Der Bundestag hat dem Entwurf für den Agrarhaushalt 2024 in zweiter Lesung zugestimmt. Morgen dürfte die Zustimmung in der dritten und abschließenden Lesung wegen der Mehrheit der Ampelfraktionen nur eine Formalität sein. Damit bleibt es beim schrittweisen Ausstieg aus dem Agrardiesel. Anders als bisher geplant, wird der Bundesrat dem Gesamtpaket morgen nicht seinen Segen erteilen, sondern erst am 22. März. Dafür gesorgt haben auch in der Länderkammer Bedenken im Hinblick auf den Ausstieg aus dem Agrardiesel.
Özdemir: Fehler wurden korrigiert
Ungeachtet dessen verteidigte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir den Agrarhaushalt in seiner jetzigen Aufstellung als Erfolg. Fehler habe die Ampel eingesehen und mit der Rücknahme der Streichung der Kfz-Steuerbefreiung und der Abkehr vom sofortigen Aus für den Agrardiesel auch korrigiert.
Auch beim „Tierwohl-Cent“ ging Özdemir in die Offensive und warf der Union vor, sich „vom Acker zu machen“, wenn es um die Umsetzung des Umbaus der Tierhaltung gehe. Er appellierte an die CDU- und CSU-Politiker, nicht nur deswegen „Nein“ zum Finanzierungskonzept zu sagen, nur weil der verantwortliche Minister nicht aus der eigenen Partei komme.
Stegemann: Agrarministerium bremst Investitionen und Innovationen aus
Bei der Union stieß Özdemir allerdings auf wenig Verständnis. Der Agrarsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, warf dem Agrarminister seinerseits vor, mit dem aktuellen Agrarhaushalt Investitionen und Innovationen in der Landwirtschaft auszubremsen.
Nicht gelten lassen will Stegemann die Argumentation, mit dem stufenweisen Ausstieg aus der Agrardiesel-Steuerrückerstattung würden „klimaschädliche Subventionen“ abgebaut. Das leuchtet ihm nicht ein, wenn eine solche Steuerrückerstattung gleichzeitig bei Diplomatenfahrzeugen beibehalten werde. Zudem fehle es in der Landwirtschaft – nicht zuletzt wegen des Widerstands aus dem Bundesumweltressort – an leistungsgerechten Alternativen zum Diesel.
Union will Aussetzung der Stilllegung mittragen
Stegemanns Anerkennung findet immerhin Özdemirs Rückhalt für den Vorschlag der EU-Kommission zur neuerlichen Aussetzung der 4-prozentigen Stilllegungsverpflichtung. Es sei positiv, dass der Minister den Ansatz aus Brüssel umsetzen wolle. Dabei werde die Union ihn unterstützen, versprach der CDU-Politiker.
CSU-Landessprecher Artur Auernhammer zeigt sich erneut fassungslos, dass Bundeskanzler Scholz bei der Generaldebatte am Vortag kein einziges Wort zur Landwirtschaft übrig gehabt hat. Dabei gehe es um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Landwirtschaft und die deutsche Ernährungssouveränität. Das sei eine existenzielle Frage für alle Bauern, egal in welcher Wirtschaftsform, betonte Auernhammer. Die Unionsfraktion hat deshalb einen Antrag eingebracht, der auf den Erhalt der Steuerrückerstattung abzielt.
Felser: Protest wirkt – nicht nur in Frankreich
Der AfD-Politiker Peter Felser fragt sich, in „welcher Blase“ Agrarminister Özdemir lebe, denn die Bauern gingen weiter auf die Straße, da ihnen der Ampelkompromiss zu Kfz-Steuer und Agrardiesel offensichtlich nicht ausreiche. Frankreich zeige zudem, dass Protest wirke, deshalb müssten die deutschen Landwirte mit ihren Demonstrationen weitermachen.
Hocker: Demonstrieren ist ein Grundrecht
Der Agrarsprecher der FDP-Fraktion, Dr. Gero Hocker, stellte seinerseits fest: „Zu demonstrieren ist in unserem Land ein Grundrecht. Es wahrzunehmen, ist keine Bedrohung für unsere Demokratie.“. Er konstatiert, dass der überwältigende Teil der deutschen Bauernproteste „im Einklang mit den polizeilichen Auflagen“ abgelaufen sind.
Das habe in den nächsten Wochen ein Zeitfenster für Reformen in der Landwirtschaft geöffnet, die umfassender seien als in den letzten 16 Jahren. Dabei müsse über Besteuerung, Flächenstilllegung, Pflanzenschutz und Bürokratie gesprochen werden, stellte Hocker fest.
Kersten: Agrarhaushalt steht besser da
Die SPD-Abgeordnete Dr. Franziska Kersten stellte sich hinter Özdemir und betonte, es sei gelungen, in den Haushaltsverhandlungen deutliche Verbesserungen zu erreichen. Sie meint vor allem die GAK, in der man mit rund 907 Mio. € insgesamt 67 Mio. € mehr sichern konnte als ursprünglich geplant. Zudem sei die GAK mit nur noch einem Rahmenplan flexibilisiert worden, was den Bundesländern den Einsatz der Gelder erleichtere.
Laut der grünen Bundestagsabgeordneten Dr. Anne Monika Spalleck ist der Einzelplan 10 kein „Sparhaushalt“ geworden. Die GAK habe genauso viele Mittel wie zuvor abgerufen worden sei. Zudem seien neue Module wie das „Chancenprogramm Höfe“ auf den Weg gebracht, die in neue innovative Geschäftsmodelle statt Wachstum fördern.