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Fungizdistrategien in Weizen: Schonen Sie die Wirkstoffe durch einen bedachten Mitteleinsatz

Befallsdruck und Resistenzsituation entscheiden über Mittelwahl und Einsatzintensität. Um die Bestände auch künftig gesund halten zu können, ist es jetzt wichtig, situativ zu handeln.

Lesezeit: 10 Minuten

Unser Autor: Dr. Bernhard Werner, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Hannover.

Weniger Pflanzenschutzmittel aus­bringen! So lautet die Forderung von Politik und Öffentlichkeit. Doch geht das so einfach, ohne wirtschaftliche Einbußen zu erleiden? Fest steht, eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Vielmehr lautet die Devise: Jede Ackerbaukultur sowie die verschie­denen Anwendungsbereiche von Pflanzenschutzmitteln müssen auf den Prüfstand gestellt werden.

Schnell gelesen

Verwenden Sie als hoch resistenz­gefährdet eingestufte Wirkstoffgruppen wie die Strobilurine, Carboxamide und ­Picolinamide nur einmal in der Saison.

Die Wirkung von Azolen gegenüber Septoria nimmt weiter ab (Shifting). ­Daher sollte man in Spritzfolgen ­unbedingt auch die Azole wechseln.

Roste können hohe Ertragsverluste verursachen. Sie sind aber noch gut bekämpfbar – z. B. mit dem Wirkstoff Tebuconazol oder strobilurinhaltigen Produkten.

Ob Sie eine, zwei oder drei Maßnahmen benötigen, hängt vor allem vom Wetter ab. Wägen Sie jede Fungizidapplikation auf Basis des aktuellen Befalls gut ab.

Gibt es Einsparpotenzial bei Fungiziden im Weizen?

In Deutschland wachsen auf rund drei Millionen ha Weizen. Diese werden durchschnittlich mindestens zweimal im Jahr mit Fungiziden behandelt. Es ist also durchaus sinnvoll, zu hinterfragen, ob es in dieser Kultur noch Einsparpotenzial bei Fungiziden gibt. Interessant vor diesem Hintergrund ist auch, dass der durchschnittliche Behandlungsindex im Winterweizen in Deutschland in den letzten zehn Jahren, je nach Witterung, Sorte und Region, zwischen 1,8 und 2,7 schwankte.

Weniger Fungizidapplikationen würden neben der Umwelt übrigens auch den Geldbeutel der Betriebe entlasten. Denn allein im Bereich der Getreidefungizide lag die Preissteigerung von 2022 auf 2023 zum Teil bei deutlich über 10 %. Diese ging einher mit einer Hochpreisphase des Getreides. Doch inzwischen ist der Weizenpreis wieder deutlich gefallen, trotzdem ist für 2024 sicherlich keine Preissenkung bei Pflanzenschutzmitteln zu erwarten.

In dieser Ausgangssituation spricht alles dafür, den Integrierten Pflanzenschutz intensiver als je zuvor zu praktizieren. Für den Fungizideinsatz im Weizen bedeutet das vor allem, Schadenswahrscheinlichkeiten zu minimieren. Einfluss nehmen können Sie z. B. über eine durchdachte Fruchtfolge, angepasste Saattermine, die Wahl gesunder Sorten und keine überzogene Düngung. Sind diese Voraussetzungen geschaffen, lohnt es sich besonders, die Bestände intensiv zu kontrollieren oder auch Prognosemodelle zu nutzen, bevor man eine Behandlungsentscheidung trifft. Wer einen bekämpfungswürdigen Krankheitsdruck feststellt, muss dann den richtigen Behandlungstermin und das passende Mittel auswählen.

Neue Zulassungen

Die Palette der Weizenfungizide wird sich – wie in den letzten Jahren – zulassungsbedingt auch künftig weiter reduzieren. Der Hauptgrund dafür ist, dass wichtige Fungizidwirkstoffe in der EU keine Zulassung mehr erhalten. Teilweise werden Zulassungen auch zurückgezogen oder widerrufen. Für diese Pflanzenschutzmittel gelten dann oft verkürzte Abverkaufs- und Aufbrauchfristen.

