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topplus Energiepreise am Boden

Strompreise: Tarifwechsel kann sich lohnen!

Die Energiepreise sind im freien Fall, und Landwirte überlegen, ob ein Wechsel des Stromtarifs sinnvoll ist. Im Interview gibt Landenergie-Experte Ramazan Kara Tipps.

Lesezeit: 5 Minuten

Viele Betriebe beschäftigen sich derzeit mit ihren Stromlieferverträgen. Die Maschinenringe können über die Energietochter Landenergie die Lage auf den Höfen gut beurteilen. top agrar hat mit dem Abteilungsleiter Ramazan Kara gesprochen.

Herr Kara, wie hoch ist aktuell der Beratungsbedarf zu Stromtarifen bei den Maschinenringen?

Ramazan Kara: In der Tat bekommen wir derzeit viele Anfragen von Landwirtinnen und Landwirten, die ihren Stromtarif wechseln wollen. Dafür gibt es natürlich sehr unterschiedliche Gründe, aber ein wesentlicher ist, dass die Endverbraucher - also auch Landwirte - in den letzten zwei Jahren auf Sicherheit und Langfristigkeit gesetzt haben. Aktuell geht es wieder um Kosteneinsparung.

Sind Landwirte beim Strom aktuell vertraglich eher kurzfristig oder langfristig aufgestellt?

Kara: Ich schätze das Verhältnis ist 50:50. Landwirte die vor gut zwei Jahren einen langfristigen Vertrag abgeschlossen hatten, waren bisher die großen „Gewinner“ der Energiekrise, werden jedoch bei der nächsten Verlängerung Ihrer Verträge stärkere Preiserhöhungen in Kauf nehmen müssen, da sie von extrem niedrigen Niveau kommen.

Warum sind die Strompreise an der Börse so stark zurückgegangen?

Kara: Der Strommarkt hängt auch stark von den Preisen für die Rohstoffe Erdgas, Erdöl und Kohle ab - und den damit zusammenhängenden CO2-Zertifikatspreisen. Die Preisentwicklung dieser Rohstoffe ist wiederum abhängig von Konjunkturdaten in den USA oder China. Aufgrund der guten Gasversorgungslage und den schwachen Konjunkturaussichten fallen derzeit die Preise für alle Energieträger. Dass wirkt sich schlussendlich auch auf den Strompreis aus.

Der reine Einkaufspreis an der Börse (EEX/Grundlast) lieg aktuell bei rund 9 bis 10 ct/kWh. Die Endkundenpreis liegen bei Neuverträgen hingegen bei 26 bis 28 Cent (netto). Wie kommt es zu dieser großen Differenz?

Kara: Der Endkundenpreis hängt zum einen von der Zusammensetzung des Strompreises ab und zum anderen von der Beschaffungsstrategie des Versorgers. Bei Neukundenpreisen entspricht der reine Energiepreis einem Anteil von ca. 40 % des Gesamtpreises. Hinzu kommen aber die diversen Netzentgelte, Abgaben und Umlagen, die folglich 60% ausmachen. Sie belaufen sich mittlerweile je nach Netzgebiet auf 12 – 18 Cent netto. Für den Endverbraucherpreis spielt aber auch die Beschaffungsstrategie des Versorgers eine wesentliche Rolle. Viele Versorger kaufen die Energiemengen langfristig und ohne Spekulationen für ihre Kunden ein. Denn niemand kann den künftigen Strompreis vorhersehen und die Versorger müssen regelmäßig entscheiden, zu welchem Zeitpunkt sie welche Menge einkaufen. Fallen die Preise hat man mit kurzfristigen Käufen natürlich einen Vorteil, steigen die Preise plötzlich, muss man hingegen teuer nachbeschaffen. Wie es die Energiekrise mehrfach gezeigt hat, kann dies ganz schnell zu Insolvenzen von Stromversorgern führen.

Sollte man sich die niedrigen Preise nun möglichst lange sichern?

Kara: Gegenfrage: Was sind „niedrige“ Energiepreise? In der Tat pendeln die Börsenpreise aktuell auf „Vor-Krisen-Niveau“. Aber niemand weiß, ob die Preise noch weiter sinken oder schnell wieder steigen. Klar ist nur: Der Markt ist noch immer verunsichert und reagiert stark auf äußere Einflüsse wie politische Entscheidungen oder Ereignisse.

Vorsicht! Es sind wieder unseriöse Versorger am Markt.

Was empfehlen Sie Landwirten, die aktuell aus den teuren Altverträgen kommen können? 

Kara: Falls es die Kündigungsfrist zulässt, würden wir natürlich einen Wechsel empfehlen, jedoch mit Vorsicht bei der Wahl des Versorgers! Leider sind wieder unseriöse Versorger auf dem Markt – teilweise genau die, die sich in den letzten zwei Jahren zurückgezogen und teilweise sogar Ihre Kunden aus laufenden Verträgen rausgekündigt hatten.

Würden Sie beim Wechsel eher auf langfristige Verträge mit Preisbindung gehen oder weiterhin auf Sicht fahren mit kurzfristigen Verträgen?

Kara: Wenn man wüsste wo der Preis hingeht, wäre diese Frage leicht zu beantworten. In Bezug auf die Landwirtschaft denke ich, ist die Planungssicherheit der Kosten ein sehr wichtiger Faktor - deshalb langfristig.

Möglich, dass die EEG-Umlage wieder auflebt!

Was erwarten Sie in den nächsten Jahren bei den Stromnebenkosten?

Kara: Auch die Nebenkosten sind schwer vorauszusagen. Die Haushaltsdebatte Ende 2023 hat gezeigt, dass auch kurzfristig zugesagte Gelder gestrichen werden können. Das hat sich unmittelbar auf die Netznutzungsentgelte ausgewirkt. Gerade in Regionen mit niedrigen Entgelten, könnten die Nebenkosten steigen. Auch in Gebieten, wo noch viele Netzkilometer gebaut werden müssen, dürften die Entgelte steigen. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist das EEG: Das Konto ist aktuell negativ und muss irgendwann ausgeglichen werden. Gut möglich, dass die EEG-Umlage wieder auflebt.

Was empfehlen Sie Landwirten, die noch laufende Verträge haben?

Kara: Bei laufenden Verträgen gibt es Binde- und Kündigungsfristen die eingehalten werden müssen – hierauf werden alle Stromversorger auch bestehen, da sie die Strommengen bei Unterschrift vorgekauft haben. Die Energiekrise hat aber auch gezeigt, dass es falsch ist, nur auf den Preis zu schauen. Ein etwas erhöhter Preis ist vertretbar, wenn man einen seriösen Versorger haben möchte.

Was halten Sie von Verträgen, die stundengenau abrechnen? Für wen könnte das interessant sein?

Kara: Diese sogenannten dynamischen Tarife versprechen, die Börsenpreise direkt an den Verbraucher weiterzugeben, mit der Chance von niedrigen Preisen zu profitieren. Das macht aber nur Sinn, wenn man beim Verbrauch flexibel ist und dann gezielt günstigen Strom nutzen kann. Oftmals sind das aber Zeiten in denen auch die eigene PV-Anlage viel Strom erzeugt. Inwieweit man hier von den niedrigen Börsenpreisen wirklich profitiert, muss jeder individuell prüfen.

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