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Politik mit der Brechstange: Kükentötungsverbot hat Brütereistrukturen zerstört

Nach dem Verbot des Kükentötens mussten viele Brütereien schließen. Die Geflügelbranche mahnt dringend eine EU-weite Lösung an.

Lesezeit: 4 Minuten

Für viele Brütereien brachte das Verbot des Kükentötens 2022 das Aus. Laut einem Bericht der Tagesschau sei das Bruderhahn-Modell für sie nicht infrage gekommen. Und die Alternative - die Geschlechtsbestimmung im Ei - war zu teuer.

Waren vorher noch rund 22 Brütereien Mitglied im Verband der Deutschen Geflügelwirtschaft, sind es jetzt nur noch acht, erklärt Geschäftsführer Wolfgang Schleicher. Er kritisiert, dass durch das Gesetz Strukturen zerstört wurden. Die Politik hätte sich vorher mehr Gedanken machen müssen über die Auswirkungen auf kleinere und mittlere Unternehmen. "Es war Politik mit der Brechstange", so Schleicher. Da es das Verbot des Kükentötens in dieser Form nur in Deutschland gibt, entstehe auch ein Wettbewerbsnachteil.

Wenn Import legal ist, wird das auch gemacht

Werner Hockenberger von der gleichnamigen Brüterei in Eppingen (Baden-Württemberg) ist noch im Geschäft. Sein Betrieb erzeugt jährlich rund 1,5 Mio. Küken. Es sind ausschließlich Tiere für Biobetriebe, die männlichen Küken werden als sogenannte Bruderhähne aufgezogen. Auch er findet das Gesetz handwerklich schlecht gemacht. Vor allem weil nach wie vor Legehennen, deren Brüder getötet wurden, auf den deutschen Markt kommen, sagte er der Tagesschau.

Das sei im europäischen Binnenmarkt völlig legal, führe aber dazu, dass sich zum Beispiel kleinere Direktvermarkter günstigere Legehennen aus den Niederlanden, Frankreich oder Italien holen.

Was legal möglich und lukrativ sei, werde auch gemacht, so die Erfahrung Hockenbergers. Geflügel-Verbandschef Schleicher bestätigt, dass der Import von Junghennen zugenommen hat. Er geht von etwa 10 Mio. Legehennen aus, die nach Deutschland importiert werden, und bei denen unklar ist, ob ihre Brüder als Küken getötet wurden.

EU-einheitliche Standards nötig

Einig sind sich beide deshalb in der Forderung nach einer europaweit einheitlichen Regelung, doch die ist bisher nicht in Sicht. Auch die Verbraucherorganisation Foodwatch kritisiert das Gesetz zum Kükentöten: Es habe kaum Verbesserungen für den Tierschutz gebracht. Foodwatch fordert deshalb ein EU-weites Kükentötungsverbot, um einen "echten Systemumbau" zu erreichen: Weg von den spezialisierten Turbo-Rassen, die entweder viele und große Eier legen oder schnell Fleisch ansetzen, hin zu sogenannten Zweinutzungshühnern.

Die waren früher eigentlich die Regel - bevor es die hochspezialisierten Züchtungen gab. Gegenüber dem Sender berichtet Landwirt Christoph Schopf aus Velden in Niederbayern, dass es vor 60 Jahren noch keinen Unterschied zwischen Masthähnchen und Legehennen gab. Die Bauern hielten einfach Hühner - für Fleisch und Eier. Inzwischen schlüpfen auf seinem Betrieb nur noch Masthähnchen, die schnell Fleisch ansetzen.

Küken von Legehennen werden nicht mehr ausgebrütet - die kaufen die Schopfs inzwischen in Österreich und Ungarn und ziehen sie dann auf.

In Österreich ist es nach wie vor erlaubt, Küken zu töten - wenn es für sie eine Verwendung als Futterküken gibt. So hätten auch die Schopfs gerne weitergemacht. Denn sie hatten tatsächlich gute Abnehmer für die getöteten männlichen Küken: Raubvogelzüchter holten die Tiere im Betrieb ab, berichtet Senior Paul Schopf der Tagesschau. Inzwischen müssen seine ehemaligen Kunden, aber auch Tierparks Futterküken aus dem Ausland kaufen.

Bruderhähne auch keine perfekte Lösung?

Ein Viertel der Brütereien im Verband der Deutschen Geflügelwirtschaft setzten nach dem Verbot des Kükentötens auf Bruderhähne. Drei Viertel bestimmen das Geschlecht schon im Ei und sortieren die Eier mit den männlichen Tieren aus.

Die Aufzucht eines Bruderhahns kostet etwa 6,50 €. Das muss die Legehenne - sprich der Eierpreis - quasi mitfinanzieren. Aber auch an diesem System gibt es Kritik: Denn die Brüder der Legehennen legen kaum Fleisch zu, das Produkt sei am Markt nicht gefragt und auch nicht nachhaltig, so der Verband der Deutschen Geflügelwirtschaft. Oft würden die Tiere im Ausland aufgezogen und das Fleisch in Drittstaaten exportiert.

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