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Gute Futterhygiene verhindert Darmdrehung bei Schweinen

In einem Mastbetrieb verendeten über Nacht plötzlich zehn Schweine, ausgelöst durch eine Darmdrehung. Schuld waren Keime im Zukauffutter und eine unzureichende Futterhygiene.

Lesezeit: 7 Minuten

Unsere Autorin: Dr. Anja Wernecke, Tierarztpraxis Dr. Pabst, Dülmen in Nordrhein-Westfalen.

Als sich Schweinemäster Rainer Bremke (Name geändert) morgens telefonisch bei seiner Tierarztpraxis meldete, stand er noch völlig unter Schock. Beim morgendlichen Kontrollgang hatte er in verschiedenen Abteilen insgesamt elf tote Mastschweine vorgefunden. Alle stammten aus einer Lieferpartie, hatten gerade den 45. Masttag erreicht und wogen zwischen 60 und 65 kg. Am Abend zuvor hatten alle Tiere noch einen munteren Eindruck gemacht.

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Schnell gelesen

  • Darmdrehungen können eine von vielen Ursachen für plötzlich auftretende Todesfälle bei Schweinen sein.

  • Auslöser war im vorliegenden Fall eine hohe Clostridien- und Hefebelastung des Getreides. Im Darm bildeten sich Gase.

  • Lawsonien hatten den Darm vorgeschädigt. Hinzu kam eine mangelnde Fütterungshygiene. Dadurch konnten sich die Gasbildner rasend schnell vermehren.

  • Ein Maßnahmenbündel aus Futter­stabilisierung und -hygiene sowie Lawso-nien­impfung verbesserte die Situation.

Bremke bewirtschaftet im westlichen Münsterland einen Mastbetrieb mit 3.000 Plätzen. Die Ferkel bezieht er in 500er-Partien aus den neuen Bun­desländern. Dementsprechend befinden sich zeitgleich immer drei Altersgruppen im Betrieb. Die Läufer sind Mykoplasmen-, PCV 2- und PRRS-geimpft.

Blasse, apathische Tiere

Als die bestandsbetreuende Tierärztin eintraf, fielen ihr in den betroffenen Abteilen etliche blasse, apathisch wirkende Schweine auf. Vereinzelt beobachtete sie auch Kümmerer. Und in einigen Buchten entdeckte sie breiförmigen Durchfall auf den Spalten. Außerdem waren die meisten Tröge nicht leergefressen. Nach Auskunft des Landwirts hatte sich die tägliche Futteraufnahme um etwa ein Fünftel vermindert.

Um eine Infektion mit der Klassischen (KSP) sowie der Afrikanischen Schweinepest (ASP) und der Aujeszkyschen Krankheit (AK) sicher ausschließen zu können, entnahm die Veteri­närin zunächst bei 14 klinisch auffälligen Tieren Blutproben. Sie wurden zur Ausschlussuntersuchung an das zuständige Veterinäruntersuchungsamt geschickt. Zudem ließ die Tierärztin Proben auf Shigatoxin-bildende Colikeime (Ödemkrankheit), Streptokokken und pathogene APP-Serotypen analysieren.

Darüber hinaus sammelte sie von klinisch auffälligen Tieren mit Durchfallerscheinungen Kot und erstellte eine Sammelkotprobe, die sie auf Lawsonien und Brachyspiren (Dysenterie) untersuchen ließ. Denn im Bestand gab es schon längere Zeit Probleme mit lawsonienbedingtem Durchfall, verbunden mit entsprechenden Leistungseinbußen.

Zum Schluss warf die Tierärztin einen Blick ins Ka­daverlager. Dabei fiel ihr auf, dass die Bäuche der verendeten Schweine deutlich aufgegast waren. Sie fühlten sich an wie prall aufgeblasene Luftballons.

Das deutete auf eine Darmdrehung (Darmtorsion) hin. Deshalb veranlasste die Veterinärin, dass zwei verendete Tiere zur Sektion zum zuständigen Untersuchungsamt nach Münster gebracht wurden.

