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Schwerste Dürre seit 60 Jahren - Argentinien muss Soja auf dem Weltmarkt kaufen

Die schwerste Dürre seit 60 Jahren trifft argentinische Landwirte hart. Wegen der katastrophalen Ernte fehlt nun das Geld für die Weizenaussaat. Zumindest soll nun endlich mehr Regen fallen.

Lesezeit: 5 Minuten

Unsere Autoren: Carlos Boyadjian und Steffen Bach

Das dritte La-Niña-Jahr in Folge brachte Argentinien Spätfröste im Sommer, dann eine Hitzewelle und nun die schwerste Dürre seit 60 Jahren. Die extreme Witterung durch das Wetterphänomen schädigte auch robuste Kulturen. Die dürrebedingten Ertragseinbußen sind gewaltig:

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  • Die Weizenernte von 12,4 Mio. t liegt 10 Mio. t unter dem Vorjahresergebnis.
  • Die Sojabohnenernte soll sich nach Prognose der Getreidebörse in Buenos Aires auf 22,5 Mio. t halbieren.
  • Beim Mais wird ein Rückgang von 52 Mio. t auf 36 Mio. t erwartet.

Gleichzeitig befindet sich das Land in einer schweren Wirtschaftskrise mit einer der weltweit höchsten Inflationsraten und einem sinkenden Wert des Argentinischen Pesos. Die ohnehin knappen Devisen der Zentralbank sind durch den starken Rückgang der Agrarexporte weiter geschrumpft.

Nach Berechnungen der Börse in Rosario könnten die Einnahmen um 20 Mrd. US-$ sinken. Wie schwer dieser Verlust wiegt, zeigen die Devisenreserven der argentinischen Zentralbank, die Ende April nur noch 36 Mrd. US-$ betrugen.

„Wie ein Backofen!“

Unter Hitze und Trockenheit litten auch die Pflanzen auf den Feldern von Gabriel Raedemaeker. „Wir hatten 20 aufeinanderfolgende Tage ohne Regen und mit Temperaturen über 35 Grad, das war wirklich ein Backofen“, sagt der Landwirt aus dem Süden der Provinz Córdoba, im Zentrum des Landes.

In der Stadt Oliva baut Raedemaeker Sojabohnen, Weizen und Mais an. „Beim Weizen lagen die Erträge 30 bis 50 % unter der üblichen Menge“, erklärt der Landwirt. Auch bei Sojabohnen hat die Dürre zugeschlagen. Erträge von 5 bis 8 dt/ha liegen weit unter dem Durchschnittswert der vergangenen Jahre von 35 dt/ha.

Inzwischen ist klar, dass die Dürre auch zu einem Qualitätsverlust geführt hat. Cristian Russo, Leiter der Abteilung für landwirtschaftliche Schätzungen an der Börse von Rosario, berichtet, dass Schmachtkornanteile von 20 bis 60 % gemessen werden. Die Folge sind Abzüge beim Preis. Um diese Partien überhaupt vermarkten zu können, müssen sie nun mit Ware aus dem Vorjahr verschnitten werden.

Wasser und Geld fehlen

Raedemaeker beziffert den Dürreschaden in seinem Betrieb auf gut 1 000 US-$/ha, was bei einer Anbau­fläche von 900 ha einen Verlust von knapp 1 Mio. US-$ bedeutet. Den Grund für die starken Ertragseinbußen sieht er auch darin, dass die Niederschläge seit drei Jahren unterdurchschnittlich ausfallen und die Wasserreserven im Boden aufgebraucht sind. Der Grundwasserspiegel sinkt immer weiter.

Trotz all dieser Probleme versucht Raedemaeker nach vorne zu schauen und denkt an die neue Kampagne. Die Finanzierung ist bei Kreditzinsen von 90 % sehr schwierig. „Wir sind finanziell am Ende, es ist sehr wichtig, dass wir von den Banken und auch von den Lieferanten Finanzmittel erhalten, um in der nächsten Weizensaison säen zu können“, fordert er.

