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Ist die Talsohle beim Getreidemarkt erreicht?

Die Wachstumsbedingungen in Europa und der Schwarzmeerregion sind gut. Das untere Preisniveau scheint erreicht zu sein.

Lesezeit: 6 Minuten

Unser Autor: Jan Peters, agrarfax

Der Preisverfall am Getreidemarkt der vergangenen vier Wochen war deutlich: An der Börse in Paris haben die Weizenkurse seit Anfang März 2023 um fast 30 €/t nachgegeben. Hintergrund ist eine ausreichende Verfügbarkeit am hiesigen Markt und eine Verlängerung des Getreideabkommens mit Russland. Trotz niedriger Preise fällt die Kaufbereitschaft der Verarbeiter begrenzt aus. Ergänzt wird das Angebot aktuell durch preiswerte Ware aus der Ukraine.

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Günstiger aus Osteuropa

Das Angebot an Getreide ist seit der Öffnung des Exportkorridors im Schwarzen Meer am Weltmarkt mehr als reichlich. Zwar streute Moskau bis zuletzt immer wieder Zweifel zum Fortbestand und zur Verlängerung des Korridors. Gleichzeitig bieten sowohl Russland als auch die Ukraine in einem aggressiven Preiskampf ihr Getreide an.

US- und europäische Ware wurde zuletzt deutlich teurer angeboten, sodass die Märkte in diesen Regionen unter Preisdruck geraten sind.

Da insbesondere Russland durch die Rekordernte 2022 noch über umfangreiche Bestände verfügt, ist davon auszugehen, dass von dort vorerst weiterhin größere Exportmengen auf die Märkte gelangen.

Die starke Konkurrenz aus der Schwarzmeerregion bleibt nach der Verlängerung des Exportkorridors bestehen. In Osteuropa kam Unmut auf die zunehmenden Importe an Getreide aus der Ukraine auf. Eigenes Getreide gerät dadurch in den Hintergrund und kann nicht vermarktet werden. Polen und Ungarn stoppten zuletzt sogar Importe aus der Ukraine.

Nachrichten aus Australien verstärken den Abwärtstrend der Preise zusätzlich. Dort wurde die Rekordernte 2022/23 nochmals um knapp 3 Mio. t größer auf jetzt 39,2 Mio. t geschätzt. Überdurchschnittlich viel Regen bescherte „Down Under“ die dritte große Getreideernte nacheinander. Damit hat sich die Diskussion um die Versorgungssicherheit am Weltmarkt mehr oder weniger in Luft aufgelöst.

Eigentlich ist Weizen knapp

Auch an der Börse in Chicago haben die Weizenkurse in den letzten vier Wochen über 15 % nachgegeben. Das, und auch die schwächere Stimmung bei Mais und Sojabohnen in Chicago, schwappt über den Atlantik und drückt auf den hiesigen Weizen. Insgesamt belastet das nun doch vermeintlich große Warenangebot auf dem Weltmarkt die Preise spürbar.

Dabei sind die Weltbestände an Getreide eigentlich nach wie vor mehr als knapp. Das Verhältnis von Weizenbeständen außerhalb Chinas zum Verbrauch liegt mit 19,6 % auf einem extrem niedrigen Niveau. Zum Ende des vergangenen Wirtschaftsjahres 2021/22 waren es 20,9 % und vor zwei Jahren 23 %. Nur leider erzielen die vom US-Landwirtschaftsministerium (USDA) jüngst heruntergesetzten globalen Weizenbestände fast keine Wirkung auf den Märkten.

Blick auf die Ernte 2023

Wenn der Blick in die Ferne bzw. auf den Weltmarkt kein eindeutiges Bild ergibt, wird das Geschehen vor Ort umso wichtiger: EU-weit sind die Getreidebestände vergleichsweise gut über den Winter gekommen, und zuletzt waren die Wachstumsbedingungen auf den hiesigen Feldern verbreitet gut. Nach den umfangreichen Niederschlägen in den meisten bedeutenden Getreideregionen Europas hat sich das Wasserangebot auch in tieferen Bodenschichten in vielen Regionen erholt. Die Aussicht auf eine ertragreiche Ernte hat sich dadurch verbessert.

Die EU-Kommission rechnet in einer ersten Schätzung für die Gemeinschaft 2023/24 mit einer Getreideernte in Höhe von gut 288 Mio. t. Der europäische Branchenverband Coceral hat seine frühere Prognose der Weizenernte 2023 in Europa und Großbritannien bereits um 1,2 Mio. t auf 144,5 Mio. t erhöht.