Darmdrehung bestätigt

Am darauffolgenden Tag erhielt sie vom Untersuchungsamt einen telefonischen Vorabbericht. Beide Tiere waren tatsächlich an einer Darmdrehung gestorben. Die Ausschlussuntersuchung ergab zum Glück keinen Hinweis auf eine ASP-, KSP- oder AK-Infektion. Die Tierärztin suchte den Betrieb daraufhin erneut auf und nahm aufgrund des Befundes zur Darmdrehung die Fütterung bzw. die Futterhygiene unter die Lupe.

Rainer Bremke füttert seine Schweine flüssig am Längstrog. Das Tier-/Fressplatzverhältnis beträgt 3 : 1. Die Rationen bestehen aus hofeigenem Getreide, Raps, Sojaschrot und Mineralfutter. Zusätzlich setzt Bremke Kartoffelpülpe und Weizenschlempe ein.

Die Wasserversorgung erfolgt über Nippeltränken. Das Tier-/Tränkeplatzverhältnis beträgt 10 : 1. Da der Mäster an der Initiative Tierwohl (ITW) teilnimmt, bietet er den Tieren zudem über spezielle Raufen Stroh an.

Die Tierärztin vermutete, dass die Darmdrehung der Tiere durch Gasbildung im Flüssigfütterungssystem ver­ursacht worden war. Deshalb nahm sie gezielt die Risikofaktoren für Gärprozesse im Futter ins Visier. Zu Gärungen kann es z. B. kommen, wenn die Flüssigfutterleitungen zwischen den Mahlzeiten leer laufen, wenn das Futter lange in den Leitungen steht, nur einmal täglich gefüttert wird, es zu Fehl- oder Entmischungen im Trog kommt oder wenn es bei der Futter- bzw. Lagerhygiene hapert.

Keine Fütterungsfehler

Im Gespräch mit dem Landwirt konnten Fütterungsfehler jedoch ziemlich schnell ausgeschlossen werden. Die Pausen zwischen den Mahlzeiten waren nicht zu lang, die Futterleitungen liefen nicht leer und im Trog entmischte sich das Futter nicht. Auch die Zusammensetzung der Rationen war augenscheinlich unbedenklich.

Beim Blick in den Anmischbottich war jedoch eine deutliche Blasenbildung zu erkennen, und das Futter roch leicht vergoren. Die Ärztin entnahm daher eine Fließfutterprobe und ließ sie im Labor auf die typischen Gasbildner Clostridien und Hefen untersuchen.

Das Ergebnis bekam Rainer Bremke wenige Tage später per E-Mail zugeschickt. Im Fließfutter waren alle Untersuchungsparameter erhöht. Bei den Enterobakterien waren die Werte zwar gerade noch tolerabel. Aber die Clos­tridien- und Hefegehalte liefen deutlich aus dem Ruder. Es wurden 10.000 ­koloniebildende Einheiten (KBE) pro Gramm Flüssigfutter nachgewiesen. Der Grenzwert liegt bei 100 KBE!

Weizen zugekauft

Doch warum waren die Probleme so plötzlich aufgetreten? Auf Nachfrage der Hoftierärztin bestätigte der Mäster, dass er zwei Wochen zuvor Weizen ­zugekauft hatte, weil die eigenen Re­serven aufgebraucht waren. Außerdem hatte er den Rapsanteil in der Ration erhöht.

Um die Ursache für den hohen Clos-tridiengehalt im Futter zu klären, zog Bremke vom zugekauften Weizen und vom Raps Einzelproben, die er ebenfalls untersuchen ließ. Dabei stellte sich heraus, dass der Weizen deutlich belasteter war als der Raps.

Inzwischen lagen auch die übrigen Laborbefunde vor: Es gab keinerlei Hinweise auf eine Coli-, Streptokokken- oder APP-Infektion. Wie erwartet fiel jedoch die Lawsonien-PCR positiv aus, und zwar mit einem relativ niedrigen Ct-Wert, der auf eine hohe Lawsonienbelastung hinweist.

