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Wachstumschancengesetz beschlossen – Es bleibt beim Agrardiesel-Aus!

Der Bundesrat hat dem Wachstumschancengesetz zugestimmt. Damit ist die Kürzung der Vorsteuerpauschale vorerst vom Tisch. Am Ausstieg aus der Agrardieselrückvergütung hält die Ampel hingegen fest.

Lesezeit: 7 Minuten

Eine Mehrheit der Bundesländer hat heute Morgen dem Wachstumschancengesetz zugestimmt. Was zwar nicht zur Abstimmung stand, aber letztendlich indirekt mitverhandelt wurde, ist der Agrardiesel. Nun ist klar: Es bleibt beim Ausstieg aus der Agrardieselrückvergütung. Die unionsgeführten Länder sind damit mehrheitlich eingeknickt.

Die von CDU und CSU geführten Länder hatten im Vorfeld ihre Zusage zum Wachstumschancengesetz mit der Forderung verbunden, die Regierung müsse die Streichung der Agrardieselrückvergütung zurücknehmen. Allerdings gab es in den vergangenen Tagen bereits erste Anzeichen, dass die Union nicht kategorisch an ihrer Forderung festhalten würde, wenn die Regierung an anderer Stelle den Landwirten entgegenkommt.

CSU-Vertreter: Angebot der Ampel eine "Mogelpackung"

So hatte Bundeswirtschaftsminister Christian Lindner am Mittwoch eine Neuauflage der Tarifglättung angekündigt. Und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir eine deutliche Entbürokratisierung. Weitere Pläne wurden in einer Protokollerklärung zusammengefasst. Zumindest der CSU reichte dies jedoch nicht. Der Vertreter Bayerns hatte in der Bundesratsdebatte mit Blick auf das Angebot der Ampel von "Mogelpackung" gesprochen und für die Ablehnung des Wachstumschancengesetzes geworben. Er konnte sich damit aber offensichtlich nicht bei den CDU-Kollegen durchsetzen. Immerhin: Sachsen und Sachsen-Anhalt haben sich enthalten.

Die Zustimmung zum Wachstumschancengesetz kann die Regierung zwar als Erfolg feiern – allerdings hat der Sieg deutliche Kratzer: Ursprünglich sollte das aus Dutzenden Einzelmaßnahmen bestehende Paket die deutsche Wirtschaft um 7 Mrd. € entlasten. Damit waren allerdings die Bundesländer nicht einverstanden. Diese hätten einen Großteil der Kosten tragen müssen, die vor allem durch ausbleibende Steuereinnahmen entstanden wären. Im Vermittlungsausschuss einigten sich der Bund und die Länder auf ein deutlich kleineres Entlastungspaket, das nun Steuervorteile in Höhe von 3 Mrd. € vorsieht.

Hier die wichtigsten Änderungen für Landwirte:

  • Die Kürzung der Vorsteuerpauschale für pauschalierende Landwirte ist zunächst vom Tisch. Die erste Fassung des Gesetzes sah noch ein Abschmelzen des Pauschalierungssatzes von 9 auf 8,4 % vor. In der jetzt beschlossenen Version ist die umstrittene Passage nicht mehr vorhanden.

  • Für Wirtschaftsgüter, die Sie nach dem 31.12.2023 gekauft haben, dürfen Sie eine Sonderabschreibung von 40 % in Anspruch nehmen (bislang 20 %). Außerdem können Sie für Wirtschaftsgüter, die Sie zwischen dem 1.4.2024 und dem 31.12.2024 anschaffen, das Doppelte der linearen Abschreibung absetzen, maximal aber 20 % (degressive Abschreibung).

  • Für neue Häuser oder Wohnungen gibt es nun eine degressive Abschreibung von 5 %. Voraussetzung: Sie müssten das Gebäude zwischen dem 1.10.2023 und dem 30.9.2029 gebaut oder gekauft haben. Es spielt keine Rolle, ob sich die Immobilie im Privat- oder Betriebsvermögen befindet.

