Um die Energiepreisexplosion für Wirtschaft und Privathaushalte abzumildern, hat die Bundesregierung in den letzten Wochen mehrere Entlastungspakete geschnürt. Zuletzt wurde eine Strompreisbremse vorgestellt, von der auch Agrarbetriebe profitieren sollen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) ist jedoch skeptisch, was die tatsächlichen Effekte für die Landwirtschaft angeht.
Mit Blick auf die vom Bund festgelegte Preisobergrenze von 40 Cent pro Kilowattstunde für 80 % des Verbrauchs stellt der Bauernverband gegenüber top agrar fest, dass die vorgesehene Regelung ganz sicher einen lobenswerten Versuch der Regierung darstellt, die Wirtschaftsbeteiligten und damit auch die Bauern vor ausufernden Preissprüngen zu schützen. Allerdings wäre selbst ein Strompreis von 40 ct für viele Betriebe noch schwer genug zu verkraften, gibt der Verband zu bedenken. Schließlich seien das immer noch etwa 30 % mehr als im Schnitt der letzten Jahre; im Vergleich zum mittleren Gewerbekundenpreis sogar fast das Doppelte.
Krise im Schweinesektor geht weiter
Der Bauernverband geht davon aus, dass die Milchviehbetriebe „im Trend“ mit dieser Preisentwicklung vielleicht noch am ehesten zurechtkommen werden. Das begründet er mit den gestiegenen Erzeugerpreisen, die aufgrund der weltweiten Knappheiten in letzter Zeit gerade im Milchsektor sehr zugelegt hätten.
Deutlich schwieriger ist die Situation hingegen bei den Schweineproduzenten. Den Unternehmen, die aktuell ohnehin schon am Rande ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten seien, werde die Strompreisbremse wahrscheinlich nur noch zum Teil helfen, befürchtet der DBV. Nach seinen Angaben gehen schon jetzt jeden Tag Schweinebetriebe aus der Produktion.
Entlastung ab dem 1. Januar geplant
Wie der DBV weiter erläutert, soll die vom Bund mit 43 Mrd Euro ausgestattete „Strompreisbremse“ für private Verbraucher und Gewerbekunden mit einem Jahresstromverbrauch bis 100.000 kWh mit „Standard-Last-Profil“ (sogenannte SLP-Kunden) gelten und vom 1. Januar 2023 bis zum 30. April 2024 wirken. Sofern die Umsetzung dieses Vorhabens nicht zum 1. Januar möglich sein sollte, soll die Entlastung zu einem späteren Zeitpunkt rückwirkend zu diesem Datum realisiert werden. Vorgesehen ist, den Arbeitspreis für ein Grundkontingent von bis zu 80 % des historischen Verbrauchs auf 40 ct/kWh (brutto) zu deckeln.
Großkunden mit Preisdeckel bei 13 Cent
Auch für die Kunden mit einem Verbrauch von mehr als 100.000 kWh pro Jahr, die in der Regel über einem sogenannten RLM-Zähler abrechnen oder Strom selbst am Markt einkaufen, sollen die Strompreise gesenkt werden. In Anlehnung an die früheren Empfehlungen der Gaskommission werden auch diesen Kunden grundlegende Verbrauchsmengen zu einem vergünstigten Tarif von voraussichtlich 13 ct/kWh netto bereitgestellt.
Die Rede ist hier bisher von 70 % des gemessenen Jahresverbrauchs 2021. Diese Regelungen dürften nach Einschätzung des Bauernverbandes aber nur für eine sehr kleine Gruppe von Agrarunternehmen infrage kommen. Dabei würde es sich um Betriebe handeln, die die Kriterien für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) reißen, also mindestens 250 Mitarbeiter haben und mehr als 50 Mio € Jahresumsatz machen.
Härtefallfonds für Agrarbetriebe nicht vorgesehen
Teil des Entlastungspakets der Bundesregierung ist auch ein Härtefallfonds. Ob dieser aber auch für in Not geratene Agrarbetriebe gelten wird, ist laut Bauernverband nach aktuellem Stand zu bezweifeln. Die Bundesregierung sieht die Regelung vor allem für Organisationen und Einrichtungen vor, die „den gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern und die Demokratie stärken“.