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Biomassestrategie: Katastrophal für Holz und Biosprit

Während die Biogasbranche mit dem bekannt gewordenen Entwurf der Biomassestrategie zufrieden ist, schlagen die Verbände bezüglich Holz und Biokraftstoff Alarm: Es drohen neue Einschnitte.

Lesezeit: 5 Minuten

Der jetzt bekannt gewordene Entwurf zur Nationalen Biomassestrategie (NABIS) hat unterschiedliche Reaktionen in der Bioenergiebranche ausgelöst. Das rund 70 Seiten lange Papier legt dar, wie die nachhaltige Erzeugung und Nutzung von Biomasse in Deutschland zukünftig erfolgen soll. Auch Biogas ist explizit thematisiert.

Flexible Biogasanlagen gefragt

Horst Seide, Präsident des Fachverband Biogas, zeigt sich im Großen und Ganzen zufrieden mit dem Papier, welches noch auf den vergangen Herbst datiert ist und unterstreicht: „Dass die Nationale Biomassestrategie das Thema Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft in den Mittelpunkt stellen will, war in dieser Form zu erwarten und zeigt den Willen der Bundesregierung, auf nachhaltige Biomasse zu setzen.“

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Viel bemerkenswerter sei jedoch die in dem Papier ersichtliche Bestrebung der Bundesregierung, Biogas beim Umstellungsprozess hin zu einer flexibleren Fahrweise zu unterstützen. So soll der Einsatz von Biogas als Flexibilitätsoption zum Ausgleich von Wind und Solar verstärken genutzt werden. Hierfür will die Bundesregierung die bestehenden Flexibilitätsanreize stärken sowie die Schließung lokaler Stoffkreisläufe durch Nutzung lokaler Biomassequellen fördern. Seide mahnt jedoch an: „Auch wenn dieses Vorhaben im Hinblick auf die parallel erarbeitete Kraftwerksstrategie der Bundesregierung zum perfekten Zeitpunkt kommt, muss dieser Weg nun auch zügig und konsequent beschritten werden.“

Weniger Bürokratie nötig

Dazu gehörten zuerst die Beendigung der aktuelle Verengung der Biomasse-Vergütung auf Biomethan-Spitzenlastkraftwerke und eine Rückbesinnung auf flexible Kraftwärme-Kopplung auf Basis von Biogas und Biomethan im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG). „Denn wenn die Ausschreibungsvolumina im regulären Segment weiterhin derart niedrig bleiben, werden viele Bestandsanlagen keine wirtschaftliche Chance erhalten ihre Anlagen weiter zu betreiben und fehlen dann als Back-Up-Kraftwerke im Energiesystem von Morgen,“ so der Präsident.


Daneben sei auch das Ziel einer verstärkten energetischen Nutzung von Zwischenfrüchten, Güllen sowie Rest- und Abfallstoffen im Sinne der Branche. „Hier gilt es jedoch noch einige Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen, um tatsächlich diese nachhaltigen Potenziale zu heben. Gleichzeitig darf man nicht die Augen vor der Tatsache verschließen, dass auch langfristig ein Großteil alternativer Substrate nur durch eine kluge Co-Vergärung mit energiereichen Substraten wie Energiepflanzen gehoben werden kann. Die Biogasbranche braucht darüber hinaus Zeit zur Transformation und finanzielle Unterstützung auf den Weg des vermehrten Einsatzes nachhaltiger Substrate, ansonsten laufen wir Gefahr, dass nennenswerte Leistung vom Netz geht,“ betont Seide.


Nicht zuletzt sind die Ankündigungen weiterer regulatorischer Auflagen abzulehnen. „Die Biogasbranche ist schon überreguliert. Eine eventuelle Verschärfung bestehender und Einführung neuer Auflagen darf der Überregulierung nicht die Türen öffnen und so zu mehr bürokratischem Aufwand und höheren Kosten führen. Im Gegenteil: Wir brauchen einen Abbau von Bürokratie um die Energiewende zu entfesseln,“ schließt Seide.



Holzbranche ist enttäuscht und ist unrealistisch 


„Aus Sicht der Holzenergiebranche enttäuschen die bekannt gewordenen Details zum Entwurf der Biomassestrategie leider komplett. Bis auf wenige positive Ansätze im Bereich Agroforst, Pflanzenkohle und negative Emissionen sieht der Entwurf nach einer Bioenergieverhinderungsstrategie aus.“, sagt Gerolf Bücheler, Geschäftsführer des Fachverbandes Holzenergie im Bundesverband Bioenergie.

