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topplus Wein statt Schwein

Landwirt baut Wein am Hang des Teutoburger Waldes an

An den Hängen des Teutoburger Waldes in Bad Iburg wächst Wein. Bald stehen dort sogar noch ein paar Reben mehr. Der ehemalige Sauenbetrieb Brinkmann setzt auf die Nische.

Lesezeit: 5 Minuten

Man kommt schnell außer Atem, wenn man an den fein säuberlich in Reihe gepflanzten Weinreben der Brinkmanns hochläuft. Offiziell ist der Weinberg in Bad Iburg auch die einzige Steillage in Niedersachsen – 27 %. Doch Jan Brinkmann spricht lieber von „Hanglage“, denn es gebe ja schließlich noch deutlich steilere Lagen in Deutschland.

Gerade ist der Rebschnitt in den letzten Zügen. Auf den gut 1,5 ha muss der gelernte Junglandwirt an jeder Rebe bis auf zwei Ruten alle zurückschneiden und diese dann entlang der aufgespannten Drähte biegen. So ist die Grundlage für den idealen Wuchs in diesem Jahr gelegt.

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Mittlerweile ist Familie Brinkmann im 5. Anbaujahr und hat vier Weine und einen Secco im Angebot. Letzterer wurde sogar kürzlich prämiert. Das geht nur, wenn die ganze Familie dahintersteht. Davon ist auch Seniorchefin Renate Brinkmann überzeugt. Zwei ihrer drei Söhne haben Landwirtschaft gelernt und der dritte ist Grafiker. Der mache dann die Werbung für die Produkte.

Dass auf dem Betrieb gerade etwas im Umbruch ist, sieht man auch an dem großen Container mit Altmetall – die alte Stalleinrichtung. Renate Brinkmann hat zusammen mit ihrem Mann Gerd über 30 Jahre auf dem Hof Sauen gehalten. Doch seit Weihnachten 2022 gibt es keine Schweine mehr auf dem Hof, nur noch Wein, Hanf und Sonnenblumen.

Wandel als Chance

Zum einen hatte die schwierige Marktlage zu der Entscheidung geführt, aber vor allem die unsicheren Perspektiven. „Man weiß nicht wie man die Ställe umbauen soll, um zukunftssicher zu sein“, meint Jan Brinkmann. Er kümmert sich nun hauptsächlich um den Weinbau auf dem Betrieb.

Die Idee in den Weinbau einzusteigen kam bereits 2015. Der Vater hörte im Radio davon, dass Niedersachsen als letztes Bundesland nun auch zum ­ersten Mal Weinbaurechte vergeben würde. Jan Brinkmann schaute sich am gleichen Abend erst mal „Die Sendung mit der Maus“ zum Thema Wein an: „Wir haben bei Null angefangen.“

Wir haben bei Null angefangen. - Jan Brinkmann

Nach dieser Initialzündung kam Bewegung in die Sache. Im Jahr 2016 beantragten sie 0,5 ha Anbaufläche und im Folgejahr nochmals 1 ha. Pro Jahr werden in Deutschland nur 0,3 % der bestehenden Anbaufläche neu ausgewiesen. Das sind ungefähr 300 ha pro Jahr. Jan Brinkmann machte Praktika in Franken und im Jahr 2018 wurde gepflanzt. top agrar berichtete auch damals bereits.

Weinbauer wird man nicht über Nacht, aber gerade beim Anbau kam die landwirtschaftliche Ausbildung zu Gute: „Ich kann mich in den Boden und eine Pflanze reindenken“, meint Jan Brinkmann. Der Ausbau findet in Rheinhessen statt. Das könne man zwar auch lernen, aber da fehle es ihnen noch etwas an Erfahrung.

Irgendwann soll es aber auch vor Ort stattfinden. Das hat auch mit Kennzeichnungsrechten zu tun. Denn momentan dürfen die Brinkmanns nicht „Wein aus Niedersachsen“ auf das Etikett schreiben. Dafür müsste die Region ein anerkanntes Weinbaugebiet werden.

So steht momentan nur „Deutscher Wein“ auf dem Etikett. Gleich daneben muss aber nach Verpackungsverordnung „Bad Iburg“ ausgewiesen werden. Sowas sorgt bei Jan Brinkmann für Kopfschütteln: „Das muss man nicht verstehen, aber das ist so.“

Viele Hände, schnelle Arbeit

Genau wie die vielen freiwilligen Erntehelfer, die jeden Herbst bei den Brinkmanns mit anpacken. Sechzig von ihnen „an der Schere“ – sie ernten also die Trauben, zehn fahren Maschinen und zehn sorgen für die Verpflegung. Die zwei Samstage sind meist ein richtiges Event. Am gleichen Tag geht es für die Trauben dann immer im Lkw Richtung Rheinhessen. Dort werden die Trauben gepresst und vergoren und in Tanks eingelagert.

Abgefüllt und etikettiert wird alles in Rheinhessen, weil dort die passende Infrastruktur sei: „Wenn ich hier in der Region Schweine halte, habe ich auch Mischfutterwerke und Besamungsstationen in der Umgebung“, so Jan Brinkmann.

Momentan bereitet ihm eher Kopfzerbrechen, dass es kaum Glasflaschen gebe. Die Preise liegen bei gut 50 ct pro Flasche. Beim allersten Wein waren es 18 ct inklusive der Aufschläge für Kleinmengen. Die Vermarktung erfolgt fast ausschließlich regional. Dafür sind Brinkmanns viel auf Märkten unterwegs. Für dieses Jahr planen sie auch ein eigenes Weinfest in Bad Iburg. Zudem haben sie einen kleinen Hofladen und bieten Führungen an. Im eigenen Onlineshop verkaufen sie hingegen nur kleine Mengen. Letztlich bleibe es ein Produkt für den regionalen Gaumen.

Zukunftspläne

Bald soll es dafür einen Verkaufsautomaten auf dem Hof geben, denn der Hofladen hat nur an zwei Tagen in der Woche auf. Dadurch erhoffen sie sich mehr Flexibilität. Momentan ist der dritte geerntete Jahrgang im Verkauf. Mittlerweile sind sie bei „einigen tausend Flaschen“, die sie zu 12 € die Flasche verkaufen. In diesem Jahr wollen sie auch einen weiteren Hektar Wein pflanzen. Hier haben sich Kosten für Pfähle ebenfalls verdreifacht auf 20 € das Stück.

Trotzdem können sich die Brinkmanns gut behaupten, weil sie zu Beginn eher konservativ kalkuliert haben. Bisher mussten sie auch nicht ihre Preise erhöhen. Im Absatz merke man zwar, dass bei den Leuten das Geld nicht mehr so locker sitze, aber insgesamt könnten sie immer noch zufrieden sein. Durstige Wanderer, die die einzigartige Niedersächsische Hang- oder Steillage auf sich genommen haben, überlegt Jan Brinkmann mit einer Weinzapfstation direkt am Weinberg abzufangen. Ideen um die Nische auszubauen fehlen Brinkmanns jedenfalls nicht.

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