Seit dem 1. Januar 2023 gilt die geänderte Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV), wonach Kälber für den Transport mindestens 28 Tage statt wie bisher 14 Tage alt sein müssen. Landwirte müssen sich daran bereits halten und haben ggf. in Haltungstechnik investiert. Jetzt wird aber deutlich, dass sich Bund und Länder in Detailfragen noch uneinig sind.
Die Verordnung ist auf Bundesebene beschlossen worden. Zuständig für die Durchführung des Tierschutzrechts sind jedoch die Behörden in den Ländern, in der Regel die Veterinärämter. Die Länder können die Verordnung unterschiedlich auslegen und tun das auch, wie folgendes Beispiel zeigt.
Was gilt für den Transport zur Sammelstelle?
Die Verordnung regelt den „innerstaatlichen Transport“ von Kälbern. Die Frage ist: Gilt die Vorschrift auch für Kälbertransporte zu einer Sammelstelle, wenn die Kälber von dort aus weiter zu ausländischen Betrieben befördert werden?
Niedersachsen: Erst mit 28 Tagen zur Sammelstelle
Das Niedersächsisches Landwirtschaftsministerium beantwortet die Frage in einem Schreiben, das top agrar vorliegt. Demnach würden Kälbertransporte zur Sammelstelle unter die TierSchTrV fallen und somit gelte das Mindesttransportalters von 28 Tage, auch wenn der Bestimmungsort der Kälber im Ausland liegt. Ein „Bestimmungsort“ ist als Aufenthalt von mehr als 48 Stunden definiert.
Hessen: Transport zur Sammelstelle ist nicht „innerstaatlich“
Das Hessische Landwirtschaftsministerium sieht das ganz anders (Schreiben liegt top agrar vor). Demzufolge seien Kälbertransporte zu einer Sammelstelle nicht vom erhöhten Mindesttransportalter betroffen, wenn der Bestimmungsort der Kälber im Ausland liegt.
Außerdem: Wenn ein Kalb von einem deutschen Milchviehbetrieb an eine Sammelstelle im Ausland transportiert und von dort an einen Mastbetrieb in Deutschland weiterbefördert wird, gelte das Mindesttransportalter von 28 Tagen nicht. Denn der Versandtort liege in diesem Fall im Ausland.
BMEL ist noch „im Austausch“
Demnach gelten aktuell deutlich unterschiedliche Regelungen in Deutschland. Eine Abstimmung war bisher scheinbar noch nicht möglich, wie ein vorliegendes Schreiben vom BMEL an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zeigt: „Das BMEL befindet sich zu der Auslegung der Neuregelung des Mindesttransportalters von Kälbern mit den Ländern im Austausch.“ Die Bundesregierung will sich außerdem für einheitliche Regelunge auf EU-Ebene einsetzen.
DBV: Paradebeispiel für unausgewogene Tierschutzgesetzgebung
Für den Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Karsten Schmal, ist diese Situation äußerst unbefriedigend.
„Deutschland ist keine Insel, sondern integriert im Europäischen Binnenmarkt. Die Anhebung des Mindesttransportalters von Kälbern ausschließlich für den innerdeutschen Transport ist deshalb ein Paradebeispiel für unausgewogene Tierschutzgesetzgebung. Dass sich nun die Bundesländer nicht einig sind in der juristischen Auslegung der gemeinsam im Bundesrat vorgenommenen Regelungen, ist ein Schildbürgerstreich. Die Bundesregierung ist gefordert, zügig auf EU-Ebene eine einheitliche Regelung herbeizuführen!“
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Seit dem 1. Januar 2023 gilt die geänderte Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV), wonach Kälber für den Transport mindestens 28 Tage statt wie bisher 14 Tage alt sein müssen. Landwirte müssen sich daran bereits halten und haben ggf. in Haltungstechnik investiert. Jetzt wird aber deutlich, dass sich Bund und Länder in Detailfragen noch uneinig sind.
Die Verordnung ist auf Bundesebene beschlossen worden. Zuständig für die Durchführung des Tierschutzrechts sind jedoch die Behörden in den Ländern, in der Regel die Veterinärämter. Die Länder können die Verordnung unterschiedlich auslegen und tun das auch, wie folgendes Beispiel zeigt.
Was gilt für den Transport zur Sammelstelle?
Die Verordnung regelt den „innerstaatlichen Transport“ von Kälbern. Die Frage ist: Gilt die Vorschrift auch für Kälbertransporte zu einer Sammelstelle, wenn die Kälber von dort aus weiter zu ausländischen Betrieben befördert werden?
Niedersachsen: Erst mit 28 Tagen zur Sammelstelle
Das Niedersächsisches Landwirtschaftsministerium beantwortet die Frage in einem Schreiben, das top agrar vorliegt. Demnach würden Kälbertransporte zur Sammelstelle unter die TierSchTrV fallen und somit gelte das Mindesttransportalters von 28 Tage, auch wenn der Bestimmungsort der Kälber im Ausland liegt. Ein „Bestimmungsort“ ist als Aufenthalt von mehr als 48 Stunden definiert.
Hessen: Transport zur Sammelstelle ist nicht „innerstaatlich“
Das Hessische Landwirtschaftsministerium sieht das ganz anders (Schreiben liegt top agrar vor). Demzufolge seien Kälbertransporte zu einer Sammelstelle nicht vom erhöhten Mindesttransportalter betroffen, wenn der Bestimmungsort der Kälber im Ausland liegt.
Außerdem: Wenn ein Kalb von einem deutschen Milchviehbetrieb an eine Sammelstelle im Ausland transportiert und von dort an einen Mastbetrieb in Deutschland weiterbefördert wird, gelte das Mindesttransportalter von 28 Tagen nicht. Denn der Versandtort liege in diesem Fall im Ausland.
BMEL ist noch „im Austausch“
Demnach gelten aktuell deutlich unterschiedliche Regelungen in Deutschland. Eine Abstimmung war bisher scheinbar noch nicht möglich, wie ein vorliegendes Schreiben vom BMEL an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zeigt: „Das BMEL befindet sich zu der Auslegung der Neuregelung des Mindesttransportalters von Kälbern mit den Ländern im Austausch.“ Die Bundesregierung will sich außerdem für einheitliche Regelunge auf EU-Ebene einsetzen.
DBV: Paradebeispiel für unausgewogene Tierschutzgesetzgebung
Für den Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, Karsten Schmal, ist diese Situation äußerst unbefriedigend.
„Deutschland ist keine Insel, sondern integriert im Europäischen Binnenmarkt. Die Anhebung des Mindesttransportalters von Kälbern ausschließlich für den innerdeutschen Transport ist deshalb ein Paradebeispiel für unausgewogene Tierschutzgesetzgebung. Dass sich nun die Bundesländer nicht einig sind in der juristischen Auslegung der gemeinsam im Bundesrat vorgenommenen Regelungen, ist ein Schildbürgerstreich. Die Bundesregierung ist gefordert, zügig auf EU-Ebene eine einheitliche Regelung herbeizuführen!“