Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aktionswoche

Landwirte üben scharfe Kritik an Penny-Kampagne zu „wahren Preisen“

Landwirte zeigen sich über die Penny-Aktion empört. Der Discounter kassiert diese Woche Preisaufschläge von bis 94 %, um Umweltkosten auszugleichen. Für den Bauernverband „Greenwashing in Höchstform“.

Lesezeit: 5 Minuten

Eine Welle der Empörung zieht durch die Branche. In einem Experiment verlangt der Discounter Penny seit Montag eine Woche lang für neun seiner mehr als 3.000 Produkte die "wahren Preise". Also den Betrag, der bei Berücksichtigung aller „durch die Produktion verursachten Umwelt- und Gesundheitsschäden eigentlich berechnet werden müssten.“ Die Produkte vom Käse bis zum Wiener Würstchen werden dadurch um bis zu 94 % teurer. Landwirtschaftliche Verbände und Landwirte äußern harsche Kritik.

DBV: Greenwashing in Höchstform!

Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Die Penny-Aktion zu „wahren Kosten“ ist vor allem ein auf Kosten der Bauern ausgetragenes Greenwashing-Projekt eines Discounters, der sich ansonsten wenig für faire Bepreisung interessiert, meint der Deutsche Bauernverband (DBV). „Mit fragwürdiger Methodik und unseriösen Rechnungen mit fiktiven Kosten wird ein verzerrtes Bild gezeichnet, in dem die Rolle des niedrigpreisorientierten Lebensmittelhandels bewusst ausgeblendet wird.“ Positive Effekte der landwirtschaftlichen Produktion bleiben schlichtweg unberücksichtigt. Es sei mehr als zweifelhaft, wenn solche Methoden auch noch zur Margensteigerung im Handel beitragen. „Anstelle solcher aktivistischer Effekthaschereien sollte das Unternehmen Penny lieber die tatsächlichen Leistungen der heimischen Landwirtschaft anerkennen, wertschätzen und vor allem angemessen entlohnen“, heißt es weiter.

Positive Effekte der landwirtschaftlichen Produktion bleiben schlichtweg unberücksichtigt.“
Deutscher Bauernverband

Möchte man effektiv für eine noch nachhaltigere Lebensmittelproduktion sorgen, dann bräuchte es ein System, mit dem die Aufschläge auch zielgerichtet dort ankommen, wo der Mehraufwand entsteht – auf den landwirtschaftlichen Betrieben. Durch die aktuell laufende Kampagne verunglimpft Penny jedoch lediglich die heimische Produktion, die im globalen Vergleich bereits äußerst klima- und ressourcenschonend ist.

BDM: Nachdenken über das gesamte Lebensmittelsystem ist nötig

Die Aktion des zur Rewe-Group gehörenden Discounters Penny greift nach Ansicht des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) in seiner schlagwortartigen Begründung zu kurz und lässt so den Eindruck entstehen, als wäre in erster Linie die Landwirtschaft dafür verantwortlich. Auch die Tatsache, dass die Mehrerlöse komplett dem Projekt „Zukunftsbauer“ der Molkerei Berchtesgadener Land eG zugutekommen sollen und der Discounter noch 50.000 € obendrauf legen will, „heile“ diesen Eindruck nicht wirklich.

Die Aktion müsse von Landwirten genutzt werden, um die Diskussion darüber zu führen, wo die wahren Gründe für die fehlende Einpreisung von „wahren Kosten“ für die Herstellung von Lebensmitteln liegen“, erklärt BDM-Vorstandsvorsitzender Karsten Hansen. „Unser Kritikpunkt ist vor allem die zu eingeschränkte und schlagwortartige Begründung der „wahren Kosten“. Zu den „wahren Kosten“ zählt beispielsweise auch der Substanzverlust unserer Betriebe, wenn wir mit ständiger Kostenunterdeckung wirtschaften sollen. Da helfe auch die kleine finanzielle Zuwendung durch Penny an ein bäuerliches Projekt nicht.

Insgesamt solle die Aktion aus Sicht des BDM vor allem dazu aufrufen, über das herrschende Lebensmittelsystem zumindest nachzudenken. Hauptverantwortlich für diese Situation ist die fehlgeleitete Ausrichtung der Agrar- und Ernährungspolitik auf eine Versorgung der Verarbeitungs- und Ernährungsindustrie mit billigen Rohstoffen“, so Hansen weiter.

