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Experten bei Anhörung mehrheitlich für Bejagung von Wölfen

Am Mittwoch hörten die Mitglieder des Umweltausschusses die Argumente zum Thema Wolf vonseiten der Wolfsschützer, der Wissenschaft, der Schäfer und der Juristen.

Lesezeit: 7 Minuten

Die CDU/CSU-Fraktion ist am Mittwoch mit ihrem Antrag auf Bejagung von Wölfen als Teil eines Bestandsmanagements in einer öffentlichen Anhörung im Umweltausschuss auf ein geteiltes Echo gestoßen. Während ein Teil der Sachverständigen die Initiative der Union begrüßte, lehnten andere die Bejagung des Wolfes klar ab.

CSU: Wolf keine bedrohte Art mehr

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Der Wolf sei bei uns keine bedrohte Art mehr, betont die umweltpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Anja Weisgerber (CSU). Im Jahr 2021 hätten Wölfe ca. 4.000 Weidetiere gerissen. Hohe Zäune und Hütehunde allein reichten zum Schutz der Tiere bei Weitem nicht mehr aus.

Man könne daher nicht tatenlos zusehen, wie die Wolfspopulation weiter zunimmt. Die Union ruft die Bundesregierung auf, endlich im Jagd- und im Naturschutzrecht die Voraussetzungen für ein aktives Wolfsmanagement zu schaffen, wie es in anderen EU-Staaten praktiziert wird. Die Sachverständigen hätten bestätigt, dass dies auch EU-rechtlich möglich ist, weil ein günstiger Erhaltungszustand erreicht ist.

Neben einem Bestandsmanagement macht sich Weisgerber auch für wolfsfreie Zonen stark – insbesondere an den Deichen und auf den Almen im Alpenraum.

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Die Pressestelle des Bundestages fasst die Anhörung wie folgt zusammen:

Pro Wolf: Schutz der Tiere auch am Deich machbar

Ilka Reinhardt vom Lupus Institut für Wolfsmonitoring- und forschung in Deutschland gab zu bedenken, dass die Bejagung von Wölfen nicht unbedingt zur Befriedung von Konflikten führe. Das zeigten die Beispiele Schweden und Frankreich, die die Union in ihrem Antrag als Vorbild herangezogen hatte, deutlich.

Um die Weidetierhaltung zu erhalten und Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere zu verringern, plädierte Reinhardt stattdessen für einen „richtig umgesetzten, funktionstüchtigen“ Herdenschutz. Wissenschaftlich sei erwiesen, dass dieser am besten geeignet sei, um Wolfsrisse zu reduzieren. Schutzmaßnahmen wie Zäune, Schutzhunde und Behirtung seien selbst an Deichen und in Bergregionen möglich. Das belegten zahlreiche Beispiele. Was es brauche, sei eine bessere fachliche Begleitung der Weidetierhalter.

Beispiel Norwegen: Trotz Bejagung hohe Rissschäden

Ähnlich argumentierte auch Carsten Nowak vom Seckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt: Er bezeichnete die Ausbreitung des Wolfes einen „wichtigen Schritt hin zu einem artenreichen und resilienten Ökosystem“.

Gleichwohl räumte auch er Konflikte im Zusammenleben mit dem Wolf ein: Die Zahl der Nutztierschäden steige mit der wachsenden Population - jedoch sei die „Korrelation schwächer, als man denken könne“, so Nowak und verwies auf das Beispiel Norwegen. Dort gebe es nur wenige Wölfe, trotz Bejagung seien dort aber die Schäden enorm. Grund sei der fehlende Herdenschutz. In „gut implementierten Herdenschutzmaßnahmen“ sah der Sachverständige zudem überhaupt erst die Voraussetzung für „evidenzbasiertes, wissenschaftliches Wolfsmanagement“.

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Kontra Wolf: Weidetierhalter nach 20 Jahren frustriert

Eine „Anpassung des Wolfsmanagements an die tatsächlichen Gegebenheiten“ forderte hingegen Stefan Völl von der Vereinigung der Deutschen Landesschafzuchtverbände (VdL) und signalisierte Zustimmung zum Unionsantrag: Die Weidetierhalter seien nach 20 Jahren im Umgang mit dem Wolf „zunehmend frustriert“, sagte der VdL-Geschäftsführer in der Anhörung.

Herdenschutz sei für sie „eine Selbstverständlichkeit - da wo er möglich sei“. Dennoch habe man „über 1.000 Übergriffe und 4.000 getötete oder verletzte Tiere“, so Völl. „Wir müssen einsehen, dass es hundertprozentigen Herdenschutz nicht gibt.“ Übergriffige Wölfe müssten unverzüglich entnommen werden. Das dürfe angesichts der jährlich wachsenden Zuwachsraten von 30 % auch nicht zu Diskussionen führen.

Abschuss auch, wenn Herdenschutz nicht möglich ist

Für einen „zügigen und konsequenten Abschuss“ von Wölfen, wenn Nutztieren trotz Herdenschutz Schaden drohe, plädierte auch Andreas Schenk vom Bundesverband der Berufsschäfer. Diese müsse auch dann gelten, wenn Herdenschutz nachweislich technisch nicht umsetzbar oder wirtschaftlich unzumutbar sei. Neben Herdenschutz und dem Ausgleich aller Kosten im Zusammenhang mit dem Wolf seien das die Grundbedingungen, um einen konsensfähigen Rahmen für die Koexistenz von Mensch und Tier zu schaffen.

