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In der Kritik: Waldrodung für den Vogelschutz

Im Medebacher Gelängebachtal mussten Fichten weichen und für Grünland Platz machen. Alles für den Vogelschutz – argumentiert der Hochsauerlandkreis. Beobachter macht die Maßnahme fassungslos.

Lesezeit: 3 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst im Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben erschienen.

Das Gelängebachtal in Medebach ist Teil des Vogelschutzgebiets „Medebacher Bucht“. Welche Elemente die Landschaft dort prägen dürfen, bestimmt der Landschaftsplan der Stadt. Für einen etwa 40-jährigen Fichtenbestand bedeutete das jetzt die Rodung – weil Neuntöter und Co. laut Plan dort keinen Lebensraum finden. Naturbeobachter aus Medebach sind anderer Meinung und über die Vorgehensweise des Hochsauerlandkreises fassungslos.

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Wald muss weichen

Das Vogelschutzgebiet (VSG) Medebacher Bucht ist Brutgebiet für zahlreiche Arten, die in der Europäischen Vogelschutzrichtlinie aufgeführt sind. Deshalb ist es von internationaler Bedeutung – vor allem für Rotmilan, Braunkehlchen, Wiesenpieper, Raubwürger, Neuntöter, Grau- und Schwarzspecht sowie den Schwarzstorch, fasst der Vogelschutz-Maßnahmenplan zusammen.

Das Gebiet gliedert sich in meist extensiv genutztes Grünland und Wald – etwa zu gleichen Teilen. Zumindest bisher. Denn Trockenstress und Käferfraß haben auch die Wälder im Vogelschutzgebiet dezimiert. Für die untere Naturschutzbehörde des Hochsauerlandkreises aber kein Grund, von der geplanten Rodung eines 3 ha großen und etwa 40-jährigen gesunden Blaufichtenbestands abzusehen. Denn: Bei der Maßnahme handelt es sich um eine im Auftrag der unteren Naturschutzbehörde durchgeführte Pflege- und Entwicklungsmaßnahme. Geplant ist die Wiederentwicklung von extensiv bewirtschaftetem Magergrünland.

Die untere Naturschutzbehörde in Meschede teilt uns auf Nachfrage mit: Die Durchführung der Maßnahme sei im geltenden Landschaftsplan Medebach vorgesehen und werde auch im Vogelschutzmaßnahmenplan für das VSG „Medebacher Bucht“ als Entwicklungsmaßnahme zur Sicherung und Entwicklung von Lebensräumen der wertbestimmenden Vogelarten gefordert.

(K)ein guter Zeitpunkt

Im vergangenen Herbst und Winter wurde die beschriebene Maßnahme dann umgesetzt: die Fichten gefällt und abtransportiert, der Boden gemulcht, der Schlagabraum teilweise verbrannt.

Die Kritik: Warum jetzt Wald roden, obwohl er ringsherum abstirbt? Zwei fachkundige Beobachter – ein Förster und ein Tierarzt – haben in der Blaufichten-Insel immer wieder Neuntöter, Raubwürger und Goldammer, aber auch Zauneidechse und andere Arten beobachtet. Ebenso acht Kolonien der kleinen roten Waldameise ­sollen am Rand des Waldes beheimatet gewesen sein.

Dazu die untere Naturschutz­behörde: „Die Zauneidechse wird hier auch in Zukunft geeignete Quartiere finden.“ Hinsichtlich der Ameisen heißt es: „Die Fläche wurde im Vorfeld der Maßnahmen mehrfach von Mitarbeitern der unte­ren Naturschutzbehörde und der Biologischen Station besichtigt. Die Ameisenhaufen sind uns nicht aufgefallen.“

„Sehr unsensibel“

Die Kritiker hätten sich vom Hochsauerlandkreis mehr Fingerspitzengefühl gewünscht und bewerten die Vorgehensweise als „sehr unsensibel“. Für sie ist nicht nachvollziehbar, wieso die Entfichtung ausgerechnet jetzt stattfinden musste. Warum hat der Kreis nicht gewartet, bis umliegende Schadflächen wieder bewaldet sind und Rückzugsorte für die Tiere bieten? Hierzu keine Antwort.

Außerdem sei bei der Maßnahme sehr „brachial“ gearbeitet worden.

Vor Kurzem wurde die Fläche mit Heumulch anderer Magerrasen­flächen eingesät. Vorgesehen ist nun der Bau eines Zaunes, denn künftig soll die Fläche mit Rindern eines ortsansässigen Landwirts „fachgerecht bewirtschaftetet“ werden, schreibt der Hochsauerlandkreis.

Die Fläche befindet sich übrigens im Privatbesitz. Der Eigentümer hat der Maßnahme zugestimmt. Alle Herstellungskosten werden von der unteren Naturschutzbehörde getragen, wurde uns vom Kreis bestätigt.

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