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Getreide: Ungräser und Resistenzen nehmen zu!

Ungräser wie Ackerfuchsschwanzgras und Raygräser nehmen in vielen Getreidebeständen zu. Zudem breiten sich Resistenzen gegen bestimmte Wirkstoffe aus. Das sollten Sie heuer dagegen tun.

Lesezeit: 9 Minuten

Unser Autor: Hubert Köppl, Pflanzenschutzreferent der Landwirtschaftskammer OÖ

Im letzten Frühjahr konnte man in vielen Wintergetreidebeständen die hellen Stöcke von Raygräsern beobachten. Später wurden beim Schossen des Getreides die walzenförmigen Ähren des Ackerfuchsschwanzgrases sichtbar.

Schnell gelesen

Mechanische Unkrautbekämpfung hat nur Erfolg bei geringem Druck, kleinem Ungras, lockerem, trockenem Boden und mehrmaligem Striegeleinsatz.

Gute Effekte im Frühjahr mit Herbiziden erzielt man in den ersten 14 Tagen nach Vegetationsstart bei kleinem Ungras.

Weiters müssen Sie die zunehmenden Resistenzbildungen berücksichtigen.

Vor allem bei Raygräsern, Ackerfuchsschwanzgräsern und Windhalm zeigen sich Resistenzen gegenüber den im Frühjahr einsetzbaren Wirkstoffgruppen.

Das Problem mit diesen Ungräsern ist aber nicht plötzlich gekommen, sondern hat sich kontinuierlich in den letzten Jahren aufgebaut. Verschärfend kommt hinzu, dass erste Untersuchungen zeigen, dass einige dieser Gräser und auch Windhalm bereits Resistenzen gegenüber den im Frühjahr einsetzbaren Wirkstoffgruppen zeigen.

Wie erkenne ich die Ungräser?

Das bekannteste Ungras ist der Windhalm. In der Jugendphase sind seine Blätter korkenzieherartig gedreht, die Blätter sind deutlich gerieft. Das Blatthäutchen ist stark gezähnt, die Samen haben eine sehr lange Granne – im Gegensatz zu den Rispengräsern, die keine Granne besitzen und deren Blätter eine deutliche Rille in der Mitte des Blattes („Schispur“) aufweisen.

In seiner Jugendphase ist das Ackerfuchsschwanzgras nicht immer leicht zu erkennen. Im kleinen Stadium ist sein Blatthäutchen im Gegensatz zu Windhalm wie ein Fuchsschwanz gezähnt. Blüht es, besitzt das Ungras eine dichte und etwas schlankere Ähre als das Wiesenfuchsschwanzgras. Es keimt hauptsächlich im Herbst, kann aber bei wenig Bodenbeschattung auch im Frühjahr keimen. Seine Samen sind länger keimfähig als jene des Windhalms (5 bis 6 Jahre, in Extremfällen bis 20 Jahre). Ein Teil der Samen fällt schon relativ rasch vor der Ernte des Getreides aus. Es kann im Frühjahr auch in Maisbeständen, Soja, aber auch in Brachen und Blühflächen auflaufen.

Bei uns dominiert das Deutsche Weidelgras, untergeordnet sind das Welsche Weidelgras sowie Bastarde von diesen. Erkennbar sind sie an den glänzenden Blättern. Die Samen an der s-förmig geschlängelten Ähre sind flach zur Längsachse angeordnet (bei der Quecke liegen sie quer), die Keimfähigkeit beträgt ca. fünf Jahre. Die Samen fallen erst bei der Ernte des Getreides aus.

Es gibt viele Arten von Trespen, bedeutend sind bei uns u. a. die Taube und die Dachtrespe. Die Blattspreiten sind behaart. Die Lebensfähigkeit im Boden beträgt nur ein bis zwei Jahre, die Keimruhe ist gering. Die Einwanderung erfolgt meist vom Feldrand. Wendende Bodenbearbeitung kann das Samenpotenzial im Boden stark reduzieren.

Vorbeugende Maßnahmen

Die genannten Ungräser treten hauptsächlich in Winterungen auf – in Sommerungen kommen sie, mit Ausnahme von Raygräsern, eher untergeordnet vor. Fruchtfolge mindert daher das Risiko der Ausbreitung. Reduzierte Anbausysteme können die Gräserproblematik verschärfen. Bei feuchten Bedingungen im Herbst und frühem Anbau haben viele flach keimende Ungräser gute Entwicklungsbedingungen.

In einem milden Winter findet zusätzlich ein stetiges Wachstum statt. Versuche in Deutschland haben gezeigt, dass die effektivste vorbeugende Maßnahme ein nicht zu früher Anbau ist – Wintergerste erst ab Ende September anbauen, Winterweizen ab Mitte Oktober. Mechanische Bodenbearbeitung vor dem Anbau vernichtet die bereits aufgelaufenen Ungräser oder man legt ein „falsches“ Saatbett an und setzt dann gegen die aufgelaufenen Gräser ein glyphosathältiges Herbizid ein.

