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Getreide: Trügerische Ruhe am Kassamarkt

Russland bestimmt derzeit Versorgung und Preise auf dem globalen Getreidemarkt. Das deckelt auch die Erzeugerpreise in Europa. Aber wie lange noch?

Lesezeit: 4 Minuten

Die Erzeugerpreise treten auf der Stelle. Weder neuerliche russische Angriffe auf ukrainische Häfen noch die Wiederaufnahme von EU-Importen oder die Dürrewarnungen auf der Südhalbkugel konnten die Getreidepreise bis jetzt nachhaltig verändern. In der EU ist auch nach der schwierigen Ernte die Versorgung gesichert, sagen Analysten. Demnach fiel die Getreideernte zwar mit insgesamt 267 Mio. t deutlich kleiner aus als noch im Frühjahr er­wartet. Doch höhere Importe als in den Vorjahren ergänzen das Angebot.

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Russische Exporte drücken

Am Preisdrücker sitzt derzeit Russland, wo die Ernteaussichten angesichts guter Erträge steigen. Die Beratungsgesellschaft Ikar rechnet mit einer russischen Weizenernte von 89,5 Mio. t – rund 1,5 Mio. t mehr als in der Juli-Prognose. Russland bestimmt mit niedrigen Exportpreisen das Handelsgeschehen. Die Sorgen vor möglichen Lieferengpässen wegen der Seeblockade auf dem Schwarzen Meer rücken in den Hintergrund. Die russischen Exporte sind laut dem Beratungsunternehmen SovEcon gut angelaufen. In der laufenden Saison (Juli-September) wurde bisher fast 50 % mehr Getreide exportiert als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) geht davon aus, dass sich die russischen Weizenexporte in dieser Saison auf 49 Mio. t belaufen werden. Das wäre ein Anstieg von 3 Mio. t gegenüber dem Vorjahr.

Auf der anderen Seite häufen sich aber auch Meldungen über steigende Nachfrage: Marokko hat aufgrund von Dürreproblemen angekündigt, 2 Mio. t Weichweizen zu importieren. Ähnlich wie Algerien und Ägypten setzen die Nordafrikaner dabei vor allem auf russisches Getreide.

Neuer Korridor ist wackelig

Derweil bleiben die Sorgen um das ­Getreide aus der Ukraine. Seit dem En­de des Schwarzmeer-Abkommens greift Russland verstärkt ukrainische Häfen an und zerstört Läger, Lkw und Bahnkapazitäten. Das hat Folgen: Die Getreideexporte der Ukraine sind in der Saison 2023/24 im Vergleich zum Vorjahr um 28 % auf 6,9 Mio. t gesunken (3,5 Mio. t Weizen, 2,8 Mio. t Mais und 635.000 t Gerste).

Umso erstaunlicher ist, dass sich seit Anfang Oktober die ukrainischen Weizenexporte wieder beleben. Trotz Bombardierungen bleibt die Donau eine wichtige Exportroute. Auch der Seeweg scheint wieder eine Alternative zu sein. Im Schwarzen Meer hat die Ukraine damit begonnen, Schiffe für einen sogenannten humanitären Korridor zu re­gistrieren. So sollen festsitzende Schiffe unter Aufsicht der ukrainischen Armee wieder internationale Gewässer erreichen. Die ersten Getreideschiffe haben so bereits den Weg aus der Krisenregion gefunden. Das Potenzial für höhere Exporte ist jedenfalls gewaltig. Die offi­ziellen Schätzungen der Getreide- und Ölsaatenernte 2023 liegen bei rund 79 Mio. t, d. h. der exportierbare Überschuss läge bei etwa 50 Mio. t für 2023/24. Klar ist aber auch: Der neue Korridor führt deutlich weniger Getreide auf den Weltmarkt als das alte Abkommen mit Moskau. Und die ständige Bedrohung durch Russland bleibt bestehen.

Ausblick

International zeigen Marktteilnehmer bisher wenig Nervosität. Das könnte sich ändern, wenn weniger ukrainische Ware greifbar und gleichzeitig die Ernten auf der Südhalbkugel enttäuschen. Das USDA hat auf globaler Ebene jedenfalls beim Weizen zuletzt den Rotstift angesetzt (s. Beitrag Wettermarkt, top 11-23). Der ­Internationale Getreiderat (IGC) sieht die globale Ernte sogar noch schwächer und veranschlagt die Weizenerzeugung für 2023/24 nur noch auf 783,5 Mio. t. Angesichts der ausbleibenden Niederschläge spekulieren erste Analysten bereits auf steigende Kurse.

Kassamarkt ruht

Derweil ruht der deutsche Getreidehandel weitgehend. Die Abgabebereitschaft aus der Landwirtschaft ist gering, weil Erntearbeiten bei Mais und Zuckerrüben sowie die Aussaat Vorrang haben. Gleichwohl sind weiterhin Partien mit höheren Proteingehalten gesucht, wohingegen die Nachfrage nach Futterweizen schwach bleibt. Die Mühlen und Mischfutterwerke sind bis zum Jahresende gedeckt. Der Exporthandel mit deutschem Getreide ist ebenfalls sehr ruhig.

agrarfax-Meinung

Tiefpunkt erreicht

Die globalen Weizenvorräte schrumpfen, und ohne verlässlichen Seeweg am Schwarzen Meer dürfte nicht mal die Hälfte des ukrainischen Exportpotenzials in 2023/24 per Bahn, Lkw und Binnenschiff den Weltmarkt erreichen. Für diesen Fall sind Preissteigerungen von 20 bis 50 % bei Getreide und Raps möglich, glauben wir. Bei den jetzigen Preisen halten wir die Vermarktung von der Gerste für sinnvoll. Beim Weizen sehen wir die Preistiefstände erreicht. Die Trockenheit auf der Südhalb­kugel könnte Anfang des neuen ­Jahres ­Impulse bringen.

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