Die letzten wesentlichen Änderungen waren im letzten Jahr das Auslaufen des Wirkstoffes Prochloraz (z. B. im Ampera, Kantik, Mirage). Restbestände dürfen Sie 2024 nicht mehr einsetzen und müssen somit entsorgt werden. Gleiches gilt für Mittel mit dem Wirkstoff Isopyrazam (z. B. Bontima, Seguris Era, Gigant). Aktuell laufen in 2024 aber keine weiteren Zulassungen von Getreidefungiziden aus.

Allerdings gibt es auch kaum Neuzulassungen. Zu nennen sind hier nur Delaro Forte, vorrangig für den T1-Termin gedacht, und Amistar Max, dessen Zulassung für die kommende Saison ­erwartet wird. Beide Produkte sowie alle wichtigen anderen Weizenfungizide sind im Beitrag "Das müssen Sie für die Fungizidsaison 2024 wissen" ausführlich beschrieben.

So entwickeln Sie die richtige Behandlungsstrategie

Die Resistenzen bei pilzlichen Schaderregern schreiten ungebremst voran. Insbesondere bei Septoria tritici ist damit zu rechnen, dass die Wirksamkeit der Azole weiter nachlässt (Shifting). Durch den erwarteten Verlust weiterer Azolwirkstoffe wird der Selektionsdruck auf die verbleibenden Wirkstoffe zudem noch zunehmen. Daher gilt: Achten Sie bei Spritzfolgen unbedingt auch auf einen Azolwechsel! Zusätzlich sollte man strobilurin-, carboxamid- und picoli­namidhaltige Wirkstoffkombinationen nur einmal in der Vegetationsperiode anwenden, da diese Wirkstoffgruppen hoch resistenzgefährdet sind.

Roste lassen sich sicherlich weiterhin gut bekämpfen, insbesondere mit dem Wirkstoff Tebuconazol und den strobilurinhaltigen Produkten. Obwohl für Tebuconazol (z. B. in Folicur, Helocur, Orius u. a.) ein Auslaufen der Zulassung erwartet wird, scheint eine Anwendung entsprechender Mittel für 2024 und 2025 gesichert zu sein.

Neben den eingangs erwähnten pflanzenbaulichen Maßnahmen zur Schadensvermeidung ist es wichtig, die richtigen Applikationstermine zu finden. Hilfreich ist dabei eine intensive Bestandskontrolle sowie Schadschwellen anzuwenden und Prognosemodelle zu nutzen. Sehr gut eignen sich dazu die Informationssysteme Integrierter Pflanzenschutz (ISIP) der amtlichen Dienste in Deutschland. Unter www.isip.de können Sie für alle wichtigen Getreidekrankheiten die Infektionswahrscheinlichkeiten tagesgenau abrufen.

Wer es genauer wissen möchte, kann verschiedene weitere Prognosemodelle nutzen. Für Halmbruch und Septoria tritici z. B. sind Modelle verfügbar, die schlagspezifische Prognosen erstellen können. Für weitere Krankheiten wie Braunrost und Gelbrost werden neue Prognosemodelle erwartet. Entscheidend ist aber letztendlich, dass Sie jede Behandlungsmaßnahme auf der Basis des aktuellen Befallsgeschehens gut abwägen!

Strategien für ihren Weizen

Verschiedene Fungizidstrategien, abhängig von der Befallssituation, sind in den nachfolgenden Übersichten dargestellt. Bei  leichten bis mittleren Infektions­bedingungen  ohne Fusariengefährdung reichen in der Regel zwei Behandlungen aus (siehe Übersicht 1). Nach einer Azolvorlage erfolgt die Abschlussbehandlung bereits nach dem Schieben des Fahnenblattes. Die Art der Vorlage richtet sich nach dem Ausgangsbefall. Handelt es sich dabei z. B. um ein erstes, moderates Auftreten von Rostkrankheiten, kann man z. B. gut Helocur oder Sirena einsetzen. Kommt früh Septoria ins Spiel, wäre Revystar eine gute Wahl, genauso wie prothioconazolhaltige Mittel (siehe auch „Fungizidversuche“ unten). Bei diesen ist auch eine Teilwirkung gegen Halmbruch zu erwarten.

