Das Zuckerkartell dürfte die Gerichte noch einige Zeit beschäftigen. Nachdem die Zuckerhersteller vom Landgericht Mannheim zur Zahlung von Schadensersatz in Millionenhöhe verurteilt wurden, zeigen sich die Hersteller auf top agrar-Nachfrage abwartend bis kampfbereit.
Vor allem die Verantwortlichen von Pfeifer & Langen sehen sich trotz des Urteils weiterhin im Recht und verweisen auf diverse Gutachten und richterliche Urteile aus früheren Jahren. Sie seien zu dem Ergebnis gekommen, dass den Kunden aus der Lebensmittelindustrie kein kartellbedingter Schaden entstanden ist. Das Landgericht Köln habe noch im Jahr 2020 mehrere Klagen mit der Begründung abgewiesen, ein Schaden sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Ebenso hat auch das Landgericht Dortmund erst kürzlich eine Klage abgewiesen.
Nordzucker verweist auf Zuckermarktordnung
Auch die Nordzucker AG scheint mit dem Urteil vom vergangenen Freitag nicht glücklich zu sein. „Wir werden die Urteilsbegründung jetzt genau prüfen und über weitere Schritte beraten und entscheiden“, heißt es aus Braunschweig. Vor allem die Tatsache, dass der Zuckermarkt damals (Zeitraum von 1997 bis 2009) durch die Europäische Zuckermarktordnung stark reguliert war, rechtfertige kaum Schadensersatzzahlungen. „Die Europäische Zuckermarktordnung sah damals sogenannte Interventionspreise, also Mindestpreise für Zucker, vor und regelte die von den Zuckerproduzenten zu zahlenden Mindestpreise für den Einkauf von Zuckerrüben“, erklärt eine Unternehmenssprecherin.
Südzucker noch nicht sprechfähig
Dürftig ist die Antwort von der Südzucker AG: „Wir nehmen das Urteil zur Kenntnis und werden es prüfen“, sagt eine Unternehmenssprecherin. Bei Pfeifer & Langen wertet man das Urteil derweil auch nicht wirklich als einen Erfolg der Gegenseite. „Dies ist das erste Urteil, mit welchem Klägerinnen im Zusammenhang mit dem Zuckerkartell Schadensersatz zugesprochen wird. Der zugesprochene Betrag bleibt weit hinter den geltend gemachten Klageforderungen zurück“, sagen die Kölner.
Großteil geht für Anwalts- und Gutachtenkosten „drauf“
In der Tat entsprechen die verhängten Strafen von 8,4 Mio. € an Nestlé und 6,3 Mio. € an die Molkerei Müller nur 20 % der geforderten Summen. Für die Kläger ist es wohl nicht vielmehr als ein Achtungserfolg, zumal sie 80 % der Kosten für Anwälte und ökonomische Gutachter der Gegenseite zahlen müssen, wie das Online-Portal Juve berichtet. Das dürfte mit Gleiss, Hengeler und Freshfields und den renommiertesten Wettbewerbsökonomen, die alle mit großen Teams jahrelang an dem Fall gearbeitet haben, auch kein Schnäppchen sein.
Folgen für die Rübenpreise?
Auf die Frage, wie sich das nun auf die Geschäftstätigkeiten in Zukunft auswirken könnte, finden alle drei Unternehmen bisher noch keine Antwort. Angesichts der zuletzt eher guten Geschäftszahlen der Konzerne ist die Strafe sicherlich verkraftbar und könnte ohne große „Marktwirkung“ bezahlt werden. Andererseits stehen noch viele Klagen an und ein solches Urteil kann Signalwirkung haben. Wo die Konzerne diese Kosten kompensieren, ist dann schwer nachvollziehbar. Im Prinzip gibt es wohl nur drei Möglichkeiten: Im Verkauf, im Einkauf oder durch Sparmaßnahmen. Rübenanbauer sollten in den kommenden Jahren das genauer im Blick behalten.