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So steht es um Brot- und Futtergetreide in Deutschland

Gibt es genügend Brotgetreide? Welche Abzüge drohen für Futtergetreide? Und kommt jetzt mehr ukrainisches Getreide nach Deutschland? Agravis-Chef Dr. Dirk Köckler nimmt Stellung.

Lesezeit: 5 Minuten

Patrick Liste vom Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben sprach mit Agravis-Chef Dr. Dirk Köckler über die Getreideernte 2023.

Herr Dr. Köckler, wie fällt die Brotgetreideernte in Nordrhein-Westfalen aus?

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Köckler: Gute Frage, noch ist nicht alles gedroschen. Auf jeden Fall haben wir im Vergleich zum Vorjahr teilweise größere Qualitätseinbußen, ertragsmäßig sieht es da nicht ganz so schlimm aus. Eine sehr große Herausforderung sind die An­nahme und Lagerung der sehr unter­schiedlichen Qualitäten. Die Schere für gute Qualitäten geht weiter auseinander, da auch die skandinavischen Länder, das Baltikum, Großbritannien und Polen eine verregnete Ernte haben.

Wie viel Menge war für Brotgetreide vorgesehen, erfüllt die Qualitätsanforderungen aber nicht?

Köckler: Im vorigen Jahr entfielen allein auf den in Deutschland angebauten Weizen knapp 75 % Brotweizen. Das ging zum Großteil zu den hiesigen Mühlen, aber auch in die angrenzenden europäischen Länder und in den Mittelmeerraum. Dieses Jahr rechnen wir mit rund 60 % Brotweizenqualität, das heißt im Vergleich zum Vorjahr mit 15 bis 17 % weniger.

Hat Deutschland ausreichend Brotgetreide? Oder sind Importe nötig?

Köckler: Auf dem Papier haben wir auf jeden Fall genug, aber die Mühlen müssen aufpassen, dass sie rechtzeitig kaufen, bevor die Ware ins europäische Ausland geht. Importe aus dem Osten wie zum Beispiel Tschechien kommen aber weiter. Das ist nicht grundlegend neu und hat auch mit logistischen Zwängen zu tun.

Wie fällt die Futtergetreideernte aus?

Köckler: Wir gehen davon aus, dass etwa 15 % mehr deutscher Weizen verglichen mit dem Vorjahr ins Futter geht, weil die Backqualitäten nicht mehr voll gegeben sind.

Welche Spanne gibt es bei den Preisen und Qualitäten?

Köckler: Eine sehr weite. Die Qualitäts­unterschiede in den Landkreisen sind sehr groß, bedingt durch zum Beispiel Starkregen, Wind oder Hagel, um nur drei Ursachen zu nennen. Bei den Preisen sind wir von den internationalen Märkten abhängig. Wann kaufen die großen Importländer? Wie viel importiert Indien? Was macht China? Des Weiteren geht es auch um die Nichtagrarmärkte, also Währungsschwankungen, Zinsen und so­genanntes „Headline-Trading“. Das alles hält uns weiter schwer in Atem.

Landwirte berichten von deutlichen Abzügen für niedrige Hektolitergewichte oder Auswuchs. Wie handhabt es die Agra­vis?

Köckler: Seit 2011 und teilweise 2017hatten wir so ein Wetterphänomen in dieser wuchtigen Ausprägung währendder Weizenerntezum Glück nicht mehr. Regional schwankende niedrige Hektolitergewichte sowie schlechte Fallzahlen sind nur zwei von vielen Herausforderungen. Es geht auch um geringere Proteinwerte sowie Feuchtigkeit, Mykotoxine und ausgewaschene Stärke, die Wertigkeit des Weizens bei den Mühlen und auch im Futter drücken. Da werden wir markt- und qualitätsgerecht handeln.

Welche Auswirkungen haben die geringeren Qualitäten auf das Mischfutter?

Köckler: Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Die Anforderungen sind sehr unterschiedlich zwischen den Segmenten Rind, Schwein und Geflügel, je nachdem welche Parameter man betrachtet. Des Weiteren beeinflusst mehr lokales Futtergetreide auch die hiesigen Warenströme. Durch mehr Futtergetreide verringert sich beispielsweise der Mais­import.

Was passiert mit Futtergetreide, das sich nicht für Mischfutter nutzen lässt?

Köckler: Um welche Mengen es sich dabei handelt, ist noch nicht absehbar. Prinzipiell muss man aber klar festhalten, dass Getreide, das die strengen Futterstandards aufgrund von zum Beispiel Überschreitung des Aflatoxin-Grenzwerts nicht einhält, auch nicht ins Futter geht, sondern dann in den Biogas-anlagen in Energie umgewandelt wird.

Viele Landwirte haben Vorkontrakte abgeschlossen, können nun aber die Mengen und/oder Qualitäten nicht erfüllen. Wie handhabt das die Agravis?

Köckler: Sollten die Qualitäten nicht geliefert werden können, werden wir uns mit den jeweiligen Partnern offen­siv und ehrlich auseinandersetzen und eine Lösung finden.

Die Ukraine erwartet eine größere Getreide- und Ölsaaten­ernte als zunächst gedacht. Was ­bedeutet das für die Versorgung auf dem Weltmarkt?

Köckler: Wenn man nur die Weltbilanzen anschaut, kommen wir schon irgendwie durch die Tür, aber der Teufel steckt wie so oft im Detail. Und das ist wie so oft die Logistik. Wie sollen denn die größeren Mengen exportiert werden ohne einen Korridor? Nach den letzten Drohnenangriffen auf die Binnenhäfen, die per Schiff Getreide und Öl­saaten in den rumänischen Export­hafen Constanza bringen, wird ­gerade eine weitere Logistiklinie gekappt oder zumindest beeinträchtigt. Der Export nur per Zug und Lkw über die trockene Grenze ist limitiert. Des Weiteren sind diese Exporte eher für uns als für den Weltmarkt wichtig. Wir stehen also auch hier vor immensen Herausforderungen.

Immer wieder heißt es, ukrainische Ware könnte auch auf den deutschen Markt „spülen“ und die Preise deutlich senken. Ist das so?

Köckler: Natürlich spüren wir das auch hier, aber das Wort „spülen“ ist zu weit gegriffen. Rein aus logistischer Sicht ist das Angebot limitiert. Auch dürfen wir hierbei nicht vergessen, dass wir ein Netto­importeur von nicht gen­technisch verändertem (NGVO) Mais und Rapssaat sind. Letzteres werden unsere hiesigen Ölmühlen dringend benötigen.

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