Die Abschlussbehandlung erfolgt in der Zweifachstrategie mit einer Carboxamidkombination (z. B. Elatus Era, Ascra Xpro, Revytrex oder Univoq) jeweils mit 60 bis 75 % der zugelassenen Menge. Achten Sie in den Spritzfolgen immer auf einen Azolwechsel.

Auf Standorten mit einem sehr geringen Befallsniveau ohne eine Gefährdung durch Ährenfusarien und ohne einen späten Braunrostbefall kann die Spritzfolge eventuell auch nur aus zwei kostengünstigen Azolbehandlungen bestehen. Alternativ wäre auch eine Einfachbehandlung mit einem Kombinationspräparat nach dem Schieben des Fahnenblattes denkbar. 

Auf Standorten mit  stärkerem Befall  (siehe Übersicht 2) erfolgt eine breite Absicherung durch eine Dreifachstrategie. Dann kann man die Menge der zu BBCH 39 bis 49 eingesetzten Mittel auf 50 % reduzieren. Zur Absicherung gegen einen späten Braunrostbefall reicht zum Abschluss in der Ährenbehandlung eine reine Azolanwendung. Zur Resistenzvermeidung sollte man im Rahmen der Spritzfolge auch hier auf einen Azolwechsel achten. Auf Standorten mit einer hohen Gefährdung durch Septoria tritici empfiehlt es sich, zum ersten oder zweiten Behandlungstermin das Kontaktmittel Folpan zuzugeben.

Wenn Fusarium problematisch ist

Schwieriger und teurer ist die gezielte  Bekämpfung von Ährenfusarien . Eine hohe Gefährdung ergibt sich in fusarienanfälligen Sorten, kombiniert mit Mulchsaaten nach Mais, Zuckerrüben oder Getreide und bei feuchtwarmer Witterung vor oder während der Weizenblüte. Eine Maßnahme sollte man nah am Infektionszeitpunkt durchführen. In Versuchen der letzten Jahre brachten Prosaro, der Sirena Pro Pack und Osiris MP den besten Bekämpfungserfolg, bezogen auf die Reduktion der DON-Werte und auf die Befallshäufigkeit. Eine mittlere Wirkung zeigten Soleil oder Magnello – bei einem allerdings guten Preis-Leistungs-Verhältnis.

Besteht eine mittlere Fusariengefahr, reicht der etwas günstigerer Einsatz von 1,2 l/ha Soleil oder 1,0 l/ha Magnello aus. Die Wirkung lässt sich bei Bedarf jeweils durch den Zusatz von ca. 100 bis 150 g Prothioconazol steigern.

Ist die Fusariumgefahr hoch, besteht die Möglichkeit, mit z. B. 1,0 l/ha Prosaro oder den Packs Osiris MP (1,0 l/ha Caramba + 0,5 l/ha Curbatur) bzw. Sirena Pro Pack (Sirena + Protendo forte + Vextasil) eine Bekämpfung durchzuführen. Damit steigen aber auch die Behandlungskosten deutlich an. Sicherlich ist es sinnvoll, durch anbautechnische Maßnahmen wie Vorfrucht, Bodenbearbeitung und Sortenwahl das Infektionsrisiko durch Ährenfusarien von vornherein gering zu halten.

Fazit

Bei der Bekämpfung von Blatt- und Ährenkrankheiten im Winterweizen kann man den Fungizidaufwand reduzieren. Durch pflanzenbauliche Maßnahmen und insbesondere durch die Sortenwahl lässt sich der Krankheitsdruck von Beginn an auf niedrigem Niveau halten. Eine intensive Kontrolle der Bestände und der Einsatz von Prognosemodellen helfen zudem, das eigene, schlagspezifische Infektionsrisiko gut abzuschätzen. Liegt aber ein bekämpfungswürdiger Befall vor, ist ein gezielter Fungizideinsatz unter Beachtung aller relevanten Auflagen erforderlich, um wirtschaftliche Schäden zu vermeiden.

