Um die Inflation zu bremsen, will Portugals Regierung die Mehrwertsteuer auf 44 Grundnahrungsmittel streichen. Vor allem Brot, Fleisch und Eier sollen günstiger werden, berichtet die Deutsche Presseagentur (dpa).
Vorgesehen sind in Portugal danach auch finanzielle Unterstützungen für Landwirte und Tierhalter. Die Vereinbarung soll den Erzeugern helfen, die mit gestiegenen Preisen für Düngemittel, Futtermittel und Energie zu kämpfen haben, berichtet Euractiv.
Der sogenannte Pakt zur Stabilisierung und Senkung der Lebensmittelpreise wurde von der portugiesischen Regierung, dem portugiesischen Verband der Einzelhandelsunternehmen (APED) und dem portugiesischen Bauernverband (CAP) unterzeichnet. Das Maßnahmenpaket werde den Staat etwa 600 Mio. € kosten, sagte Portugals Ministerpräsident António Costa.
Erleichterungen sollen für sechs Monate gelten
Die Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel wie Brot, Nudeln, Reis, Kuhmilch, Eier, Joghurt, Käse, Öl, Butter, Fleisch und Fisch soll zunächst für sechs Monate gelten und gegebenenfalls verlängert werden. Das Maßnahmenpaket muss noch vom Parlament abgesegnet werden. Dort verfügt die Regierung aber über eine Mehrheit.
In Portugal lag die Inflationsrate im Februar bei 8,2 %. Damit war sie ähnlich hoch wie in Deutschland, wo die Verbraucherpreise im Februar um 8,7 % über dem Niveau des Vorjahresmonats lagen. Die Teuerung der Lebensmittel betrug in dem Land zuletzt sogar 20,1 %. Die Mehrwertsteuer auf die meisten Lebensmittel beträgt in Portugal 6 %.
Inflation und andauernder Krieg in der Ukraine als Grund
Costa führte die Inflation vor allem auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zurück. Er warnte, man könne nicht ausschließen, dass der Preisanstieg sich nicht auch nach Inkrafttreten des Maßnahmenpakets fortsetzen werde. „Niemand weiß, wie lange dieser Krieg noch andauern wird, und solange er andauert, besteht die Gefahr, dass die Produktionskosten weiter steigen“, sagte Costa.
Zu Beginn des Jahres 2023 hatte bereits Spanien die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel wie Brot, Milch, Käse, Obst, Gemüse und Getreide in Höhe von 4 % für das kommende halbe Jahr gestrichen.
Mehrwertsteuer Debatte in Deutschland flammt regelmäßig auf
In Deutschland hat Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wiederholt seine Präferenz für eine Senkung der Mehrwertsteuersätze für pflanzliche Lebensmittel geäußert. Er habe „große Sympathien“ dafür, die Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte auf null zu setzen, hatte Özdemir Anfang 2023 in einem Interview gesagt. Das würde auch das Signal setzen, dass gesunde Ernährung günstiger ist. Diese Forderung hatte Özdemir auch im Vorjahr bereits regelmäßig erhoben.
Konkrete Pläne für Mehrwertsteueränderungen gibt es in der Ampel-Koalition aber nicht. Insbesondere die FDP lehnt solche Vorhaben ab. Aber auch Teile der SPD, wie zum Beispiel Parteichef Lars Klingbeil, haben sich skeptisch gegenüber einer Mehrwertsteuersenkung für Lebensmittel geäußert.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) positioniert sich dahingehend, dass er - wenn überhaupt - eine Aussetzung der Mehrwertsteuer für alle Lebensmittel fordert und eine Ungleichbehandlung verschiedener Lebensmittel ablehnt. Zu den Befürwortern einer Mehrwertsteuersenkung gehören unter anderem das Umweltbundesamt (UBA) und der Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).
Die letzte große Mehrwertsteuerreform geht auf die Große Koalition unter Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zurück, die die Mehrwertsteuer Anfang 2007 von 16 auf 19 % hob. Im Jahr 2009 senkte die schwarz-gelbe Bundesregierung den Steuersatz für Übernachtungen in Hotels auf den ermäßigten Satz von 7%. Während der Corona-Pandemie reduzierte die schwarz-rote Bundesregierung 2020 vorübergehend für ein halbes Jahr die Mehrwertsteuer auf 16 % und den ermäßigten Satz auf 5 %. Bis zum Jahresende 2023 gilt noch der ebenfalls in der Corona-Pandemie ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf Speisen in der Gastronomie.