Die Europäische Kommission prüft eine Lockerung des Schutzstatus für den Wolf. So bietet die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) offenbar Spielräume für die Mitgliedstaaten, um auf wachsende Wolfsbestände zu reagieren. Das hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Informationen der Funke-Medien mehreren Europaabgeordneten von CDU und CSU geschrieben.
Die EU-Kommission erkenne an, dass die Rückkehr von Wölfen sowie ihre wachsende Zahl zu Konflikten führe, heißt es. Möglich sei, den Schutzstatus von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabzusetzen. Hintergrund ist die steigende Zahl von Wolfsrudeln in Deutschland und Europa.
Parlament: Wolfspopulation rechtfertigt nicht mehr hohen Schutzstatus
Vergangene Woche hatte bereits das Europäische Parlament gefordert, die Populationen von Wölfen und die durch ihre Angriffe verursachten Schäden besser zu überwachen. In einer Entschließung verlangen die Parlamentarier, den Schutzstatus bestimmter Arten anzupassen, sobald der gewünschte Erhaltungszustand erreicht ist. Genau über dies will die Kommission nun beraten.
Der Druck aus den Mitgliedstaaten nimmt nämlich weiter zu. Viele sind überzeugt, dass der Erhaltungszustand des Wolfes auf paneuropäischer Ebene schon jetzt seine Abschwächung rechtfertige.
Ein großes Problem ist zudem, dass die Entschädigung von Tierhaltern im Falle eines Angriffs von Land zu Land variiert und dass die Landwirte nicht immer eine vollständige Entschädigung für den erlittenen Schaden erhalten. Die Abgeordneten forderten die Kommission deshalb auf, auch "eine Änderung ihrer Agrarleitlinien in Betracht zu ziehen, um die Entschädigung für Schäden durch Großraubtiere als staatliche Beihilfe zu erleichtern".
Weidetierhaltung und Akzeptanz für den Wolf erhalten
Die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, Anja Weisgerber, und der zuständige Berichterstatter Klaus Mack werten das Schreiben von der Leyens als starkes Signal aus Brüssel, das sie die Forderung nach Begrenzung der Wolfsbestände unterstützt.
„Der Ball liegt nun im Feld der Bundesregierung. Die Zahl der Wölfe nimmt deutlich zu. Die Menschen in bestimmten ländlichen Regionen in Deutschland fühlen sich nicht mehr sicher. Denn immer häufiger verlieren Wölfe ihre natürliche Scheu vor den Menschen und trauen sich näher an Siedlungen heran“, betont Weisgerber. Bundesumweltministerin Lemke dürfe davor nicht weiter die Augen verschließen.
Auch Mack sieht eine schwindende Akzeptanz des Wolfes im betroffenen ländlichen Raum. Dies mache eine Eins-zu-eins-Umsetzung der FFH-Richtlinie in deutsches Recht unerlässlich. Da die Wolfsbestände nicht mehr gefährdet seien, wäre es sachgerecht, den Schutzstatus anzupassen.
Busen: Reduzierter Schutzstatus überfällig
Der jagdpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Karlheinz Busen, hält die Reduzierung des Schutzstatus für Wölfe für „längst überfällig“. Er rief die EU auf, die Änderung der EU-Richtlinie nun zügig voranzutreiben. Angesichts der steigenden Bestandszahlen in Deutschland plädiert er darüber hinaus für eine Debatte über die Bejagung des Wolfs zur Bestandskontrolle.
Schulze: Für Konflikte zwischen Artenschutz und Weidetierhaltung wappnen
Sachsen-Anhalts Landwirtschaftsminister, Sven Schulze, befürwortet eine Lockerung des Schutzstatus für Wölfe ausdrücklich. Er wird als aktueller Vorsitzender der Agrarministerkonferenz in den nächsten Tagen weitere Gespräche in Brüssel dazu führen und hofft nun auf mögliche Erleichterungen für die Weidetierhalter: „Mit der Initiative der Europäischen Kommission können wir uns für eine potenziell steigende Zahl von Konflikten zwischen Artenschutz und Weidetierhaltung besser wappnen.“ Schulze geht davon aus, dass das Thema Wolfsmanagement auch für Sachsen-Anhalt künftig eine bedeutendere Rolle spielen wird.