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Biogas-Konjunkturumfrage: Ein Drittel der Anlagen plant die Stilllegung

Die Bewertung des zurückliegenden als auch des kommenden Geschäftsjahres ist die schlechteste seit Beginn der Umfrage von C.A.R.M.E.N. Der Verein renergie Allgäu hat neue Vorschläge an die Politik.

Lesezeit: 6 Minuten

Der überwiegende Anteil (65 %) der Biogasanlagenbetreiber schätzt die eigene wirtschaftliche Lage als „gut“ bzw. „mittel“ ein. 11 % gaben diese sogar als „sehr gut“ an. Dagegen bewerten 24 % der Unternehmen die Situation im abgelaufenen Geschäftsjahr bzw. im Jahr 2023 als „schlecht“ oder „sehr schlecht“ – 10 % mehr als im vergangenen Jahr.

Das ist das Ergebnis der Biogas-Konjunkturumfrage 2023, die das Centrale Agrar-Rohstoff Marketing- und Energie-Netzwerk (C.A.R.M.E.N. e.V.) seit 2012 unter Anlagenbetreibern in Bayern durchführt.

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Schlechtester Wert seit 2012

Es wurde kein Zusammenhang zwischen installierter Leistung, Bemessungsleistung und der wirtschaftlichen Lage festgestellt. Für das kommende Geschäftsjahr sind die Erwartungen noch verhaltener. Auffällig war zudem, dass sowohl die Bewertung des zurückliegenden als auch des kommenden Geschäftsjahres den schlechtesten Wert seit Beginn der Konjunkturumfrage im Jahr 2012 aufweist.

Die wirtschaftliche Lage im Geschäftsjahr 2023 entsprach bei 60 % den Erwartungen. Betriebe mit sehr guter oder guter wirtschaftlicher Lage führten dies zum überwiegenden Teil (63 %) auf die Einnahmesituation zurück. Solche mit schlechter bzw. sehr schlechter wirtschaftlicher Lage nannten insbesondere die Substratkosten (44 %) als Begründung. Darüber hinaus waren auch die Einnahmesituation (29 %) sowie außerplanmäßige Investitionen (22 %) Ursache.

„Vermarktungskonzept“ Stilllegung dominiert

Mehr als ein Drittel (34 %) der Betreibenden sehen für ihre Anlagen kein zukunftsträchtiges Vermarktungskonzept, sondern planen, die Anlage stillzulegen. Als Beweggrund dafür wurde fast ausschließlich die fehlende Wirtschaftlichkeit aufgeführt. Auch die Gesetzgebung und damit verbundene Hürden spielen aus Sicht der Teilnehmenden eine Rolle.

Der Umbau der Anlage zu einer hochflexiblen KWK-Anlage erscheint nur 31 % der Biogasbetriebe als erfolgversprechend. Begründet wurde dies insbesondere mit vorhandenen Wärmekonzepten sowie mangelnder Eignung des Standortes für die Biogasaufbereitung. 8 % der Rückmeldungen sehen ihre Zukunft in der Biomethanproduktion. Hierbei sind ein hoher Wirtschaftsdüngeranteil sowie der Wunsch nach Abschaffung des BHKW ausschlaggebend. Über die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten hinaus wurden als Zukunftskonzepte mehrmals der Ausbau eines bestehenden Wärmenetzes, die Umstellung auf Eigenbedarf und die Direktlieferung von Rohbiogas genannt.

Rückgang des Anlagenbestandes absehbar

Leider planen 33,6 % der Betreibenden, die Anlage nach Ende der Förderperiode 1 stillzulegen. In den Vorjahren lag der Wert bei 11,3 (Jahr 2022) bzw. 11,1 % (Jahr 2021). Der Anteil der Stilllegungen lag bei Anlagen mit sehr guter oder guter wirtschaftlicher Lage im gewichteten Durchschnitt bei 16 %, bei solchen mit schlechter oder sehr schlechter Lage bei 58 %. Als Gründe für die Stilllegung wurde wie oben erwähnt insbesondere die fehlende Wirtschaftlichkeit aufgeführt.

Als Vorschläge an die Bundespolitik wurden u. a. die Anhebung der Gebotshöchstwerte für Bestandsanlagen sowie der Volumina in der Ausschreibung, Bürokratieabbau sowie mehr Planungssicherheit genannt. Auch der Wunsch nach einem klaren Bekenntnis zur Biogasbranche wurde mehrfach geäußert.

Wünsche an C.A.R.M.E.N.  

