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Nicht kritikfähig

Auch Spaniens Bauern protestieren – oft aber zu Unrecht

Seit Wochen blockieren spanische Bauern wie anderswo in Europa Straßen. Sie wollen mehr Hilfen, weniger EU-Bürokratie und prangern den Billig-Wettbewerb an, den sie selbst forcieren.

Lesezeit: 4 Minuten

Unsere Autorin: Stefanie Claudia Müller

Für Ricardo Miguelañez sind die seit Mitte Januar andauernden Bauernproteste in Spanien legitim, aber der Agraringenieur glaubt, dass es sinnvoller ist, den Menschen zu erklären, welche Bedeutung die Landwirtschaft für die Gesellschaft hat, statt Straßen und Zugänge zu blockieren.

Er startete deswegen mit Genossenschaften, Firmen, Agro-Experten und Lobbys im vergangenen Jahr die Kampagne „Si yo no produzco, tu no comes“ (Wenn ich nicht produziere, isst du nicht): „Es gibt viele Legenden über die landwirtschaftliche Produktion“, sagt Miguelañez, der selbst auf einem Bauernhof groß wurde.

Auf die Frage, wie er zu der Kritik von einigen EU-Wettbewerbern bezüglich der Industrialisierung der spanischen Landwirtschaft stehe, sagt er: „Der Sektor wird stigmatisiert von Interessengruppen. „Macrogranjas“ (Mega-Bauernhöfe) ist zum Beispiel kein feststehendes klar definiertes Konzept in Europa“.

Unter anderem der Deutsche Bauerverband hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder als unfair bezeichnet, dass Spanien den eigenen Markt mit billigem Schweinefleisch überflute, das nicht nach den deutschen Tierwohl-Standards produziert worden sei. Genau das kritisieren die spanischen Bauern an Marokkos Landwirtschaft, die billiger Tomaten anbietet, die nicht nach EU-Standards hergestellt werden.

Spanien kritisiert an anderen Ländern, was es selbst praktiziert

Auch mit den Franzosen, dem größten Kunden der spanischen Landwirtschaft, gab es an der Grenze in diesem Jahr wieder Ärger. Sie attackierten Lastwagen mit spanischer Ware, weil sie dem Nachbarn vorwerfen, durch niedrige Löhne und Umweltstandards, einen preislichen Vorteil zu haben. Gerade erst reiste der spanische Außenminister nach Paris, um sich dort mit französischen Einkaufgesellschaften und Produzenten zu treffen und die Gemüter zu besänftigen.

Selbstkritik ist in der spanischen Landwirtschaft jedoch wenig zu spüren. Miguelañez hält eine Reduzierung des Fleischkonsums für nicht für notwendig:  „Wir haben in Spanien die höchste Lebenserwartung.“ Für ihn reicht es, wenn der Konsument einsieht, dass er mehr für gutes Gemüse, Fleisch und Früchte bezahlen muss, damit der Bauer überleben kann.

Der spanische landwirtschaftliche Verband Coag glaubt hingegen, dass einige Abnehmer in der Lieferkette zocken und dem Bauern nicht bezahlen, was er verdient: "Zwischen dem Preis, den ein Landwirt für ein Kilo Zitronen bekommt – 0,20 € – und dem, was der Verbraucher dafür zahlt – 1,96 € –, besteht ein Unterschied von 880 %".

Alex Artiga, Dozent an der spanischen Business School EAE, hält die spanischen Lieferketten zudem nicht für effizient: „Deswegen entstehen auf dem Weg ins Geschäft so viele Kosten.“  Die einzige LEH-Kette, bei der das nicht so sei, wäre beim spanischen Marktführer Mercadona: „Es ist alles extrem effizient und transparent organisiert,“ sagt Artiga, der selbst bei einem Lieferanten von Mercadona gearbeitet hat.

Wenig Einsicht beim Wasserverbrauch 

Während alle Welt auf das unter Dürre und Waldbränden leidende Spanien schaut, glaubt Miguelañez nicht, dass wegen Wassermangel die Landwirtschaft verkleinert werden müsse: „Es gibt Studien, die beweisen, dass man das Wasser nur besser verteilen und die Bewässerungsanlangen verbessern muss.“

Die Schweizer COOP und auch der deutsche Discounter Lidl sehen das inzwischen anders, auch weil sich die Lieferkettengesetze verändert haben und der Konsument durch Medienberichte sensibilisiert wurde. COOP-Chef Philipp Wyss ließ in einem Interview in Schweizer Medien wissen, dass er jetzt aus Albanien Gemüse und Früchte beziehen will, um das wasserarme Spanien nicht zu sehr zu belasten. Infrage kämen auch Griechenland oder Rumänien.

Auch Lidl hat das Thema Wasserverbrauch in Spanien in einer Studie unrersuchen lassen. Der Discounter kritisiert das Land und will solche Aspekte künftig immer mehr in seine Lieferantenauswahl einfließen lassen, heißt es. Allerdings wurde Lidl im vergangenen Jahr auch wieder einmal von der Albert Schweitzer Stiftung und anderen Tierschutzorganisationen angeklagt, mit Fleischproduzenten in Spanien zusammenzuarbeiten, welche nicht die gängigen EU-Standards einhielten.

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