Problemwölfe konsequent entnehmen, unabhängig von Quoten

Gegen Jagdquoten und Obergrenzen positionierte sich Frank Hahnel vom Schafzuchtverband Berlin Brandenburg: Nicht eine bestimmte Zahl von Wölfen sei seiner Meinung nach problematisch, sondern ein bestimmtes Verhalten der Tiere. Daher müssten die entnommen werden, die Weidetiere gefährdeten - unabhängig von einer festgelegten Zahl. Quoten seien ebenso abzulehnen, denn es sei zu befürchten, dass Rudel durch Bejagung geschwächt und erst recht gezwungen würden, Schafe oder Ziegen anzugreifen, so Hahnel in seiner Stellungnahme.

Gibt es zu wenig Wild- und Beutetiere?

Sven Herzog, Professor für Wildökologie und Jagdwirtschaft an der Universität Dresden, sprach sich dafür aus, „die zwei blinden Flecken im derzeitigen Wolfsmanagement zu beseitigen“: So müsse man sich zum einen mit dem Mangel an Wild- und Beutetieren befassen. In vielen Regionen dürften mögliche Beutetiere wie Rotwild gar nicht leben - das führe dazu, dass Wölfe sich zunehmend Herden- und Nutztiere als Beute suchten. Der zweite blinde Fleck sei die Entnahme von Wölfe, so Herzog. Auch hierüber müsse man „intensiver nachdenken“.

Ohne Beweidung keine Kulturlandschaft

Kulturlandschaften weisen oftmals eine höhere Artenvielfalt auf als die „reine Wildnis“, betonte Marcel Züger, Biologe und Geschäftsführer des Schweizer Ökoberatungsunternehmens Pro Valladas. Wenn Weidetierhaltung nicht mehr möglich sei, gingen „Edelstücke des Naturschutzes“ verloren.

Herdenschutzmaßnahmen wie Zäune stellten zudem ein Hindernis und eine Gefahrenquelle für kleinere Tiere wie wandernde Amphibien und Reptilien dar, die sich darin verfangen und verletzen könnten. Zäune seien somit das Gegenteil von „Wildtierbrücken“, auf die man im Naturschutz sonst großen Wert lege und sogar extra anlege.

Österreicher sehen nur eine Lösung: Wolfsfreie Zonen

Ähnlich äußerte sich auch Anton Larcher vom Tiroler Jägerverband, der durch die unkontrollierte Ausbreitung des Wolfes bereits die Almwirtschaft in Österreich gefährdet sah. Viehhalter hätten hier viel für den Herdenschutz getan, dieser sei aber „gescheitert“. Lacher plädierte daher für die Einrichtung von „wolfsfreien Zonen“. Das Wolfsmonitoring müsse zudem EU-weit harmonisiert werden, sodass Wölfe im Grenzgebiet nicht unterschiedlich erfasst und nummeriert würden, so Larchers Empfehlung.

Was sagt der EU-Gerichtshof?

Michael Brenner, Professor für Deutsches und Europäisches Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Universität Jena, unterstrich ebenfalls die Notwendigkeit eines Bestandsmanagements. Dieses müsse aber den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes entsprechen.

Danach müsse der Wolfsbestand unter anderem nicht nur national, sondern auch regional ermittelt und der günstige Erhaltungszustand auf beiden Ebenen gesichert bleiben. Was ein günstiger Erhaltungszustand sei, müsse definiert werden, der Gesetzgeber könne hier einen „Akzeptanzkorridor festlegen“.

Oder doch lieber Ultraschallhalsbänder?

Für eine mittelfristige Regulierung angesichts des sich schnell erhöhenden Wolfsbestands sprach sich schließlich auch Alexander Kramer für den Deutschen Landkreistag aus. Es müsse ein „maßvoller Ausgleich“ zwischen den Belangen des Naturschutzes und der Abwehr von Gefahren und weitetierwirtschaftlicher Schäden gefunden werden.

Die Schaffung wolfsfreier Zonen jedoch sah Kramer angesichts der juristischen Lage skeptisch und schlug unter anderem vor, „mildere Mittel“ zu prüfen, wie etwa wie den Einsatz von Herdenschutzhunden oder Ultraschallhalsbändern, die über Sensoren Alarm schlagen und Wolfangriffe stoppen.

Weidetierhalter fordern aktives Wolfsmanagement – jetzt!

Auch anderswo haben die Angriffe von Wölfen auf Schafe und andere Weidetiere ein dramatisches Ausmaß erreicht. Gerade in der vergangenen Woche gab es wieder Übergriffe mit vielen Verlusten von Weidetieren.

„Die Tatsache, dass Wolfsgehege regelmäßig mit 3 m hohen Zäunen und Überhang gesichert werden müssen, führt jedoch eindrucksvoll vor Augen, dass die Betreffenden diesen Annahmen selbst wenig Glauben schenken“, sagt Wendelin Schmücker, Vorsitzender des Fördervereins der Deutschen Schafhaltung.

In Wirklichkeit würden sich Weidetiere auf Deichen oder Almen nicht durch Zäune schützen lassen, stellt er klar. Selbst dort wo Herdenschutzzäune nach den amtlichen Vorgaben zum Einsatz kommen können, würden diese regelmäßig von Wölfen überwunden. Zum Erhalt der Weidetiere in Deutschland sei daher ein aktives Wolfsmanagement unausweichlich. „Zuerst muss die FFH-Richtlinie endlich vollständig in nationales Recht umgesetzt werden. Bei der Umsetzung wurden die Entnahmeregeln, die die Schutzjagd ermöglichen nämlich, vergessen“, sagt Schmücker.

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