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Fungizidversuche: Das leisten die Produkte

In den letzten Jahren waren aufgrund der ausgeprägten Frühjahrstrockenheiten die Roste vielerorts die dominierenden Krankheiten (zumindest in Norddeutschland). In rostanfälligen Sorten kam es bei starkem Befall teilweise zu deutlichen Ertragsverlusten. Witterungsbedingt spielte dagegen Septoria tritici als eigentlich bedeutendste Weizenkrankheit nur eine geringe Rolle.

Im vergangenen Frühjahr war die Situation eine andere. Feuchtere Bedingungen sorgten in den Weizenbeständen für einen deutlich höheren Ausgangsbefall mit Septoria als in den Jahren zuvor – insbesondere in den maritim beeinflussten Küstenregionen. Allerdings kam es wegen der Trockenphase im Mai/Juni oft nur zu geringen Befallsstärken auf den Fahnenblättern. Der Ausgangsbefall hinterließ somit auf den meisten Standorten keine nachhaltigen Schäden.

In einem Versuchsprogramm der LWK Niedersachsen (nicht dargestellt), in dem die Wirkungen verschiedener Azolfungizide (vorrangig auf Septoria) zum ersten Behandlungstermin in BBCH 31 bis 32 (T 1) geprüft wurden, zeigten sich ebenfalls nur sehr geringe Ertragseffekte, was die Praxisbeobachtungen untermauert. Letztendlich hatte in dieser Versuchsserie erneut Mefentri­fluconazole (z. B. im Revystar) die stärkste Wirkung gegen Septoria, gefolgt von Prothioconazol. Weitere Azolwirkstoffe fielen deutlich ab.

Allgemein waren es dann doch wieder die Rostkrankheiten, die in diesem Jahr im Weizen – speziell in den rostanfälligen Sorten – die höchsten Schäden verursachten.

Das wurde auch in dem in Übersicht 3 dargestellten Versuchsprogramm deutlich. Hier hat man unterschiedliche Wirkstoffkombinationen zum T2-Termin (Fahnenblattbehandlung) in voller und halber Aufwandmenge geprüft. Zwei Versuche mit der Sorte Obiwan auf dem Standort Döteberg (westlich von Hannover) und mit der Sorte KWS Donovan auf dem Standort Höckelheim bei Northeim wurden zusammengefasst. Die Sorte Obiwan ist anfälliger gegen Septoria und DTR. KWS Donovan hingegen hat eine Schwäche gegenüber Braunrost. Die Sorteneigenschaften spiegelten sich in den Versuchsergebnissen wider.

Die gemittelten Erträge zeigen eine Ertragsabsicherung durch die einzelnen Fungizidmaßnahmen von ca. 5 bis 20 %. Während der Septoriabefall im Obiwan nur bis zu 6 % Ertragsverlust verursachte, sorgte der Braunrostbefall im Donovan für knapp 40 % weniger Ertrag. Septoria tritici ließ sich im Obiwan am besten mit der vollen Aufwandmenge von Revytrex kontrollieren, Amistar Gold (Azoxystrobin + Difenoconazol) zeigte hier gar keine Wirkung mehr auf Septoria. Letztendlich ist aus einem Strobilurin bei der aktuellen Resistenzsituation keine Septoriawirkung mehr zu erwarten.

Bei der Rostwirkung zeigt sich dann ein anderes Bild. Hier spielte das Azoxystrobin im Amistar Gold seine Stärke aus. Auch die anderen Mittelkombinationen zeigten eine deutliche Rostwirkung, die aber mit Wirkungsgraden von 60 bis 70 % nicht ganz zufriedenstellend sind. Das zeigt, dass die Azole Mefentrifluconazole (im Revytrex) und Prothioconazol (im Univoq und Abran) nicht die stärksten Braunrostmittel sind. Dies bestätigt auch der deutliche Wirkungsabfall in den Varianten mit der halben Aufwandmenge. Für die praktischen Anwendungsempfehlungen bedeutet das, dass die Mittelaufwandmengen bei Maßnahmen im Fahnenblattstadium nicht deutlich reduziert werden dürfen, sofern nicht noch eine Ährenbehandlung, z. B. mit einem Azolpräparat, folgt.

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