Anhaltend steigende Lebenshaltungskosten, ungewisse politische Weichenstellungen in Europa und der Welt, zusätzlicher Kostendruck durch Maut sowie CO2-Preis und Mindestlohn beschäftigen die Obst- und Gemüsebranche.
„Die Lage für die Betriebe bleibt angespannt“, teilt Dr. Christian Weseloh, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO) anlässlich der Fruit Logistica.
Obstabsatz gesunken
Zu den unsteten Witterungsbedingungen kam 2023 eine weiterhin angespannte wirtschaftliche Lage sowohl für die Produzenten als auch für die Verbraucher, die sich weiterhin mit einem – wenn auch sich leicht abschwächenden – Anstieg der Lebenshaltungskosten konfrontiert sahen.
Die Nachfrage für Obst und Gemüse hat sich im Zuge dessen unterschiedlich entwickelt. Während Gemüse keinen Nachfragerückgang zu verzeichnen hatte, wurde 2023 etwas weniger heimisches Obst abgesetzt. Dies lag auch an einer kleineren Ernte hierzulande. Eine Hochrechnung der AMI schätzt die deutsche Obsternte im Jahr 2023 auf 1,179 Mio. t, womit sie zu den kleinsten der vergangenen zehn Jahre gehört.
Kosten steigen immer weiter
Auf Erzeugerebene konnten im zurückliegenden Jahr für einige Kulturen die zum Teil dringend notwendigen Preiserhöhungen durchgesetzt werden. Für andere nicht.
Und zur Kostenseite: Die heimischen Sonderkulturbetriebe sehen sich weiterhin hohen Kosten gegenüber. Zwar sind die Preise für Düngemittel gegenüber dem Vorjahr gesunken, dafür kam der Preisanstieg bei nachgelagerten Produkten wie Pflanzenschutzmitteln, Installationsmaterial oder für Instandhaltungen erst 2023 voll zum Tragen. Zudem machte sich der erstmals für eine gesamte Saison geltende gesetzliche Mindestlohn von 12 € bemerkbar.
Ausblick Obstmarkt
Die Kostenspirale dreht sich ungebremst nach oben. Zum 1. Januar ist der Mindestlohn auf 12,41 € gestiegen. Das wird gerade Landwirte, die in der Kulturführung und für die Ernte viel Personal benötigen, treffen, schreibt BVEO weiter.
Des Weiteren sehen sich Betriebe und Händler mit Transportern ab 3,5-Tonnen mit der Einführung der Maut ab 1. Juli 2024 zusätzlich steigenden Transportkosten gegenüber. Durch die eingeführte CO2-Abgabe für Lkw ab 1. Dezember 2023 ist ein Preisaufschlag auch für einen Teil des Importobstes absehbar.
Angesichts dieses wachsenden Kostendrucks seien für die deutschen Produzenten positive Signale des Lebensmittelhandels wichtig, Produkte „made in Germany“ zu unterstützen und dadurch nicht zuletzt auch ökologische Effekte in Wirkung zu bringen, fordert der Verband weiter. Zu nennen seien unter anderem: Der Verzicht auf Flugobst und damit die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks, das Eingehen stärkerer Partnerschaften mit regionalen Landwirten oder der alleinige Verkauf von deutschem Obst während der Inlandssaison.
Die Lagerbestände für Äpfel sind 2023/2024 etwas kleiner als im Vorjahr. Für die Entwicklungen beim Sommerobst müssen zunächst die Bedingungen während der Blüte abgewartet werden.
Ausblick Gemüsemarkt
Die Brutto-Ernten beim Lagergemüse waren sowohl bei den Zwiebeln als auch bei Möhren und Kopfkohl höher als im Herbst des Vorjahres. Allerdings waren die Witterungsbedingungen 2023 mit anhaltendem Regen zur Einlagerung nicht optimal. Dies schränkt sowohl die Lagerfähigkeit als auch den Qualitätserhalt der Ware ein.
Bei der Sortierung sind hohe Verluste zu erwarten, was die Warenverfügbarkeit bei eigentlich guten Lagerbeständen im Abverkauf schmälern wird. Ein frühzeitiges Ende der Lagersaison ist nicht ausgeschlossen. Die aktuelle Preissituation dürfte in Deutschland dazu führen, dass 2024 auf gleichbleibender Fläche Gemüse angebaut wird.
Insgesamt steht die Gemüsebranche weiterhin vor großen Herausforderungen. Durch den erneuten Anstieg des Mindestlohnes werden Arbeitskräfte noch teurer, bei gleichzeitig abnehmender Verfügbarkeit. Das gilt nicht nur für die Produktion, sondern auch für das Transportgewerbe. Der Umgang mit extremen Witterungsbedingungen wird ein Thema, dass nicht nur 2024, sondern auch in den kommenden Jahren relevant bleiben wird.
Fazit
Die Obst- und Gemüsebranche geht, wie viele andere landwirtschaftliche Bereiche, durch ungewisse Zeiten. Dies zeigten nicht zuletzt die Proteste zu den geplanten Kürzungen der Bundesregierung im Agrarsektor.
Die Entscheidung als Obst- und/oder Gemüseerzeuger weiter zu produzieren, fällt angesichts der Rahmenbedingungen auch 2024 schwer. Die Mitglieder der BVEO würden sich aber mit großer Entschlossenheit und Leidenschaft den Herausforderungen stellen und ihrer Verantwortung, die Bevölkerung mit heimischem Obst, Gemüse und Pilzen zu versorgen, gerecht, heißt es.