Außerdem wurde abgefragt, zu welchen konkreten Themen sich die Teilnehmenden vermehrt Informationen von C.A.R.M.E.N. e.V. wünschen. Wenig überraschend wurden hier überwiegend wirtschaftliche Zukunftsperspektiven genannt. Im Detail wurden diese teilweise spezifiziert: Wärme- und Stromvermarktung, Einsatz alternativer Substrate, Optimierung der Einnahmen etc. Aufgrund dieser Anregungen veranstaltet C.A.R.M.E.N. e.V. am 23. April 2024 ein kostenfreies WebSeminar zum Thema „Zukunftskonzept Biogas – so kann’s weitergehen“. Viele Informationen zu Zukunftskonzepten, der dafür notwendigen Generalüberholung sowie der Wirtschaftlichkeit sind bereits in dem Leitfaden „Biogas nach dem EEG – (wie) kann’s weitergehen“ festgehalten. Dieser wird momentan komplett überarbeitet und aktualisiert und soll noch vor dem geplanten WebSeminar veröffentlicht werden. Zudem bietet C.A.R.M.E.N. e.V. eine persönliche und kostenfreie Beratung zum Weiterbetrieb für die Zeit nach der EEG-Förderperiode 1 an.

Seit 2012 befragt C.A.R.M.E.N. e.V. im Rahmen einer Konjunkturumfrage jährlich bayerische Betreiberinnen und Betreiber von Biogasanlagen zu ihrer wirtschaftlichen Lage. In diesem Jahr nahmen 140 Betriebe an der Umfrage teil. Die Abfrage wurde im Zeitraum von Mitte Dezember 2023 bis Mitte Februar 2024 für das Kalenderjahr 2023 durchgeführt.

renergie Allgäu: "Biogas kann mehr"

„Warum nutzen wir die Möglichkeiten der Biogas-Technologie nicht voll aus?“ Thomas Hartmann, Energieberater und Vorsitzender des Kemptener Vereins renergie Allgäu, appelliert in aller Deutlichkeit an die Regierung, der Verstromung von Biomasse endlich mehr Bedeutung zuzumessen. Statt wie geplant neue, teure und noch dazu fossile Gaskraftwerke zu errichten, könnte man allein durch die weitere Überbauung der bestehenden Biogas-Anlagen im Land einen gewaltigen Schritt in Richtung Energiewende schaffen. Mehr Produktionskapazität, mehr Versorgungssicherheit, mehr Netzstabilität – „Biogas kann viele unserer Probleme lösen“, ist der Energie-Experte überzeugt.

Kapazität von 6 Atomkraftwerken

Aktuell gibt es in Deutschland rund 9000 Biogasanlagen mit 6,4 Gigawatt installierter Leistung. „Das entspricht der Kapazität von rund 6 Atomkraftwerken“, rechnet Hartmann vor. In Summe produzieren diese Anlagen pro Jahr gut 31,3 Terawattstunden erneuerbaren Strom, decken damit also rund 6 % des bundesweiten Strombedarfs.

Das klingt zunächst nicht viel. „Aber Biogas könnte deutlich mehr“, weiß der Kemptener Energieexperte. Statt die Anlagen bei drohender Netzüberlastung nur abzuregeln, sollten sie vielmehr noch stärker überbaut werden, um in Dunkelflaute-Zeiten ein Vielfaches an Strom liefern zu könnten. Mit einer effizienten und flexiblen Nutzung der bestehenden Biogasanlagen könnte man das Stromlückenproblem weitgehend lösen.

Jüngst erst berichtete die Tagespresse, dass Deutschland für den Import von Strom im vergangenen Jahr 2,3 Mrd. € Mehrausgaben hatte. „Das liegt aber nicht daran, dass wir nicht genug produzieren können, sondern daran, dass unser Netz nicht ausreicht“, betont Hartmann.

Und auch hier könnte Biogas die Lösung sein, weil es die einzige erneuerbare Energiequelle ist, die in einer sehr großen Bandbreite flexibel erzeugen kann. „Würden wir das Geld statt in Importe in die Biogasbranche investieren, dann könnte man diese Technologie so ausbauen, dass all ihre biologischen und technischen Möglichkeiten genutzt werden.“ Er geht davon aus, auf diese Weise die Biogas-Stromproduktion auf bis zu 15 GW steigern zu können – ohne dass dafür neue Anlagen gebaut werden müssten. Weder Biogas noch teure Gaskraftwerke, wie von der Regierung aktuell geplant – zumal Biogasanlagen nicht nur Strom, sondern auch nachhaltige Wärme produzieren und damit einen zusätzlichen Beitrag zur politisch erklärten Energiewende beitragen können.

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