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topplus Adama Pflanzenschutzsymposium

Zukunft Pflanzenschutz: In welche Richtung geht's?

Immer weniger Wirkstoffe und anscheinend immer mehr Probleme - auch beim Pflanzenschutz ist von einer Zeitenwende die Rede. Und doch gibt es Lösungen.

Lesezeit: 6 Minuten

Alles neu macht das neue Jahr, die neu gestaltete Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und beim Pflanzenschutz auch die Pläne der EU: Die viel zitierte Zeitenwende ist nicht nur das Wort des Jahres 2022, sondern längst in der Landwirtschaft angekommen. „Rückblickend hat sich Pflanzenschutz verändert, aber die Art und Weise, wie die Produktion funktioniert, ist gleichgeblieben“, ordnet Johannes Bestman, Geschäftsführer von Adama Deutschland, ein.

Welche Herausforderungen und Lösungen es im Pflanzenschutz gibt, haben Expertinnen und Experten auf Adama Fachsymposium 2022 unter dem Titel „Zeitenwende im Pflanzenschutz“ diskutiert.

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Von Tiedemann: Gesellschaftliche Ansprüche treiben den Wandel im Pflanzenschutz

Als Haupttreiber der Zeitenwende identifiziert Prof. Andreas von Tiedemann (Universität Göttingen) die gesellschaftlichen Ansprüche aus. Zwar seien die Pflanzenschutzmittel im Verlauf der Zeit sicherer geworden, die Applikationsmengen haben sich aufgrund höher Wirksamkeit verringert und die Toxizität auf die Umwelt abgenommen – so sank z.B. der Risikoindex von insektiziden auf aquatische Organismen von 1966 bis 2010 um 65 %. Allerdings nehmen die Ängste, Bedenken und Ablehnung der Bevölkerung gegen Pflanzenschutzmittel zu.

Trotz Pflanzenschutz keine Schädlinge ausgerottet

Dabei spiele auch die schwindende Biodiversität eine Rolle. Prof. von Tiedemann gibt zu bedenken, dass der Anbau von Nutzpflanzen zwingend voraussetze, die Biodiversität auf der Produktionsfläche herunter zu regulieren. Dennoch stellt er infrage, ob der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln oder deren Randeffekte zu Artenverlusten führt. So schwanke z.B. die Anzahl und Diversität der Laufkäfer auf Flächen in Mecklenburg-Vorpommern zwischen 1986 bis 2019, doch verschwunden seien sie nicht.

Ähnliches gelte für die weltweit mehr als 30 Schadinsektenarten in Raps. Rund 16 von diesen Insektenarten haben seit ca. 1995 zugenommen, so eine Studie. Keine der Arten habe abgenommen oder sei verschwunden.

Selbst bei Pflanzenschutzmaßnahmen mit einem 100%igen Wirkungsgrad wie der Beizung gegen Flug- und Steinbrand seien die Erreger noch immer vorhanden. „Wenn nach Jahrzehnten der gezielten Bekämpfung von Schaderregern keine dieser Arten verschwunden ist, wie ist es möglich, dass durch Randeffekte des Pflanzenschutzmitteleinsatzes Biodiversitätsverluste in der Agrarlandschaft verursacht sein sollen?“, fragt Prof. von Tiedemann.

Pflanzenschutz sichert Ernährung

Die Ernährungslage spiele als Treiber nur eine Nebenrolle. Die Welthungerrate sank trotz steigernder Weltbevölkerung von 34 % im Jahr 1960 auf 9% im Jahr 2020. Ohne Pflanzenschutz müssten man weltweit mit Ertragseinbußen von 30% rechnen. Problematisch würden in diesem Zuge die neuen, invasiven oder veränderten Schaderreger wie die Trichoderma Kolbenfäule im Mais, die Kirschessigfruchtfliege oder die Ramularia-Blattflecken der Gerste.

Und auch die der wissenschaftlich-technische Fortschafritt treibe die Veränderung nicht so intensiv: Biologicals deckten nur einen geringen Teil der Indikationen ab, die Biotechnologie wie Genstummschaltung durch RNAi und neue Züchtungsmethoden wie Genome editing sei zur Zeit nicht ausreichend akzeptiert und die Digitalisierung mit Robotik und digitalen Techniken seien bislang nur begrenzt im Einsatz.

Der Pflanzenpathologe der Universität Göttingen bilanziert: Pflanzenschutz sei systemrelevant, das er unmittelbar mit der Ernährungssicherung verknüpft sei. Daraus folge: „Die Gesellschaft muss sich überlegen, ob das der richtig Treiber ist, denn eine sachgerechte Bewertung des Pflanzenschutzes ist gerade aus politische Gründen nicht möglich. Wir müssen allerdings dann zumindest offen sind für neue Technologien sein, denn alles andere ist unverantwortlich“, so Prof. von Tiedemann.

