an der Modulseite an, und leitet sie durch den Wärmetauscher. Zu- und Abluft sind dabei voneinander ­getrennt. Über dünne, wärmeleitende Aluminiumstege zwischen den Kanälen gleichen sich die Temperaturen der Luftströme an. Bis zu 75 % der Wärme können so von der Abluft auf die Zuluft übertragen werden.

In die Luftführung integriert

Die vorgewärmte Luft strömt durch eine zweite Öffnung in der Seitenwand zurück in den Stall, womit die eigentliche Herausforderung beginnt: „Die angewärmte Luft soll gleichmäßig im Stall verteilt und weiter aufgeheizt werden und dann alle Tiere zugluftfrei erreichen“, erklärt Lüftungsexperte Schulz. Je nach Stallform und -größe, Deckenhöhe und Heizungsart kommen dafür verschiedene Luftführungen infrage (siehe Abb. oben): Entweder strömt die Zuluft durch eine Düse unterstützt an der Decke entlang in Stallmitte, wird von einem Vorhang aufgefangen und dann mittels Umluftventilatoren längs im Stall verteilt („Centertrack“).

Oder die Frischluft strömt mithilfe einer geteilten Ausströmdüse kreisförmig durch den Stall und verteilt sich. Mehrere Umluftventilatoren unterstützen die Luftführung („Racetrack“).

Deutliche Einsparungen

Vom Wärmetauscher überzeugt ist Landwirt und Hähnchenmäster Michael Wester aus Haren im Emsland bereits nach wenigen Durchgängen. Wester hat vor einigen Monaten zwei seiner drei Ställe (Baujahr 2003) aufgerüstet und darin die ersten Durchgänge gemästet. Für ihn hat sich die Modernisierung bereits bewährt: „Der Gasverbrauch sinkt deutlich, eine genaue Bilanz ist aber erst nach einem Jahr aussagekräftig“, erklärt er. Dann seien sowohl die kälteren Wintermonate mit größeren Temperaturunterschieden als auch die Sommermonate mit geringerem Heizbedarf in der Kalkulation.

Weniger Gas, besseres Klima

Deutlich erkennbar sei aber bereits die Verbesserung des Stallklimas: „Der Wärmetauscher entzieht der Luft Feuchtigkeit.“ Das bestätigt auch Lüftungsexperte Schulz. Je nach Temperaturdifferenz und Feuchte kondensieren im Wärmetauscher bis zu 20 Liter Wasser pro Stunde aus dem Luftstrom. „Im Stall bleibt die Einstreu deutlich trockener. Das bessere Stallklima fördert die Fußballengesundheit und die Leistung der Tiere“, weiß Schulz.

Wester ist vom Wärmetauscher überzeugt. Aktuell rüstet er seinen dritten Stall um. „Die Kalkulation rechnete sich bereits vor der Gaspreiskrise. Jetzt kostet mich die kWh Erdgas mit gut 8 Cent doppelt so viel. Selbst wenn ich nur 40 % Gas einspare, hat sich die Investition von rund 60.000 € pro Wärmetauscher in wenigen Jahren amortisiert“, hat Wester ausgerechnet.

Förderung vereinfacht

Der Wärmetauscher am Hähnchenstall rechnet sich zudem besser, seit der Staat den Einbau über das Bundesförderprogramm Energieeffizienz mit bis zu 30 % der Investitionssumme fördert.

Als der Bund vor zwei Jahren die Förderung startete, unterstützte das Geflügelunternehmen Wiesenhof seine Vertragsmäster bei der Beantragung. Zum Start des Programms waren noch umfangreiche Gutachten zum Einsparpotenzial und zur CO2-Minderung der Wärmetauscher notwendig. „Bis der erste Tauscher gefördert wurde, hat es mehrere Monate gedauert“, erinnert sich Ricklef Sander vom Dienstleistungsunternehmen GVAgrar in Varel. Sander hat inzwischen für rund 60 Wärmetauscher die Förderungsbeantragung und Gutachtenerstellung betreut. „Mittlerweile gewährt die BLE die Fördermittel ohne Gutachten in einer so­genannten Einzelfallmaßnahme. Das senkt den Aufwand“, erklärt Sander.

Ärgernis Genehmigung

Alles super? Nicht ganz: Während bei Landwirt Wester und im übrigen Landkreis Emsland die Bauämter den Wärmetauscher genehmigen, stellen sich andere Behörden quer. Knackpunkt ist, neben der Verschiebung eines genehmigten Abluft-Emissionspunktes, vor allem die Größe der Wärmetauscher-Module: Einige Behörden sehen die Boxen als neue Gebäude an. „Bei den vielen positiven Aspekten des Wärmetauschers kann ein zusätzlicher Container an der Seitenwand zwischen den Ställen doch wirklich kein Hinderungsgrund sein“, appelliert Sander denn auch an die Verantwortlichen in den Verwaltungen.

Kurz kommentiert

Nicht ausbremsen!Wärmetauscher in der Hähnchenmast reduzieren den Energieaufwand für die Heizung deutlich – gut fürs Weltklima und für den Landwirt. Stallklima und Tiergesundheit profitieren ebenfalls – gut fürs Hähnchen. Der Staat fördert die Investition in Energieeffizienz, inzwischen sogar in einem vereinfachten Verfahren – gut für die Nerven. Für Frust sorgen regional die ­Behörden: Wenn Wärmetauscher als Gebäude eingestuft werden, die im Außenbereich keine Geneh­migung erhalten, bremst das das ­Engagement der Branche beim Klima- und Tierschutz sowie die staatlichen Förderprogramme aus. Das hilft niemandem!

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