Der offenbar illegal begradigte Bachlauf im Rappenalptal bei Oberstdorf hatte im November die Frage aufgeworfen, wer das war. Medien und Naturschützer vermuteten schnell die ansässige Alpgenossenschaft hinter der Aktion.
Sie habe im August 2022 nach einem Hochwasser mit Kiesüberschwemmungen auf den Weiden das Bachtal ausgebaggert, heißt es. Dabei sei ein intaktes Ökosystem im FFH-Gebiet komplett zerstört worden.
Die Mitglieder schwiegen bislang zu dem Thema. Nun konnte der Bayerische Rundfunk mit dem Vorsitzenden der Alpgenossenschaft, dem Hotelier Hannes Thaumiller, sprechen. Dieser widerspricht der Darstellung von Landrätin Indra Baier-Müller (Freie Wähler), dass dem Amt für eine so umfassende Maßnahme kein Antrag vorgelegen habe und man auch keine Kenntnis gehabt habe.
Experte des Amtes war dabei
Laut Thaumiller sei ein Experte des Landratsamtes im Rappenalptal zur Besichtigung vor Ort gewesen. In einem Aktenvermerk seien genau diejenigen Arbeiten beschrieben, die dort gemacht werden dürfen. Das hätten die Mitglieder als "Genehmigung" aufgefasst. So habe das Landratsamt auch die Kosten für die Bauarbeiten übernommen. Danach hätten sich die Behörden offenbar bis zum öffentlichen Bekanntwerden der Zerstörung nicht mehr um die Bagger im Rappenalptal gekümmert, mutmaßen der BR und der Vorsitzende.
Baier-Müller hatte hingegen bei einer Pressekonferenz am 8. Dezember gesagt, dass die Alpgenossenschaft weit über die abgestimmten Maßnahmen hinausgegangen sei und sich nicht an Abstimmungen gehalten habe. Eine genaue juristische Einschätzung der Schuldfrage müssen nun wohl die Gerichte treffen, schlussfolgert der Sender.
Zahlreiche Anfeindungen gegen Thaumiller
Für Hannes Thaumiller und seine Familie jedenfalls würde die Situation einem Alptraum gleichen, berichtet der BR weiter. Er erzählte im Interview von „zahlreichen Anfeindungen“, von der Hausdurchsuchung durch die Staatsanwaltschaft und der Existenzangst um sein Hotel.
Die Vorwürfe der Landrätin bezeichnet er als „Lügen“, sie würde in der Öffentlichkeit die „Tatsachen verdrehen“. Die Schäden, die das angerichtet hätte in seinem Leben und in der gesamten Alpwirtschaft, seien nicht wiedergutzumachen.
Fehleinschätzung des Landratsamtes
Thaumiller zufolge könnten die "genehmigten" Arbeiten im Nachhinein eine "Fehleinschätzung" des Landratsamtes gewesen sein, nämlich wenn es um die Definition geht, ob dies noch ein genehmigungsfreier "Gewässererhalt" oder bereits ein "Gewässerausbau" sei. Ein Gewässerausbau hätte in dem streng geschützten Naturschutzgebiet vorab umfangreiche Genehmigungsverfahren erfordert. Mit so einer Definitionsabwägung sei die Alpgenossenschaft in all den Jahrzehnten nicht befasst gewesen.
Naturschützer liegen falsch
Als ebenso falsch bezeichnet der Vorsitzende Behauptungen der Naturschützer, dass das Rappenalptal vor den Baggerarbeiten ein unberührtes Biotop gewesen sei. Durch die örtlichen Gegebenheiten sei der Rappenalpbach "ständigen Veränderungen" durch Hochwasser und Lawinen ausgesetzt. Dies belegte der 57-jährige Oberstdorfer mit Bildern aus den Jahren 1999 und 2005, als Hochwasser massive Verwüstungen im Tal angerichtet hatte - und schon damals umfangreiche Bagger- und Planierraupenarbeiten und Bauarbeiten am Alpweg notwendig gemacht hatte.