Liquidität ist ein riesen Thema unter Landwirten. Viele sind verärgert, dass der argentinische Staat durch seine hohe Steuerlast das Problem sogar verschärft. Auf die Ausfuhr von Weizen und Mais werden Exportsteuern von 12 % erhoben, bei Sojabohnen, -Schrot und -Öl sind es sogar 33 %.

Trotz der angespannten Lage auf den landwirtschaftlichen Betrieben will die Regierung angesichts leerer Kassen nicht auf diese Einnahmen verzichten. Etwas entgegengekommen ist die Regierung der Agrarbranche mit der Einführung des „Soja-Dollars“. Er ermöglicht den Umtausch der im Export erwirtschafteten US-Dollar in Argentinische Pesos zu einem Wechselkurs von 1:300, was deutlich attraktiver ist als der offizielle Wechselkurs von 1:230.

Bohnenimporte aus Brasilien

Angesichts des erwarteten Rückgangs der Sojaproduktion importiert die Industrie Sojabohnen aus Brasilien, was in diesem Jahr eine Rekordernte von rund 154 Mio. t einfahren wird. „Die Sojabohnenimporte aus Brasilien haben bereits begonnen, sowohl per Binnenschiff über den Río Paraná als auch per Seefrachter, sogar aus dem Norden Brasiliens“, sagte Emilce Terré, Chefvolkswirtin der Börse von Rosario (BCR).

Und sie stellt klar, dass in dieser Saison mit einem erheblichen Importvolumen von mindestens 4 Mio. t Sojabohnen gerechnet wird. Was die argentinischen Ausfuhren betrifft, so könnten die Maisexporte rund 20 Mio. t betragen, gegenüber 36 Mio. t in der letzten Saison. Und bei Soja könnten es etwa 3 Mio. t Bohnen und 28 Mio. t Schrot sein, was die kleinste Menge seit 20 Jahren wäre, erklärt Terré.

„Säen oder nicht?“

Mit gemischten Gefühlen schauen die Landwirte auf die Weizenaussaat, die Mitte Mai beginnt. Meteorologen sind sich einig, dass die für die Dürre verantwortliche La-Niña-Wetterlage endet und im Laufe des Jahres durch El Niño abgelöst wird, die Argentinien in der Vergangenheit überdurchschnittliche Niederschläge gebracht hat.

Cristian Russo von der Börse in Rosario betont, dass die Erzeuger aktuell vor der Frage stehen: „Säen oder nicht?“ Die Wassergehalte in den Böden seien nicht ermutigend. Die Niederschläge im April ­waren unterdurchschnittlich. Für die Weizenproduktion sind mindestens 180 mm erforderlich, eine Menge, die bisher noch nicht erreicht wurde. „Ich bin nicht sicher, ob es reicht und hoffe auf den Mai. Es wird aber bestimmt keine gute Weizensaison“, befürchtet Russo.

Die Börse von Rosario schätzt, dass die Weizenanbaufläche im günstigsten Fall 5,9 Mio. ha betragen könnte, ähnlich wie in der Saison 2022/23, aber eine Million Hektar weniger als in der Saison 2021/22. Die Getreidebörse von Buenos Aires ist etwas optimistischer und rechnet mit einer Anbaufläche von 6,7 Mio. ha.

Folgen für die EU?

Egal wie es kommt, in jedem Fall dürfte die kleinere argentinische Weizenernte die Exportchancen für deutschen Weizen verbessern. Experten schätzen, dass Argentinien im aktuellen Wirtschaftsjahr nur 5 Mio. t Weizen exportiert – das sind rund 13 Mio. t weniger als im Vorjahr.

Vor allem auf dem umkämpften afrikanischen Markt könnte das spürbar werden. Die argentinischen Sojaschrotexporte dürften hingegen nur moderat sinken, weil die Ölmühlen Bohnen aus Brasilien einkaufen. Die kleine Maisernte hat ebenfalls nur einen begrenzten Einfluss auf den Weltmarkt, weil Brasilien auch hier durch zwei Rekordernten in Folge Verluste ausgleichen kann.

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