Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

topplus KI und Pflanzenzucht

Schneller züchten mit KI: Sorteneigenschaften voraussagen

Abkürzungen nehmen bei der Saatgutzucht? Mit neuesten Technologien macht das Unternehmen Computomics Kreuzungsvorhersagen. Über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Pflanzenzucht.

Lesezeit: 5 Minuten

Im Interview mit Dr. Sebastian J. Schultheiss vom 2012 gegründeten Unternehmen Computomics geht es um die Möglichkeiten, die der Einsatz von bioinformatischen Methoden und Künstlicher Intelligenz (KI) für die Saatgutentwicklung hat.

top agrar: Sie zählen Saatgutunternehmen zu Ihren Kunden und helfen ihnen bei der Entwicklung besserer Sorten. Durch Ihre Analysemöglichkeiten soll das schneller gehen als bei herkömmlichen Züchtungsmethoden mit langwierigen Pflanzversuchen. Erklären Sie das bitte einmal. Was können Sie dem Unternehmen bieten?

Das Wichtigste zum Thema Perspektiven dienstags, alle 14 Tage per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Dr. Sebastian J. Schultheiss: Computomics bietet Saatgutunternehmen präzise Kreuzungsvorhersagen mithilfe von KI, die die Entwicklung besserer Sorten beschleunigen. Wir verkürzen langwierige Pflanzversuche, weil unsere Analysen eine präzisere Vorhersage von Merkmalen wie Ertrag, Krankheitsresistenz oder Nährstoffgehalt in bestimmten Umgebungen ermöglichen.

Mit diesen Vorhersagen können Saatgutunternehmen Sorten schneller identifizieren, die den Anforderungen der Landwirte und der Marktnachfrage entsprechen — sowohl für derzeitige als auch für zukünftige Klimabedingungen. Wir bieten Lösungen an, die es Unternehmen ermöglichen, ihre Züchtungsprogramme effizienter zu gestalten und Wettbewerbsvorteile zu erlangen.

Umwelteinflüsse in die Sortenentwicklung integrieren

Welche Beispiele zeigen, wie Sie bei einer Sortenentwicklung helfen können?

Schultheiss: Die Entwicklung einer neuen Sorte ist ein zeitintensiver, ressourcenintensiver und langwieriger Prozess. Von der ersten Kreuzung und dem Anbau im Feld bis zur Markteinführung dauert es im Schnitt 10 Jahre.

Wir arbeiten daher in der Regel über mehrere Jahre mit unseren Kunden zusammen. Ein langjähriger Kunde von uns, Beck’s Hybrids, bringt dieses Jahr die ersten Sorten an den Markt, die mithilfe unserer Technologie entwickelt wurden. Wir haben hierfür Maschinelles Lernen angewendet, um Umwelteinflüsse in die Sortenentwicklung zu integrieren. Dies ermöglicht eine genauere Vorhersage der Leistung von Pflanzensorten unter verschiedenen Bedingungen.

Ein weiteres Beispiel ist die Züchtung haltbarer Sorten im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. Zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Biologie und Colugo haben wir nachgewiesen, wie mit Hilfe von KI und Bildaufnahmen komplexe Zusammenhänge zwischen Haltbarkeit und möglichen genetischen Merkmalen hergestellt werden können, die für die Haltbarkeit der Pflanze relevant sind. Dadurch reduzieren wir aufwändige, langwierige Versuchszüchtungen in Gewächshäusern sehr stark.

Sortenzucht: Dürretoleranz und Ertrag vorhersagen

Welche Möglichkeiten haben Sie, die Sorten auf den Klimawandel, mehr Dürretoleranz oder besserem Schutz bei Wetterextremen hin zu züchten? Dafür ist ja nicht nur ein Gen zuständig? 

Schultheiss: Da haben Sie absolut recht. Dürretoleranz oder auch Ertrag hängt von vielen Genen ab. Wir sprechen hier von komplexen Merkmalen. Komplexe Merkmale werden von einer Reihe von Genen und Umweltfaktoren beeinflusst. Das macht es schwierig, die Auswirkungen jedes Gens zu erkennen und sie zu kategorisieren.

Die Anwendung von statistischen Verfahren bei der Analyse von komplexen Merkmalen haben hier deutliche Grenzen. Unsere KI-Technologie kann eine Vielzahl von verschiedenen Daten berücksichtigen. Daraus erstellt sie Modelle, die auch komplexe genetische Regulationsnetzwerke abbilden können, in denen die Zusammenhänge nichtlinear oder von vielen äußeren Faktoren abhängig sind. Damit erzielen wir eine hohe Vorhersagegenauigkeit selbst bei komplexen Merkmalen.

Eine Sorte für alle Umweltbedingungen

Widersprechen sich die Anforderungen mitunter bei der Sequenzierung? Zum Beispiel größere Dürretoleranz vs. größere Toleranz bei Starkregen oder Ähnliches?

Schultheiss: Züchter suchen meist nach einer Sorte, die unter fast allen Umweltbedingungen gute Erträge liefert. Wenn wir das Ziel so formulieren, können wir die Vorhersagen daran ausrichten. Bei unserer Methode verwenden wir eine Auswahl an möglichen - mitunter extremen - Wetterverläufen, die in einer Anbauperiode an einem bestimmten Standort passieren könnten. Mithilfe von Klimamodellen schließen wir auch Bedingungen mit ein, wie sie erst in 15 bis 20 Jahren verlaufen werden. Dabei versuchen wir nicht, ein bestimmtes Szenario vorherzusagen, sondern suchen nach Sorten, die laut Vorhersage mit möglichst allen potentiellen Bedingungen zurechtkommen.

Genau diese unterschiedlichen Umweltbedingungen und die Ergebnisse aus vergangenen Feldversuchen mit genauen Wetter- und Klimadaten ermöglichen es uns, ein Vorhersagemodell zu entwickeln, das uns zeigt, wie eine neue Kreuzung auf bestimmte Bedingungen reagieren wird. Wir können Klimavorhersagen an praktisch jedem Ort der Welt einbeziehen (oder Umweltbedingungen im Gewächshaus), sodass wir vielen Züchtern helfen können.

Nicht gentechnisch verändert"

Wenn es um Gen-Themen geht, denken viele sofort an „gentechnisch verändert“ oder CrisprCas. Gelten Ihre Sorten als „gentechnisch verändert“? Nutzen Sie die Genschere? 

Schultheiss: Nein, wir verändern nichts an den Genen, sondern geben nur Hinweise, welche Kreuzungen durchgeführt werden sollten. Unser Ansatz ist unabhängig von traditionellen gentechnischen Verfahren, CRISPR/Cas9 oder anderen Methoden der Genomeditierung, um bei der Sortenentwickelung zu unterstützen.

Stattdessen konzentrieren wir uns auf die Anwendung fortschrittlicher Analysetechnologien und bioinformatischer Ansätze, um genetische Informationen zu verstehen und Merkmale in Pflanzen zu verbessern. Unsere Methoden basieren auf der Analyse großer Datensätze und der Identifizierung genetischer Marker oder kausaler Gene, die mit gewünschten Eigenschaften korrelieren. Dies ermöglicht eine gezielte Zucht von Sorten mit verbesserten Merkmalen, unabhängig von Gentechnik.

Ihre Meinung ist gefragt

Was halten Sie von diesen innovativen Züchtungsmethoden mittels Künstlicher Intelligenz? Haben Sie noch Fragen dazu? Welche Chancen sehen Sie darin? Welche Gefahren? Schreiben Sie mir gern Ihre Meinung an eva.piepenbrock@topagrar.com

Mehr zu dem Thema

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.