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Umstellung auf 5xD in der Schweinehaltung: „Jetzt zählt jeder Tag!“

Marktexperte Dr. Albert Hortmann-Scholten begrüßt das Bekenntnis des Handels zu 5xD. Zur Rettung der Veredelungsbetriebe muss das Umstellungstempo im LEH aber deutlich erhöht werden.

Lesezeit: 5 Minuten

Erst Rewe, dann Aldi und zuletzt Lidl: Immer mehr Lebensmittelkonzerne bekennen sich zu 5xD. Dahinter steckt, dass die Schweine in Deutschland geboren, aufgezogen, gemästet, geschlachtet sowie zerlegt und verarbeitet sein müssen. top agrar sprach mit Dr. Albert Hortmann-Scholten, Marktexperte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, über die Erfolgsaussichten und die Auswirkungen von 5xD auf den Strukturwandel in der Veredelung.

Rewe hat sich im August als erster Händler öffentlich zu 5xD bekannt. Aldi Nord und Süd fordern ab Herbst 2022 die deutsche Geburt, Lidl startet bereits im ersten Quartal 2022. Wird jetzt alles gut?

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Hortmann-Scholten:Rewe hat mit seiner Ankündigung im August ein ganz wichtiges Signal für den Veredelungsstandort Deutschland gesetzt. Auch Aldi und Lidl haben mit ihrem Schritt die richtige strategische Entscheidung getroffen. Denn die Schweinefleischerzeugung muss über die gesamte Kette hinweg auf eine höhere Haltungsstufe transformiert werden. Entscheidend ist, dass die Prozessqualität über alle Wertschöpfungsstufen von der Geburt bis zur Verarbeitung in Deutschland verbessert wird.

Positiv zu bewerten ist, dass sich endlich auch die beiden großen Discounter eindeutig zur deutschen Veredelung und zu einer vom europäischen Durchschnittsniveau deutlich höheren Qualität in der Nutztierhaltung bekennen. In Köln, Essen, Mühlheim an der Ruhr und Neckarsulm hat man offensichtlich erkannt, dass ein Unterlaufen der Tierschutz- und Sozialstandards in der Lebensmittelerzeugung auf Dauer nicht nachhaltig sein kann. Das Bild wird aber erst rund, wenn andere Lebensmittelvermarkter, einschließlich des stark wachsenden Großverbraucher sowie Gastro- und Kantinenbereichs, folgen.

Die deutsche Veredelung hat nur dann eine Zukunft, wenn wir uns verändern!“

Aldi und Lidl wollen bei Schweinefrischfleisch komplett auf 5xD umstellen. Ist das realistisch? Gerade vor Weihnachten muss der Handel z.B. Filets aus dem Ausland zukaufen.

Hortmann-Scholten:Der Schweinefrischfleischsektor unterliegt vom Marktvolumen her gesehen großen jahreszeitlichen Schwankungen. Das Sortiment ist im Frühsommer auf typische Grillartikel ausgerichtet. Vor den Feiertagen spielen dann eher Spezialitäten und Schweinefilets eine überproportional große Rolle.

Abgesehen von diesen Marktspitzen kann der Frischfleischbedarf Deutschlands aus den hiesigen Ferkelerzeugerbetrieben ohne Probleme sichergestellt werden, selbst wenn hier momentan ein dramatischer Strukturwandel stattfindet. Geht man langfristig von einem Zuchtsauenbestand von nur noch 1,3 Mio. Tieren aus, stehen immerhin noch 38 bis 40 Mio. Ferkel aus deutscher Erzeugung zur Verfügung. Das reicht für die Versorgung des heimischen Frischfleischsektors allemal aus.

Mit 1,3 Mio. Sauen können wir den Frischfleischbedarf decken“

Wie wird sich die Ankündigung von Rewe, Aldi und Lidl auf die weitere Entwicklung in der deutschen Sauenhaltung auswirken? Federn wir damit den extremen Strukturwandel ab?