Vorschläge wie ein CO₂-Preis auf Holz im EU-Emissionshandel und der insgesamt bioenergiekritische Tenor stünden im krassen Gegensatz zu einem ambitionierten und erfolgreichen Klimaschutz. „Sie ignorieren die Tatsache, dass wir beim Klimaschutz angesichts des gerissenen 1,5°-Ziels vor einer nie gekannten Dringlichkeit stehen“, so Bücheler.  

Der Entwurf sei in großen Teilen realitätsfremd, da Wälder hauptsächlich als Treibhausgassenke gesehen werden, ungeachtet der Klimaschäden im Wald und des dringenden Gebots, die Wälder umzubauen. Auch mit Blick auf die vorgeschlagene Priorisierung der stofflichen vor der energetischen Nutzung und der rechtlichen Verankerung des Kaskadenprinzips verkenne der Entwurf, dass dessen Umsetzung in einigen Regionen oder Produkten wirtschaftlich und technisch nicht sinnvoll sei. „Damit würden neue praxisferne und bürokratische Hürden für die Biomassenutzung insgesamt aufgebaut werden“, warnt er.

Neuauflage gescheiterter Vorhaben

Stephan Arens, Vorstand im Bundesverband Bioenergie e.V. (BBE), kritisiert die für den Biokraftstoffbereich enthaltenen Punkte: „Der Entwurf der nationalen Biomassestrategie ist der untaugliche Versuch, bereits mehrfach gescheiterte politische Ideen wieder in die Diskussion einzubringen, obwohl diese bereits ausdiskutiert wurden. Wir haben kein Verständnis dafür, dass man sich in Teilen der Bundesregierung weiterhin mit ideologisch motivierten Projekten befasst, anstatt konstruktiv eine umfassende und technologieoffene Strategie für den klimaneutralen Verkehr zu entwerfen.“

Die Biomassestrategie drohe damit zum Rohrkrepierer zu werden, noch bevor der erste Entwurf offiziell veröffentlicht ist. Arens kritisiert, dass der Entwurf – offenbar auf Betreiben des Bundesumweltministeriums – wieder eine Absenkung der Obergrenze für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse vorsehe, genauso wie einen nationalen CO₂-Preis auf nachhaltige Biokraftstoffe. Beide Vorhaben wurden in der jetzigen Legislaturperiode bereits innerhalb der Bundesregierung bzw. im Parlament mehrfach abgelehnt. Die Bepreisung nachhaltiger Biokraftstoffe verstößt zudem eindeutig gegen europäische Vorgaben und den Sinn und Zweck des nationalen Emissionshandels.

Indirekte Landnutzungsänderung einbeziehen?

Auch die im Entwurf enthaltene Forderung, Emissionen aus indirekter Landnutzungsänderung (sogenannte iLUC-Effekte) in die Treibhausgasbilanzierung von Biokraftstoffen einzubeziehen, wurde bereits auf EU-Ebene im Rahmen der Erneuerbare Energien Richtlinie umfangreich diskutiert. „Auf EU-Ebene und durch die deutsche Gesetzgebung ist nach intensiver Diskussion der Einsatz von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse stark eingeschränkt. Dies verhindert, dass es zu indirekten Landnutzungseffekten kommt. Die iLUC-Debatte ist damit erledigt, auch wenn man das im Umweltministerium nicht wahrhaben möchte“, so der BBE-Vorstand. 

Arens vermisst im vorliegenden Entwurf der Biomassestrategie sowohl die marktwirtschaftliche Ausrichtung als auch jedwede Rücksichtnahme auf die notwendigen Realitäten und ökonomischen Bedürfnisse: „Es ist doch weltfremd zu glauben, dass sich die globale Biomassenutzung aus Berlin heraus im Detail vorgeben lässt, weder im Hinblick auf landwirtschaftliche Fruchtfolgen und Qualitäten noch die konkreten Einsatzbereiche der Biomasse betreffend. Anstatt sich in planwirtschaftlich anmutenden Detailregelungen zu Nutzungsreihenfolgen zu verlieren, sollte es die Aufgabe der Bundesregierung sein, einen effektiven Rahmen für Klimaschutz und Versorgungssicherheit zu setzen.“

Im Verkehrsbereich sorge die Treibhausgasminderungsquote seit Jahren für eine steigende Klimaschutzeffizienz der eingesetzten Kraftstoffe und muss deshalb dringend angehoben werden. Die notwendige und gesetzlich vorgesehene Anpassung der Quote zu streichen – wie es jetzt der Entwurf der NABIS vorsieht – bedeutet dagegen das Ende aller Ambitionen für echten Klimaschutz im Verkehr.“

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