Die Tierschutzorganisation Albert Schweitzer Stiftung behauptet, auf Hühnerfleisch der Eigenmarke "Metzgerfrisch" des Discounters Lidl mit Sitz in Bad Wimpfen (Kreis Heilbronn) antibiotikaresistente Keime gefunden zu haben.
In 71 % der Proben soll das Enzym ESBL nachgewiesen worden sein, das die auf dem Fleisch gefundenen Bakterien immun gegen mehrere gängige Antibiotika macht. Bei der Mehrzahl der resistenten Bakterien (75 %) handele es sich um den Fäkalkeim Escherichia coli. Außerdem habe das Labor Krankheitserreger wie Enterokokken (25 % der Proben), Campylobacter (18 % der Proben) und Salmonellen (1 Probe) entdeckt.
Untersucht wurden insgesamt 51 Proben von Hühnerfleischprodukten (alle Haltungsform-Stufe 2 Stallhaltung Plus). Nur sechs Proben seien unauffällig.
Anschein von Erpressung
Dass Lidl weiter im Fokus der Organisation ist, kommt allerdings nicht überraschend. So drängt die Stiftung den Händler Lidl seit Jahren darauf, der eigenen "Europäischen Masthuhn-Initiative" beizutreten und höhere Tierschutzstandards einzuhalten. Letztes Jahr etwa hatten die Tierrechtler bereits mit Videoaufnahmen aus mehreren Hühnermastbetrieben von Lidl-Lieferanten versicht, den Discounter unter Druck zu setzen. Nun kommen die neuen Vorwürfe des verunreinigten Hähnchenfleisches, die es heute bereits in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wie etwa den SWR geschafft haben.
Die Albert Schweitzer Stiftung und 15 andere Tierschutzorganisationen fordern Lidl dabei auf, die Standards der Europäischen Masthuhn-Initiative umzusetzen, um die Lebensbedingungen der Hühner zu verbessern. So könne Lidl auch das Gesundheitsrisiko durch Keime aus dem Stall verringern.
Schwere Vorwürfe gegen Geflügelhalter
Mahi Klosterhalfen, Präsident der Albert Schweitzer Stiftung, spricht mit Blick auf die deutsche Geflügelhaltung von "viel Elend für die Tiere" und dass die Produkte "gefährlich für uns Menschen" sind. Er erwarte, dass "Lidl das Übel an der Wurzel packt, sich endlich daran macht, die Tierhaltung zu verbessern und der Europäischen Masthuhn-Initiative beitritt".
Heimlich gedrehte Videos würden "erschreckende Zustände" belegen. Klosterhalfen spricht von Qualzucht und durch die Haltungsbedingungen geschwächte und kranke Tiere, die zu Tausenden in tristen Hallen leben müssten. Dort lägen sie die meiste Zeit auf dem mit Exkrementen verdreckten Boden, teils zwischen toten Artgenossen.
"Der hohe Antibiotikaeinsatz in der industriellen Tierhaltung begünstigt zudem, dass mehr Bakterien Resistenzen entwickeln: Da im Krankheitsfall meist gleich alle Tiere im Stall Antibiotika erhalten (sog. Metaphylaxe), überleben vor allem resistente Bakterien. Diese können sich dann – ohne Konkurrenz von anderen Bakterien und zwischen vielen geschwächten Tieren auf engstem Raum – optimal vermehren", behauptet der Tierhaltungsgegner.