Größere Ernten erwartet der Verband in Italien, Spanien, Ungarn und auf dem Balkan. Da bisher weder Auswinterungs- noch Trockenschäden aufgetreten sind, dürfte die Erntemenge gegenüber dem Vorjahr um gut 8 % steigen. Die Kommission hofft daher für 2023/24 auf einen guten Exportmarkt, denn durch den starken Rückgang der Fleischproduktion in der EU dürfte der Futtergetreidebedarf hier weiter sinken.

Das USDA hat die Erwartungen an die Exporte für die EU allerdings in seinem jüngsten Bericht um rund 2 Mio. t auf 35 Mio. t reduziert. Die Endbestände in der EU sehen die Marktexperten bei 12,16 Mio. t und damit 1,1 Mio. t größer als zuvor.

Deutlich mehr Spekulationen gibt es um die Höhe der kommenden Ernte 2023 am Schwarzen Meer. Die ukrainische Winterweizenfläche zur Ernte 2023 ist aufgrund des Einmarsches Russlands in die Ukraine von mehr als 6 Mio. ha im Vorjahr auf etwa 4,1 Mio. ha zurückgegangen.

Das Angebot an Getreide wird 2023/24 kleiner. Im Schnitt wird für die Ukraine mit einem Minus von 30 % gerechnet. Die russischen Feldbestände sehen derzeit zwar gut aus. Dort wird trotzdem ein Minus von 20 % erwartet, u. a. weil Pflanzenschutzmittel fehlen.

Der weitere Preisverlauf dürfte stark davon abhängen, ob es in den kommenden Wochen nennenswerte Trockenschäden in der Schwarzmeerregion oder in Europa geben wird.

Die Ankündigung mehrerer westlicher Agrarunternehmen, sich ab dem 1. Juli 2023 aus dem russischen Getreideexportgeschäft zurückziehen zu wollen, sorgte zuletzt für Verunsicherung. Nach Cargill und Viterra wird sich jetzt auch das Handelshaus Louis Dreyfus als Getreideexporteur aus Russland verabschieden.

Der Preisverfall des russischen Weizens geht unvermindert weiter. Brotweizen mit 11 % Protein notierte franko Rostock Anfang April 2023 knapp 250 €/t. Der vergleichbare russische Weizen notierte 240 €/t franko Hafen Noworossijsk und Rostov am Don. Eine mögliche Frühsommertrockenheit, Auswinterungsschäden oder ein Stromausfall im Hafen von Odessa: All diese Dinge könnten die nervösen Märkte allerdings auch schnell wieder in eine andere Richtung bringen. Auch eine Einschränkung der russischen, wie auch der ukrainischen Ausfuhren ist jedoch jederzeit möglich.

Exporte und Anschlusskäufe

Was bedeutet das für heimische Getreideerzeuger? In Ostdeutschland waren die Läger auf der Erzeugerstufe infolge des ruhigen Exportgeschäftes der vergangenen Monate erst zur Hälfte geleert. In vielen Regionen Deutschlands wird der Getreidemarkt von einer ruhigen Exportverladung in den Seehäfen und gleichzeitig auch verhaltenem Kaufinteresse der Mühlen- und Mischfutterindustrie geprägt.

Wenn auch aktuell die Schwarzmeerregion das Geschehen auf dem Welt­weizenmarkt dominiert: Für die kommenden Wochen rechnen Beobachter wieder mit einem Anziehen der Weizenexporte aus Deutschland. In Rostock wurde zuletzt bereits Weizen für Nordafrika verladen.

Eine deutlich nachhaltige Belebung des hiesigen Getreidemarktes wird zwar von den wenigsten Marktbeobachtern erwartet. Für die kommenden Wochen bis zur Ernte 2023 rechnen die Marktbeteiligten jedoch durchaus noch mit einem erhöhten Anschlussbedarf der Mischfutterindustrie und der Mühlen.

In den zurückliegenden Monaten haben die Verarbeiter vorwiegend nur für den kurzfristigen Bedarf Getreide eingekauft. Das könnte die Nachfrage dann beleben, sodass das ausreichende Angebot doch noch deutlich schrumpfen dürfte. Das könnte den zuletzt unter Druck stehenden Notierungen dann Unterstützung liefern, sodass inzwischen einiges dafür spricht, dass die Getreidepreise mittlerweile die Talsohle erreicht haben dürften.

Wenn Sie den Getreideverkauf in den kommenden Wochen planen, sollten Sie Gebote mehrerer potenzieller Abnehmer einholen und vergleichen. Aktuelle Getreide- und Rapspreise, Börsenkurse sowie Marktkommentare finden Sie hier.

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