WLV: Alte Kamelle im Sommerloch

Die Aktion von Penny ist laut WLV-Präsident Beringmeier eine alte Kamelle im Sommerloch. Grundsätzlich bewerte der Westfälisch Lippische Bauernverband (WLV) es als positiv, dass Umweltkosten in die Bepreisung von Produkten einkalkuliert werden, denn: „Durch Umwelt-, Natur- und Klimaschutz entstehen Kosten. Für uns sind Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch. Mit unserer Offensive Nachhaltigkeit haben wir schon vor mehr als sechs Jahren einen ersten Aufschlag gemacht.“ Das ganze Statement lesen Sie hier:

LNS: Fragwürdige Untersuchungen der Universitäten

Auch der Landesverband Niedersächsischer Schweineerzeuger (LNS) kritisiert die Aktion des LEH Discounters Pennys. Das Unternehmen berufe sich dabei auf „fragwürdige Untersuchungen der Universitäten Greifswald und Nürnberg“.

In der werblich breit angelegten Marketingaktion des Discounters werden undifferenziert tierische Lebensmittel wie Milchprodukte und Fleisch bezüglich ihrer Umweltwirkungen pauschal abqualifiziert, so der LNS Vorsitzende Jürgen Albers.

Die methodischen Fehler bestünden darin, dass Penny bei den ausgewählten Artikeln nicht die Produktions- und Herstellungsprozesse und den Transport bis zum Point of Sale sauber differenziere. So ist bei den neun herausgestellten Lebensmitteln kein Erzeugnis aus außereuropäischen Obst- oder Gemüseanbauregionen zu finden, die sicher aufgrund der CO2- und Wasserbilanz kritisch zu betrachten wären. Lebensmittel wie Avocados, Kiwis oder Mandeln werden bei Pennys Aktion offensichtlich bewusst ausgeklammert.

Vielmehr sollte Penny herausstellen, dass Konsumenten sich dann klimabewusst verhalten, wenn sie Produkte aus der Region nachfragen. Daher spricht sich der LNS im Bereich der Fleischerzeugung eindeutig für eine obligatorische Herkunftskennzeichnung nach dem 5 * D Konzept sowohl in der Gastronomie, Kantinen als auch im LEH aus, so Albers weiter.

VEZG fordert den LEH zum Umdenken auf

Die Vereinigung der Erzeugergemeinschaften für Vieh und Fleisch (VEZG) zeigt sich von der jüngsten PR-Aktion des Discounters Penny nicht überrascht. Lebensmittel sind in Relation zu ihrer wahren Preiswürdigkeit massiv unterbewertet, so Matthias Frieß, Vorsitzender der Vereinigung der Erzeugergemeinschaften. Landwirte erhalten unter Berücksichtigung aller Nachhaltigkeitskriterien, zu denen auch eine gerechte Entlohnung der eingesetzten Arbeitskraft gehört, seit über 70 Jahren keine vollkostendeckenden Erzeugerpreise.

Bisher mussten Nahrungsmittel billig sein, damit Kaufkraft verfügbar ist, um die Konsumbereitschaft für andere Produkte der Industrie aufrecht zu erhalten. "Heute müssen wir erkennen, dass aufgrund der steigenden Inflation und der sinkenden Kaufkraft die „wahren Lebensmittelpreise“ völlig unrealistisch geworden sind." Viel wäre gewonnen, wenn sich der LEH noch stärker zu regionalen Produkten bekennt, so die VEZG. In Bezug auf eine nachhaltige Lebensmittelversorgung brauche brauche es nicht noch mehr Globalisierung wie das vor dem Abschluss stehende Mercosur Handelsabkommen. "Auf die Aktion der „wahren Preise“ für Importprodukte aus Übersee sind wir bereits heute gespannt."

Die Antwort kann daher aus Sicht der VEZG nur so lauten, dass der hiesige LEH noch stärker auf regionale und deutsche Erzeugnisse setzt und dies durch eine eindeutige Herkunftssicherung kenntlich macht, so Matthias Frieß weiter.

Mehr zu dem Thema

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.