Mit einem überbetrieblichen Maschineneinsatz erfolgt eine weite Verbreitung der Samen. Bei stark verseuchten Feldern sollten die Geräte vor dem Verlassen des Feldes gereinigt werden. Raygraseinsaaten in Begrünungen bzw. Untersaaten in Hauptkulturen sollten auch vermieden werden.

Direkte Maßnahmen

Mechanische Methoden zur Bekämpfung haben nur Erfolg bei geringem Druck, kleinem Ungras, lockerem, trockenem Boden und mehrmaligem Striegeleinsatz und nachfolgend trockener Witterung. Im Frühjahr können bei passender Witterung nur kleine, noch nicht bestockte Pflanzen erfasst werden.

Gegen Ungräser ist bei frühem ­Anbau und hohem Druck – auch aus re­sistenzvorbeugenden Gründen – eine Herbstbehandlung empfehlenswert. Wurde eine solche durchgeführt, so sind diese Flächen trotzdem im Frühjahr zu kontrollieren, insbesondere in jenen Regionen, wo die Witterung eher trocken war. Aus deutschen Untersuchungen ist bekannt, dass man zur Reduzierung des Vermehrungspotenzials einen sehr hohen Bekämpfungserfolg von über 97 % erzielen muss. Bei starkem Druck muss eine Herbst- und eine Frühjahrsbehandlung erfolgen.

Gute Effekte im Frühjahr mit Herbiziden erzielt man nur dann, wenn die Maßnahmen in den ersten 14 Tagen nach Vegetationsbeginn bei kleinem Ungras erfolgen. In manchen Jahren war der optimale Termin bereits Mitte März, Termine in der ersten Aprilwoche waren nicht mehr so erfolgreich.

Die senkrecht stehenden Gräserhalme können am besten mit Doppel-flachstrahldüsen benetzt werden. Gegen stark bestockte oder bereits schossende Pflanzen ist die Wirkung bei Ackerfuchsschwanzgras unzureichend, bei Raygräsern ist eine Behandlung mit vollen Aufwandmengen im Fahnenblattstadium des Getreides noch als „Feuerwehrmaßnahme“ möglich, sollte aber nicht zum Standard werden.

Schmale Palette im Frühjahr

In Wintergerste ist im Frühjahr die Palette der zur Verfügung stehenden Produkte eher schmal. Axial Komplett (1,3 l/ha) erfasst Ackerfuchsschwanz- und Raygras gut und bekämpft auch Klettenlabkraut und Kamille. Lücken bestehen bei Taunessel-Arten, Ehrenpreis-Arten und Ackerstiefmütterchen. Als reiner Gräserspezialist kann Axial 50 (1,2 l/ha) eingesetzt werden.

In Mischungen mit Herbiziden gegen breitblättrige Unkräuter kann die Wirkung herabgesetzt sein, in unseren Versuchen hatten wir in den letzten Jahren aber gute Erfahrungen mit der Beimengung von Biathlon 4D (70 g/ha) und Dash E.C. (1 l /ha). 

In Weizen, Triticale und Roggen ist eine breitere Palette an Produkten vorhanden, auf die Zulassung in den einzelnen Getreidearten ist aber zu achten. Spezialisten (alle mit höherer Aufwandmenge) zur direkten Bekämpfung sind Atlantis OD (1 l/ha plus Mischpartner gegen breitblättrige Unkräuter), Avoxa (1,8 l/ha, ev. plus 40 g/ha Pointer Plus), Broadway (220 g/ha + 1,1 l/ha Netzmittel) bzw. das neue Broadway Plus (60 g/ha + 1 l/ha Netzmittel) oder Axial 50 (1,2 l/ha – wie in Gerste).

Im Biathlon-Weizenpack muss die Aufwandmenge von Altivate auf 250 g/ha (nur im Winterweichweizen) erhöht werden (50 g/ha Biathlon 4D + 0,71 l/ha Dash). Trespen sind chemisch schwer zu bekämpfen. Sie wandern gerne vom Feldrand ein. Eine Teilwirkung besitzen Broadway (250 g/l) bzw. Broadway Plus (60 g/ha), jeweils plus Netzmittel. In der Praxis hat sich in Wintergerste in den feuchteren Anbaulagen die Kombination aus 0,8 kg/ha Artist und 120 ml/ha Sekator OD bewährt. Bei sehr trockener Frühjahrswitterung kann jedoch die Wirkung v. a. gegen Windhalm nicht immer ausreichend sein.

Eine temperaturunabhängige Möglichkeit der Windhalmbekämpfung besteht auch mit 2 l/ha Lentipur 500. Es kann z. B. mit 70 g/ha Biathlon 4D plus 0,5 l/ha Dash, 50 g/ha Pointer plus, 25 g/ha Saracen Max oder 60 g/ha Flame Duo gemischt werden – gegen Ehrenpreis-Arten kann zu letzteren beiden auch noch 25 bis 30 g/ha Aim 40 WG ergänzt werden.