  • Die Grenze für die Ist-Besteuerung wird von 600.000 € auf 800.000 € angehoben. Hintergrund: Grundsätzlich ordnet das Finanzamt einen Umsatz dem Kalenderjahr zu, in dem Sie die Leistung erbracht haben. Dabei spielt es keine Rolle, wann Sie die Rechnung ausstellen oder wann das Geld auf Ihrem Konto eingeht.

So funktioniert es:

Beispiel: Sie liefern Getreide am 15. Dezember 2024 (Leistungszeitpunkt). Das Geld dafür erhalten Sie am 15. Januar 2025. Dann zählen die Einnahmen zum Umsatz dieses Jahres (2024). Steuerexperten nennen diese Methode Sollversteuerung. Sie können aber auch zur Ist-Besteuerung wechseln. Dann ordnet das Finanzamt Ihren Umsatz dem Kalenderjahr zu, in dem Sie das Geld erhalten haben. Für unser Beispiel heißt das: Weil Ihnen Ihr Händler das Geld erst 2025 überweist, müssen Sie den Umsatz in diesem Jahr (2024) nicht verbuchen bzw. die Lieferung wird nicht zum Pauschalierungskiller.

Die Ist-Versteuerung können Sie beim Finanzamt jederzeit beantragen. Wichtig: Wenn Sie jetzt umsteigen, gilt die neue Methode für das gesamte Kalenderjahr 2024. Bislang durften Sie nur wechseln, wenn Ihr Umsatz pro Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 € betrug. Lag Ihr Umsatz darüber, fielen Sie für das Kalenderjahr wieder in die Pflichtbesteuerung zurück und die Pauschalierung wurde Ihnen entzogen. Das Wachstumschancengesetz zieht die Grenze nun bei 800.000 €/Kalenderjahr. Die Neuregelung würde rückwirkend ab dem 31.12.2023 gelten.

  • Bisher sind Land- und Forstwirte ab einem Umsatz von 600.000 € im Kalenderjahr oder einem Gewinn ab 60.000 € im Kalenderjahr (Nettoumsatz) buchführungspflichtig. Diese Grenze beträgt nun 800.000 € bzw. 80.000 € (rückwirkend ab dem 31.12.2023).

  • Für betriebliche Elektroautos, die Sie auch privat nutzen, können Sie schon heute einen Steuervorteil in Anspruch nehmen (statt 1%-Regelung ein Viertel der Anschaffungskosten). Diesen Steuervorteil durften Sie allerdings nur geltend machen, wenn der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs die Grenze von 60.000 € nicht übersteigt. Das Wachstumschancengesetz zieht die Grenze bei 70.000 € (rückwirkend zum 31.12.2024).

Ab dem 1.1.2025 müssen Sie zudem technisch dazu in der Lage sein, eine E-Rechnung zu empfangen und zu verarbeiten. Ab dem 31.12.2027 ist die Papierrechnung sogar Geschichte: Alle Rechnungen zwischen Unternehmen müssen, unabhängig von deren Höhe, von da an elektronisch sein. Es sind keine Vereinfachungen für Kleinunternehmen und pauschalierende Land- und Forstwirte vorgesehen.

Agrardiesel bleibt Thema

Und was wird aus dem Agrardiesel? Hier bleibt es nun beim schrittweisen Ausstieg aus der Steuerrückerstattung über die nächsten drei Jahre. Der Bauernverband will aber noch nicht aufgeben und hatte für diesen Fall angedroht, den Agrardiesel zum Wahlkampfthema zu machen.

10-Punkte-Plan der Bundesregierung

Um die Unterstützung der unionsgeführten Länder im Bundesrat zu gewinnen, hat die Bundesregierung eine Protokollerklärung abgegeben. Darin listet sie auf, welche „zügig umzusetzende Maßnahmen“ sie zum Ausgleich der Agrardiesel-Belastung vorhat.