Hortmann-Scholten:Erste Vermarktungsunternehmen haben bereits erklärt, für die deutsche Herkunft mehr Geld zu zahlen. Westfleisch gewährt ab Januar einen Preisaufschlag. Und in Süddeutschland haben weitsichtige Lebensmittelvermarkter bei kleineren Programmen innerhalb von Notierungskorridoren schon länger Preisuntergrenzen für Ferkel vertraglich garantiert. Diese Maßnahmen sollten bei der Weiterentwicklung von 5xD-Strategien Vorbildcharakter für die gesamte Branche haben. Natürlich muss auch der Mäster in die Lage versetzt werden, die Zusatzaufwendungen im Ferkeleinkauf an den Schlachthof bzw. den Endvermarkter, z.B. regionales Fleischerfachgeschäft oder LEH, weiterzugeben. Vorstellbar sind vollkostenbasierte, langfristig vertraglich abgesicherte Regelungen zwischen Ferkelerzeuger, Mäster und dem LEH.

Neben der Preismisere spielt bei der Frage nach der mittelfristigen Strukturentwicklung in der Sauenhaltung aber auch das Thema Tierschutz eine große Rolle. Die gesetzlichen Standards sind in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten leider sehr unterschiedlich. So wird z.B. in Spanien, dem mittlerweile größten EU-Schweineproduzenten, noch ohne Betäubung kastriert. Auch in Italien und Frankreich hinkt man in diesem Punkt deutlich den deutschen Standards hinterher. Das führt natürlich zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen. Entscheidend ist daher, dass die Verbraucher, die in vielen Bereichen deutsche Vorbildposition beim Thema Tierschutz endlich honorieren. Aldi und Lidl haben das mittlerweile erkannt und zumindest Aldi hat in seinem Positionspapier zum Haltungswechsel aus dem Oktober 2021 in dieser Frage bereits klar Position bezogen.

Die Ferkelerzeuger trifft die Preiskrise besonders hart. Kommt die angekündigte Umstellung auf 5xD für die Sauenhalter noch früh genug?

Hortmann-Scholten:Ich befürchte, dass für viele Ferkelerzeuger die jetzt angekündigte Umstellung auf 5xD zu spät kommt. Viele Betriebe sind finanziell ausgeblutet und nur durch die Corona-Überbrückungshilfe in der Produktion geblieben. Falls das Aldi-Konzept im Herbst 2022 greift, könnte es für viele Ferkelerzeugerbetriebe schon zu spät sein. Von daher ist die Ankündigung von Lidl, bereits im Januar mit der Umstellung auf 5xD zu starten, richtig und wichtig. Es zählt jetzt jeder Tag!

Umstellung auf 5xD: Je früher desto besser.“

5x D bringt den Schweinehaltern nur etwas, wenn das Konzept auch langfristig finanziell honoriert wird. Was glauben Sie, wie viel höher könnte der Erlös für deutsche Ware sein?

Hortmann-Scholten:Das ist schwer vorherzusagen. Klar ist aber, dass ein deutlicher finanzieller Anreiz notwendig ist. Die Wettbewerbsnachteile der deutschen Erzeuger gegenüber Betrieben aus Dänemark und Holland sollten ausgeglichen werden. Ich kann mir gut vorstellen, dass deutsche Ferkel schon bald teurer sein werden als ausländische Herkünfte. Die Erlöse für Schlachtschweine müssten dementsprechend mit anziehen.

Aldi ist nicht mehr der Platzhirsch, gibt im Handel aber noch immer den Takt vor. Glauben Sie, dass neben Rewe und Lidl weitere Handelsketten nachziehen?

Hortmann-Scholten:Aldi ist bekannt dafür, rechtzeitig Vermarktungstrends zu setzen und sich verlässlich an die postulierten Aussagen zu halten. Jetzt gilt es, Druck aufzubauen und neben Rewe und Lidl weitere Handelskonzerne von der Dringlichkeit zu überzeugen. Aber nicht nur dass: Meines Erachtens müssen auch die Fleisch- und Wurstwarenbetriebe sowie Kantinen und Gaststätten dem Haltungswechsel folgen.

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