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Warum ist Landwirtschaft im Wahlkampf kein Thema?

Zum Ende des Wahlkampfes zeigt sich, dass Landwirtschaft und Ernährung als Thema nicht zogen. Warum ist das so und was bedeutet das für die Agrarpolitik nach der Bundestagswahl?

Lesezeit: 5 Minuten

Das Thema Landwirtschaft und Ernährung hat in den vergangenen Jahren in der politischen Debatte eine Aufwertung erfahren. Viel wurde darüber diskutiert, welche Landwirtschaft die Gesellschaft will. Auf den Wahlplakaten, in den TV-Debatten und in Medienberichten der letzten Wochen und Monate zur Bundestagswahl fand das Thema Landwirtschaft und Ernährung eher wenig und wenn dann wenig prominent statt. Woran liegt das?

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Im Frühsommer ergab der Verbrauchermonitor der Universität Kiel, der vom Forum Moderne Landwirtschaft (FML) in Auftrag gegeben wird, dass für 42 % der Befragten bei der Wahlentscheidung die Haltung der Partei zur Landwirtschaft relevant ist. Mitte September zeigte dann eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen, dass für die eigene Wahlentscheidung bei den meisten Befragten das Thema soziale Gerechtigkeit die größte Rolle spielt (53%). Danach kamen die Themen Klimaschutz (43%), Flüchtlinge und Asyl (25) sowie Coronapandemie (22%).

Keine einfachen Lösungen

„Die Landwirtschat ist als Branche zu klein und das Thema Ernährung ist zu vielschichtig“, sagt Lea Fließ, Geschäftsführerin beim Forum Moderne Landwirtschaft. Zudem habe sich in diesem Wahlkampf gezeigt, dass die Parteien viel direkter „in die jeweiligen Bubbles rein gehen“, statt einzelne Themen auf der großen Bühne zu diskutieren, so Fließ. Auch das sei ein Grund für die „Themenarmut“ in diesem Wahlkampf, die nicht nur die Landwirtschaft getroffen habe. Hinzu kam, dass die Kandidatenfragen und die Umfragewerte bei dieser Bundestagswahl eine sehr große Rolle spielen.

Aus Sicht von Fließ steckt die Landwirtschaft allerdings in vielen Themen drin, die eine Relevanz hätten wie der Klimaschutz, Wohlstandsthemen und Bildung. Gerade beim Thema Klimaschutz mache sich aber im Wahlkampf bemerkbar, dass aufgrund des großen Einflusses von Energieerzeugung und Verkehr die Landwirtschaft in der Aufmerksamkeit zurückfalle, so Fließ.

Fließ sieht in der Zurückhaltung der Parteien jedoch auch taktische Gründe. „Landwirtschaft gehört genauso wie Gesundheit oder Rente zu den Themen, wo man sich nicht so rantraut, weil es nicht die einfache Lösung gibt“, sagt Fließ.

Veränderungen kosten Geld

Die geringe Aufmerksamkeit für das Thema Landwirtschaft beobachtet auch der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), Prof. Achim Spiller. „Was die Zukunftskommission Landwirtschaft - ZKL - empfohlen hat, hätte eine Blaupause sein können. Die Botschaft ist einstimmig beschlossen, aber das würde Geld kosten“, sagt er. Er wünscht sich, dass über die Transformation der Landwirtschaft und deren Bedingungen viel mehr diskutiert würde. „Es gibt eine breite Stimmung bei den Agrarpolitikern, die Frage ist, ob das auch bei den Finanzpolitikern ankommt“, sagt Spiller. Im Wahlkampf sind aus seiner Sicht alle Parteien bei Steuererhöhungen vorsichtig.

Ein unterschätzter Sektor

Der Agrarexperte von Greenpeace, Martin Hofstetter, hält die Landwirtschaft für einen von der Politik „unterschätzten Sektor“. Aus seiner Sicht hätten nur zwei Parteien, die Grünen und die CDU, das Thema Landwirtschaft im Wahlkampf hochziehen können. „Beide haben es nicht gemacht. Weil beide scheinbar keine Chance sahen, Stimmen daraus zu ziehen“, sagt er. Auch Hofstetter hält das Thema Landwirtschaft und Ernährung für „zu kompliziert“, um einfache Wahlkampfbotschaften daraus zu formen. Zudem hält er den Posten des Landwirtschaftsministers oder der Landwirtschaftsministerin als wenig attraktiv für Politiker. „Da kann man es doch keinem recht machen“, sagt er.

Sachverstand oder Ordnungspolitik

Auch beim Deutschen Bauernverband (DBV) registriert man die geringe Bedeutung des Themas Landwirtschaft im Bundestagswahlkampf. "Ich hätte mit mehr Präsenz des Themas gerechnet", sagt DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. Nachdem sich die Wahlkampfdebatte jedoch so lange auf Personalien konzentriert hatte, sei es dann keine Überraschung mehr gewesen, so Krüsken weiter. Er rechnet allerdings nicht damit, dass das nach der Wahl so bleibt. "In der nächsten Legislaturperiode wird es agrarpolitisch zur Sache gehen", sagt Krüsken und spricht von einer "Richtungsentscheidung". Für den DBV gehe es darum, ob mit mehr Ordnungspolitik der Strukturwandel angeheizt werde, oder "mit Sachverstand" agiert werde, so Krüsken.

Brückenschlag nach der Wahl

Wird es nach der Bundestagswahl bei der geringen Aufmerksamkeit für Landwirtschaft und Ernährung bleiben? Das hofft der Agrarökonom Spiller nicht. „Wir brauchen die Transformation der Landwirtschaft mit einer Finanzierungslösung jetzt“, sagt er. Er hoffe, dass es nach der Bundestagswahl auch politisch gelinge, einen Brückenschlag zwischen Umwelt- und Naturschutz sowie Landwirtschaft zu schlagen. Damit die Vorschläge der Zukunftskommission Landwirtschaft Eingang in die Koalitionsverhandlungen finden, will sich das Gremium im Oktober noch mal eingängig zu Wort melden, so Spiller.

Zünglein an der Waage könnte entscheiden

Aufgrund der vielfältigen Regierungskonstellationen, die vor der Wahl möglich erscheinen, geben sich die Beobachter vorsichtig, welche Stellung die Agrarpolitik in der neuen Bundesregierung haben wird. „Wenn die Grünen das Zünglein an der Waage sind, wird Landwirtschaft ein großes Thema werden, wenn es die FDP ist, dann eher die Wirtschaft“, sagt Forum-Geschäftsführerin Fließ.

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