Ein Großteil der zehn Punkte ist schon länger bekannt, etwa die Aussetzung der obligatorischen Flächenstilllegung für 2024 und die Wiedereinführung der Tarifglättung. Diese soll rückwirkend ab 2023 und für insgesamt sechs Jahre gelten, sofern Brüssel zustimmt. Nicht ganz neu ist auch die Anpassung des Agrarorganisationen-Lieferketten-Gesetzes zur Stärkung der Landwirte in der Wertschöpfungskette.

Hinzu kommen:

  • Prüfung des Einsatzes alternativer Antriebstechnologien in der Landwirtschaft bzw. von Steuererleichterungen für alternative Kraftstoffe, sobald die EU-rechtlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen (BMEL-Expertengruppe zur Ausarbeitung konkreter Maßnahmen u.a. mit Blick auf Pflanzenöle).

  • Entlastungen durch die überarbeitete Ausgestaltung der Stoffstrombilanzverordnung, welche für die verursachergerechte einzelbetriebliche Betrachtung notwendig ist, u.a. Orientierung an den Richt- und Schwellenwerten der Düngeverordnung, Vereinheitlichung von Dokumentationsfristen, ggf. Einführung von Bagatellgrenzen

  • Umfassende, konkrete Umsetzung von Vorschlägen für den Bürokratieabbau; Beispiele:

  1. Ohrmarken bei gekoppelten Prämien

  2. Weinüberwachungsverordnung

  3. Entschlackung bei bestehenden Ökoregelungen

  4. Verschlankung von Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten für Nutztierhalter

  5. Einheitlichkeit in der Umsetzung rechtlicher Vorgaben durch die Bundesländer

Weiter heißt es:

• Umbau der Tierhaltung: Weiterentwicklung Tierhaltungskennzeichnung mit Auswirkung auf Außer-Haus-Verpflegung, erfolgreicher Start des Bundesprogramms zum Umbau der Tierhaltung, Prüfung, wie eine verlässliche Finanzierung für die tierwohlgerechte Tierhaltung sichergestellt werden kann.

• Erarbeitung von Vorschlägen zur Ausgestaltung der GAP. Hierfür bietet der Abschlussbericht der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) aus Sicht der Bundesregierung eine gute Grundlage.

• Zahlreiche Entlastungen im Steuerrecht, z.B. degressive AfA bei beweglichen Wirtschaftsgütern, Anhebung der Sonderabschreibungsmöglichkeiten, Anpassung der Stromsteuerentlastungen; Neugestaltung der Höfeordnung

Ein Schritt zur Risikoausgleichsrücklage

Soweit, so bekannt. Besonders interessant ist allerdings der Punkt „Prüfung einer Risikoausgleichsrücklage“. Bisher hatte sich die Ampel bezüglich einer möglichen Einführung der Rücklage ziemlich bedeckt gehalten und wie etwa Bundesfinanzminister Lindner auf europarechtliche Zwänge verwiesen. Nun soll immerhin geprüft werden.

Özdemir sieht Ampel auf dem richtigen Weg

Nach Überzeugung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ist der Ampel damit ein großer Wurf gelungen. "Der 10-Punkte-Plan der Bundesregierung ist der richtige Weg, um die deutschen Bäuerinnen und Bauern spürbar zu entlasten und zukunftsfest aufzustellen. Wir stärken Betriebe in der Wertschöpfungskette, entlasten sie steuerlich und bauen unnötige Bürokratie ab."

Rückendeckung bekommt Özdemir von der stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion, Carina Konrad. Sie hebt vor allem die Einführung der Tarifglättung, das Versprechen für konsequenten Bürokratieabbau und das Einsetzen für eine dauerhafte Aussetzung der pauschalen Flächenstilllegung auf europäischer Ebene hervor, denn die seien "entscheidende Schritte für mehr Produktivität in der deutschen Landwirtschaft".

Ihre Meinung ist gefragt!

Was halten Sie von der Bundesratsentscheidung? Müssen die Landwirte nun mit hohen Dieselkosten klarkommen oder gibt es noch eine Lösung?

Schreiben Sie Ihre Meinung gern an Marko.Stelzer@topagrar.com. Wir behalten uns vor, besonders interessante Beitrage gekürzt zu veröffentlichen.

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