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Stimmen zur Stromerlösabschöpfung: Warum 6 Cent die Biogasbranche abwürgen

Die gestern veröffentlichten Vorschläge zur Erlösabschöpfung werden von vielen Verbänden und Landespolitikern abgelehnt. Denn die Politik verkennt die besondere Situation der Bioenergie.

Lesezeit: 5 Minuten

Gestern legte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) einen Referentenentwurf eines Strompreisbremsengesetzes vor, das u.a. die Abschöpfung von Strommarkterlösen von Erneuerbare-Energien-Anlagen vorsieht. In der sich anschließenden Verbändeanhörung haben sich auch die Verbände des Hauptstadtbüro Bioenergie eingebracht. Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie, kommentiert:„Der Entwurf des Wirtschaftsministeriums zeigt, wie gering die Bereitschaft ist, sich auf die besondere Situation der Bioenergie einzulassen. So wird in dem Entwurf betont, die gestiegenen Kosten in Bezug auf Wartung, Reparatur, Betriebsmittelkosten und Substrate zu berücksichtigen, allerdings nur bei Biogasanlagen und weit unterhalb dessen, was zur Vermeidung einer Abschaltung der Anlagen nötig wäre.“

Puffer reicht nicht aus

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Doch auch eine Erhöhung des Sicherheitspuffers von 3 auf 6 ct/kWh reicht in keiner Weise aus, um einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb zu ermöglichen und Investitionsanreize zu bewahren. Die Kostensteigerungen bei der Holzenergie würden völlig ignoriert. Folgerichtig sei nach wie vor die vollständige Ausnahme der Bioenergie die einzige Lösung für Versorgungssicherheit im aktuellen Winter. Sollte dies keine Option sein, müssten zumindest die Sicherheitszuschläge von 12 ct/kWh für Biogas, 13 ct/kWh für Altholz und 9 ct/kWh für Frischholz angehoben werden.

Anreiz für Flexibilisierung geht verloren

Auch dass die Erlöse aus der flexiblen Stromproduktion abgeschöpft werden,sei energiewirtschaftlich unsinnig, denn hierdurch geht laut Hauptstadtbüro unweigerlich der Anreiz verloren, die Stromerzeugung auf die Zeiten mit den höchsten Börsenpreisen, also die Stunden mit dem höchsten Erdgasverbrauch, zu verlagern. Dies hätte unweigerlich den Verlust mehrerer Gigawatt flexibler Leistung im Stromnetz zur Folge. Die Flexibilitätserlöse müssten daher von einer Abschöpfung komplett ausgenommen bleiben.

„Die vorgeschlagene Bagatellgrenze für Erneuerbare-Energien-Anlagen von einem Megawatt ist zwar grundsätzlich zu begrüßen, diskriminiert aber insbesondere jene Biogasanlagen, die ihre Leistung zur flexiblen Stromproduktion erhöht und sich frühzeitig für eine teurere, aber netzdienlichere Stromproduktion entschieden haben. Die Grenze muss daher ein Megawatt Höchstbemessungsleistung betragen“, fordert Rostek.

Vertrauen verspielt

Auf vollkommenes Unverständnis in der Branche stößt ebenfalls die rückwirkende Abschöpfung zum 1. September dieses Jahres. Dies verspielt massiv Vertrauen der Marktakteure und greift direkt in die Zukunftsfähigkeit einer Vielzahl von Bioenergieanlagen ein, die bereits in großen Maßstab Investitionen getätigt und die Erlöse zur Kostendeckung verwendet haben.

Noch bestehe die Chance für die beteiligten Ressorts der Bundesregierung, die gesicherte Energieerzeugung aus Biomasse zu befähigen und nicht abzuwürgen. „Die Bioenergie wird im kommenden Winter eine wichtige Rolle für die sichere Energieversorgung übernehmen müssen. Mit dem jetzigen Entwurf des BMWK steht sie jedoch vor dem Aus. Wir appellieren dringend an die Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestags, im weiteren Verfahren den Entwurf des BMWK entsprechend nachzubessern“, mahnt sie.

Verbände gegen Abschöpfung

„Jedwede Gewinnabschöpfung bei Biomasseanlagen muss vom Tisch. Eine Ein-Megawatt-Grenze beeinträchtigt landwirtschaftliche Betriebe mit flexiblen Anlagen. Auch der geplante 6 Cent-Puffer wird den gestiegenen Rohstoff-, Energie-, Anlagen- und Betriebskosten nicht gerecht“, kritisierte gestern auch der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Michael Horper, während einer Demonstration für Bioenergie gestern in Berlin.

Mit Blick auf die Abschöpfung von so genannten Zufallsgewinnen fordert Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV): „Es darf keine rückwirkende Abschöpfung geben. Eine Erlösabschöpfung zur Finanzierung der Strompreisbremse muss an den Startzeitpunkt der tatsächlichen Entlastung gekoppelt sein und darf deshalb erst zum 1. Januar erfolgen.“ Darüber hinaus lehnt der DRV ab, dass Bioenergieanlagen von mehr als einem Megawatt Leistung von der Erlösabschöpfung weiterhin betroffen sind. Holzenkamp: „Damit werden falsche Signale gesetzt. Bioenergie sollte komplett von der Abschöpfung ausgenommen sein.“

Aiwanger wiederholt Kritik

Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger hat sich verärgert über den erschienenen Referentenentwurf zur Einführung der Strompreisbremse gezeigt. Aiwanger: „Im Entwurf des Gesetzes zur Einführung der Strompreisbremse werden zwar wenigstens Anlagen bis 1 Megawatt ausgenommen, jedoch ist der Sicherheitszuschlag von 6 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) für Biomasse- und Biogasanlagen viel zu gering. Hier wäre mindestens ein Aufschlag von rund 10 ct/kWh notwendig, um die gestiegenen Kosten aufzufangen."

Aiwanger verweist in diesem Zusammenhang auf die massiv angestiegenen Preise von Einsatzstoffen und die Kosten für die erhöhten Umweltanforderungen. Die Gestehungskosten liegen inzwischen 9 bis 10 ct/kWh höher als noch vor einem Jahr. „Im Falle einer zu hohen Kappung droht ein Abschalten von Anlagen mit unabsehbaren Folgen vor allem für die zu versorgenden Nahwärmenetze. Wir können und dürfen uns dieses Risiko nicht leisten“, mahnt der Staatsminister.

Auch er sieht in der Rückwirkung zum 1. September einen Vertrauensbruch für Anlagenbetreiber. Viele Biomasse- und Biogasanlagenbetreiber hätten diese Einnahmen zur Deckung der gestiegenen Beschaffungskosten bereits verausgabt. Häufig seien diese Einnahmen von den Anlagenbetreibern auch für Umbauten der Anlage eingesetzt worden. Darüber hinaus sei eine Rückwirkung in der „Verordnung (EU) 2022/1854 des Rates vom 6. Oktober 2022 über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise“ überhaupt nicht vorgesehen.

In einem Schreiben an Bundesminister Robert Habeck fordert Aiwanger, Biomasse- und Biogasanlagen weitestgehend von der Gewinnabschöpfung auszunehmen. Aiwanger: „Es kann doch nicht sein, dass die Anlagenbetreiber, die steuerbare, nachhaltige und erneuerbare Energie gerade jetzt auch für den Winter erzeugen, eine rückwirkende Abschöpfung ihrer Erlöse erfahren. Es versteht kein Mensch, warum die Bundesregierung hier nicht ihren Spielraum ausnutzt und diese Anlagen, soweit EU-rechtlich möglich, von der Abschöpfung ausnimmt“, so der Minister.

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