Die Zukunftskommission Landwirtschaft hat am Dienstagmorgen ihren Abschlussbericht offiziell an Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben und veröffentlicht. Im Ergebnis einigte sie sich auf ein komplettes Umschichten der Agrarförderung auf gesellschaftliche Leistungen bis 2034, auf mehr Klima- und Artenschutz über den Weg von Kooperationen, weniger Tierhaltung mit mehr Tierschutz, mehr Transparenz auf dem Lebensmittelmarkt und die verpflichtende Beteiligung der Gesellschaft an den Kosten. Der Bericht enthält bis hin zur Bodenmarktpolitik konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik.
Strohschneider erkennt Versachlichung in einer "einschüchternden" Debatte
Der Kommission sei gelungen, zu einer Versachlichung im Bereich der Agrar- und Umweltpolitik zu kommen, lobte der Kommissionsvorsitzende Prof. Peter Strohschneider bei der Übergabe. Dies sei bemerkenswert, zumal es „tatsächlich objektive Differenzen“ und eine gesellschaftliche Debatte über Landwirtschaft „von einschüchterndem Ausmaß“ gebe, so Strohschneider weiter. Er sei erleichtert, dass der Bericht konkrete Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität, zur Verbesserung des Tierwohls, zur Diversifizierung der Betriebe gebe. Für die Transformation bleibe aber wenig Zeit und sie werde nur gelingen, wenn sie als eine gesamt gesellschaftliche Aufgabe verstanden und angegangen werde, sagte er.
Merkel für eine Abkehr "vom Strohhalm des Überlebens"
Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte die Arbeit der Kommission als „wegweisend“. „Es ist ein schöner Packen für alle, die potenziell regierungsfähig sein werden, die kommen daran nicht mehr vorbei“, sagte die scheidende Bundeskanzlerin bei der Übergabe. Merkel sprach explizit den Konflikt um die Verteilung der EU-Agrarzahlungen an. Es sei gut, dass die kommende Finanzperiode als Übergangsphase deklariert worden wäre mit einer festen Perspektive in die Zukunft hinein. Zudem sagte Merkel, es sei gut, dass die Direktzahlungen vom „Strohhalm des Überlebens“ umgewandelt würden zu einem betriebswirtschaftlich tragfähigen Modell für die Landwirtschaft.
"Jammern" über hohe Agrarausgaben soll sich ändern
Beachtung schenkte Merkel auch dem finanziellen Aspekt. „Es müssen verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen geschaffen werden, sonst wird sich niemand auf diesen Transformationsprozess einlassen“, sagte Merkel. In der Gesellschaft müsse sich das landläufige „Jammern die Landwirtschaftspolitik frisst unser ganzes Geld“ ändern müssen, so Merkel. Jeder einzelne müsse sein Konsumverhalte und seine Ernährungsgewohnheiten hinterfragen. Der Umbau der Landwirtschaft sei ein „großes Projekt“. Darüber müsse eine gesellschaftliche Debatte jetzt geführt werden.
Klöckner fordert höheren Agrarhaushalt
Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bezeichnete die einstimmige Einigung auf den Abschlussbericht als „ein historisches Signal“, zu dem Mut gehöre. „Der Haushalt für Landwirtschaft wird größer werden müssen, wenn wir das stemmen wollen“, sagte Klöckner.
Schulze sieht eine Antwort auf die Bauernproteste
Umweltministerin Svenja Schulze bezeichnete die Einigung als „Chance für einen gemeinsamen Aufbruch“ und eine „Antwort auf die Bauernproteste“ aus dem Herbst und Winter 2019. „Das es auch in der Landwirtschaft große Änderungen geben muss, ist jetzt Konsens“, sagte Schulze.
DBV-Vize Schwarz stellt betriebswirtschaftlichen Aspekt in den Vordergrund
Der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Werner Schwarz, rief die Parteien auf, die Ergebnisse des Berichts in der kommenden Legislaturperiode auch in politische Entscheidungen einfließen zu lassen. „Dieser Bericht, der von allen Beteiligten einstimmig beschlossen wurde, ist eine Grundlage für den zukünftigen politischen Diskurs über Landwirtschaft", sagte er. Schwarz hatte in der Zukunftskommission der DBV vertreten. Alle Teilnehmer der Kommission hätten deutlich gemacht, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, den Transformationsprozess der Landwirtschaft zu unterstützen und auch zu finanzieren, so Schwarz. "Der Bericht ist eine klare Übereinkunft, dass bei allem Willen zur Veränderung hin zu mehr Nachhaltigkeit der betriebswirtschaftliche Aspekt immer mit berücksichtigt wird", sagte er. Das sei für die Betriebe enorm wichtig. "Nur wenn auf den Höfen Geld verdient wird, können wir auch Umweltleistungen erbringen“, so Schwarz.
Den Bericht in voller Länge kann man hier nachlesen und downloaden.