Dennoch mochten die Darmerreger im vorliegenden Fall eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Denkbar war z. B., dass die Lawsonien den Darm vorgeschädigt haben, sodass sich die Clostridien und Hefen noch schneller vermehren konnten. Die Brachyspiren-PCR hingegen fiel negativ aus. Es lag also definitiv keine Dysenterie vor.

Akutbehandlung mit Tylosin

Um das Immunsystem der Tiere zu stärken, wurden sie im Rahmen einer Akutbehandlung zunächst fünf Tage lang mit Selen und Vitamin E versorgt (3 ml/Tier). Und zur Lawsonienbekämpfung wurde ihnen elf Tage lang Tylosin (11 mg/kg Körpergewicht) verabreicht.

Zur Stabilisierung des Futters mischte Bremke 400 g Kaliumsorbat pro Tonne Futter ein. Außerdem desinfizierte er die Futterleitungen in den leeren Abteilen mit einem im Spülwasser aufgelösten Desinfektionspulver.

Durch das Maßnahmenpaket stabilisierte sich die Situation zunächst. Es gab keine weiteren Verluste mehr, und der Kot der Tiere wurde allmählich wieder fester.

Rückfall nach drei Wochen

Drei Wochen später kam es jedoch zu einem Rückfall. Erneut verendeten Schweine mit deutlich aufgeblähtem Bauch. Die Tierärztin sezierte zwei Tiere in der praxiseigenen Sektionshalle. Wieder das gleiche Bild: Ein deutlich aufgegaster Darm und Blutungen im Bauchraum.

Bei einem der beiden Schweine konnten zudem per PCR Lawsonien nachgewiesen werden. Und man fand Clostridien (Typ A) sowie Hefen, diesmal allerdings mit gering- bis mittelgradigem Gehalt. Im Fließfutter dagegen waren kaum noch Gasbildner vorhanden.

Die Tierärztin entschied, auch diese Gruppe mit Tylosin zu behandeln. Zusätzlich schlug sie vor, die Lawsonien­impfung im Betrieb einzuführen

Futterhygiene verbessert

Darüber hinaus intensivierte Rainer Bremke die Futter- und Fütterungshygiene noch einmal deutlich. Alle Silos werden seitdem komplett geleert, gereinigt und desinfiziert, bevor sie wieder mit frischem Futter befüllt werden.

Außerdem wird der Weizen nach der Ernte nicht nur getrocknet, sondern bei der Einlagerung zusätzlich mit Propionsäure konserviert. Und das Getreide lagert Bremke nach der Ernte mindestens vier Wochen, bevor er es verfüttert.

Auch in puncto Leitungshygiene hat sich noch was getan. Bisher spülte der Mäster die Futterleitungen nach dem Ausstallen einer Mastgruppe nur mit klarem Wasser. Inzwischen gibt er ­Gerstenkörner (1 bis 2 kg/100 l) in das Spülwasser. Die Grannen der Körner wirken wie Scheuerbürsten. Anschließend füllt er die Leitung mit einem Natronlaugengemisch. Nach 24 Stunden Einwirkzeit lässt Bremke die Laugen­mischung in die Gülle ab und spült mit klarem Wasser nach.

Seitdem hat sich die Lage in Bremkes Ställen deutlich entspannt. Es treten keine erhöhten Verluste oder Durchfälle mehr auf. Und die Tiere können wieder ihr volles Leistungsvermögen voll ausschöpfen.

Fazit: Darmverdrehungen und plötzliche Todesfälle bei Schweinen können viele Ursachen haben. Im vor­liegenden Fall enthielt der zugekaufte Weizen eine hohe Hefen- und Clostridienbelastung. Hinzu kamen Mängel bei der Fütterungshygiene und eine unterschwellige Infektion mit Lawsonien. Alles zusammen hat schließlich dazu geführt, dass sich die gasbildenden Keime im Verdauungstrakt der Tiere rasch vermehren konnten und dadurch eine tödliche Darmdrehung verursachten.

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