Husar OD zeigt auf manchen Standorten leichte Schwächen gegen Windhalm. Es ist jedoch etwas breiter wirksam als z. B. Axial komplett. Nur bei kleinen Unkrautpflanzen und nicht bestocktem Windhalm sind auch noch Concert SX (nur 90 g/ha) oder Harmony extra SX möglich.

Die stärksten Produkte im Weizen, Triticale oder Roggen gegen Windhalm und Unkräuter im Frühjahr sind Broadway Plus (40 bia 60 g/ha + 0,6 l/ha Netzmittel) und Husar Plus (0,2 l/ha) sowie Kombinationen von Atlantis OD (0,5 l/ha) mit Sulfonylharnstoffen wie 0,15 l/ha Sekator OD („Sekator Plus“) oder Croupier OD (0,6 l/ha).

Wuchsstoffkombis möglich

Eine weitere Möglichkeit besteht mit einer Kombination aus 1,1 bis 1,35 l/ha Avoxa, z. B. mit 40 g/ha Pointer Plus. Broadway Plus hat mit 50 bis 60 g/ha auch eine gute Wirkung gegen Rote Taubnessel, Ehrenpreis-Arten und Ampfer. Bei etwas wärmeren Temperaturen (nachts nicht unter 5 °C, tagsüber 8 bis 10 °C) sind auch wuchsstoffhältige Kombinationen (Arrat, Aniten flüssig, Gentis) möglich, wobei der Wuchsstoff Halauxifenmethyl in Pixxaro EC, Zypar und im neuen Broadway Plus die geringsten Temperaturansprüche hat und diese Produkte auch in Tagen ohne Nachtfröste eingesetzt werden können.

Bei sehr wüchsigen Bedingungen sind auch reine Wuchsstoffe (z. B. Duplosan Super) einsetzbar. Gegen Windhalm sind Mischungen mit Atlantis OD (nicht mit carfentrazonehältigen Produkten wie z. B. Aim 40 WG) oder Lentipur 500 (2 l/ha) möglich. Hat Distel zu diesem Zeitpunkt schon eine Blattrosette entwickelt, dann wird sie miterfasst.

Resistenzen nehmen zu

Seit 2015 gibt es in Nieder- und Oberösterreich nachgewiesene Resistenzen bei Windhalm gegen gräseraktive ALS-Hemmer (Sulfonylharnstoffe wie Atlantis OD, Broadway, Concert SX, Husar plus, etc.). Aktuelle Untersuchungsergebnisse von Verdachtsproben gibt es in der Übersicht: Je höher die Note, desto höher ist der Resistenzgrad. Es wurden verschiedene ALS Hemmer getestet, wobei ALS IV nicht im Getreide verträglich ist.

Leider gibt es auch schon einige Proben, wo die Herbizide aus der HRAC-Gruppe A (DEN, FOP I; „ACCase-Hemmer) nicht mehr zu 100 % wirken. In die Klasse der DENs fällt z. B. der Wirkstoff Pinoxaden in Axial 50, Axial Komplett und Avoxa. Aus resistenzvorbeugenden Gründen ist daher in Wintergetreide (v. a. in Wintergerste) eine Herbstunkrautbekämpfung anzustreben – dort kommen völlig andere, weniger resistenzgefährdete Wirkstoffe zum Einsatz.

In Wintergerste kann im Frühjahr bei resistentem Windhalm mit 2 l/ha Lentipur 500 gearbeitet werden, wobei auch beim Wirkstoff Chlortoluron eine gewisse Resistenzgefahr besteht. Liegt nur eine Resistenz gegen ALS-Hemmer vor, ist z. B. noch Axial komplett oder Axial 50 in Kombination mit Biathlon 4D einsetzbar.

In den anderen Wintergetreidearten kann je nach Zulassung auch Lentipur 500 eingesetzt werden. Avoxa (1,35 l/ha) ist eine Kombination aus dem ACCase-Wirkstoffe Pinoxaden und dem ALS-Hemmer Pyroxsulam. In den Untersuchungen zeigt sich (in der letzten Spalte der Tabelle unter DEN und ALS II angeführt) auch schon eine leichte Minderwirkung, deshalb ist die Resistenzstrategie breiter anzulegen. Ohne vorbeugende Maßnahmen wie oben genannt und einer Herbstherbizidbehandlung können Resistenzprobleme mit Ungräsern nicht in den Griff bekommen werden.

Erste Resistente Raygräser

Leider gibt es wie bei Windhalm vereinzelt in Ober- und Niederösterreich auch bereits resistente Raygräser bzw. Ackerfuchsschwanzgras – sowohl gegen ALS-Hemmer als auch gegen Wirkstoffe aus der Gruppe der ACCase-Hemmer (Gräserprodukte wie Axial 50, Fusilade Max, Focus Ultra, etc.).

Hier besteht nur mehr eine Bekämpfungsmöglichkeit im Herbst mit bodenaktiven Wirkstoffen hauptsächlich auf Basis des Wirkstoffes Flufenacet, dessen Zulassungsverlängerung auch sehr unsicher ist.

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