Mahlein: Große Herausforderungen im Rübenanbau

Wie die Zeitenwende die Ackerkulturen trifft, zeigt Prof. Dr. Anne-Katrin Mahlein vom Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) Göttingen. Zwar seien Zuckerrüben eine flächenmäßig kleine Kultur, allerdings ließe sich der züchterische Fortschritt durch den weiterhin steigenden Bereinigten Zuckerertrag (BZE) gut feststellen. „Die Hauptherausforderung ist, das Leistungsniveau weitgehend zu halten“, sagt Prof. Mahlein.

Dazu gebe es einen großen Forschungsbedarf über bestimmte Pathogenen und zu neuen Pflanzenschutzmitteln. Aktuell laufen viele Forschungsprojekte zur Virösen Vergilbung, die sich weiter nach Norden ausbreitet. Auch die Krankheit SBR (Syndrome Basses Richesses), die durch die Schilf-Glasflügelzikade übertragen wird, steht weiter im Fokus.

„Problematisch ist, dass, obwohl viele Mittel wegfallen, die Alternativen noch nicht gut bzw. ausreichend entwickelt sind“, ordnet Prof. Mahlein ein. Sie fordert, in jedem Fall den integrierten Pflanzenschutz konsequenter umzusetzen. So z.B. mit resistenten Sorten, z.B. gegen Cercospora, die zudem inzwischen ein gutes Leistungsniveau zeigten.

Digitalisierung unterstützt integrierten Pflanzenschutz

Digitale Technologien könnten den Integrierten Pflanzenschutz unterstützen, führt Sebastian Streit vom digitalen Experimentierfeld FarmerSpace an der Uni Göttingen aus. So ließen sich Krankheiten per Drohnen bonitieren. Auch das Unkrautmanagement der Rüben sei im Wandel, mit Robotern oder Spotspraying-Systemen.

Der Roboter FarmDroid z.B. säe Rüben und reguliere auch später das Unkraut. Bislang zeichne sich ab, dass man somit 60 bis 70% der Arbeitszeit einsparen könne, so Streit. Allerdings könne der FarmDroid das Unkraut bislang nicht auf das Niveau der betriebsüblichen Variante (hacken) senken.

Kramer: Politik treibt Technik-Innvoationen

Für die Pflanzenschutztechnik sei Digitalisierung ein Segen, meint Harald Kramer von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Allerdings gebe es so viele unterschiedliche Formen und Strukturen der Landwirtschaft, dass sich die Techniker daran anpassen müssten. Treiber von innovatiover Technik seien meist politische Vorgaben. Das Potenzial sei groß, z.B. für

  • Hacken in der Reihe (Photoeyler),
  • Direkteinspeisung (Direct Inject) – Unkrautnester, flexible Randbehandlung, Abstandsauflagen, und
  • spritzen ohne Gestänge (iXtraLiFe)

Um Pflanzenschutz einzusparen, sei die Bandapplikation der Schlüssel. Allerdings müsse man dann auch die Mittelaufwendung auf das Band herunterrechnen – und nicht die Flächenmenge als Band ausbringen. Für den Rübenanbau eigne sich laut dem Experten, die 1. NAK flächig auszubringen – so nehmen man den Druck raus. Dann folge die Bandspritzung, in der 3. NAK das Hacken. Beides zusammen sei kritisch, da die idealen Witterungsbedingungen unterschiedliche seien.

Adama – künftig mehr Biologicals

Das Pflanzenschutzunternehmen Adama selbst will sich in der Zeitenwende breiter aufstellen, bekräftigt der Abteilungsleiter Portfoliomanagement Dr. Andreas Tillessen. Denn durch die geplanten Regelungen auf EU-Ebene stehe das Unternehmen vor enormen Planungsunsicherheiten. Künftig soll das nachhaltige und zukunftsorientierte Produktportfolio folgende fünf Punkte umfassen:

  • Chemischer Pflanzenschutz (neue Mischungen),
  • Biologicals (verstärkt Biostimulanzien und biologische Pflanzenschutzmittel),
  • Kommunikation (verstärkt direkt zum Kunden/Landwirt),
  • AG-Tech (Roboter, Drohnenaufnahmen inkl. Auswertung Eagle Eye powert by agremo, automatische Schädlingsfallen) sowie
  • Formulierung (z.B. Kupferreduktion in bestimmten Pflanzenschutzmitteln.

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