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Rechtlich fragwürdige Vertragsklausel

VfL Osnabrück zahlt Mitarbeitern bei Fleischverzicht mehr Lohn

Der VfL Osnabrück zahlt seinen Angestellten 750 € mehr Gehalt, wenn sie sich fleischarm ernähren und im Privatleben auf einen guten CO2-Fußabdruck achten. Kritiker mahnen, dass sei unfair und bedenklich.

Lesezeit: 4 Minuten

Der Fußball-Zweitligist VfL Osnabrück wirbt bei seinen Mitarbeitern für eine Vertragsklausel, die ihnen bei gutem CO₂-Fußabdruck mehr Gehalt verspricht - quasi als Belohnung für Klima-freundliches Verhalten.

So enthält die Klausel Medienberichten zufolge einen verpflichtenden Bezug auf die Kompensation der beruflichen CO₂-Emissionen. Der Arbeitgeber errechnet dazu für jeden Angestellten einen individuellen „Co2-Fußabdruck“. In die individuelle Berechnung fließen unter anderem die Länge des Arbeitsweges, wie dieser zurückgelegt wird oder auch Aspekte wie vegane oder vegetarische Ernährungsgewohnheiten ein.

Seit Mitte 2021 gibt es diese Gemeinwohlklausel schon bei neuen Verträgen. Etwa zwei Drittel der Verträge beinhalten laut VfL aktuell diese Klausel. Begründet wird dies mit der „enkeltauglichen Ausrichtung des Klubs“. Und mit der Unterschrift des Vertrages müssten sich die Mitarbeiter auch zu dieser Ausrichtung bekennen.

Arbeitsrechtlich nicht zulässig

Das Verhalten des Vereins dürfte arbeitsrechtlich aber sehr problematisch sein und geltender Rechtsprechung zuwiderlaufen. So erfolge die Kompensation, indem der entsprechende monetäre Wert direkt vom Gehalt des Arbeitnehmers abgezogen wird, prangern Kritiker an.

In der Zeitung WELT schreibt etwa der Jurist und Hochschullehrer Arndt Diringer, dass die Rechtsprechung aus guten Gründen immer wieder betont habe, dass das Privatleben der Mitarbeiter für Arbeitgeber grundsätzlich tabu ist. Nur so könnten Beschäftigte ihre Grundrechte verwirklichen, ohne Angst um ihr Einkommen zu haben.

Das bestätigt der Verein: „Wir wissen nicht, ob die Klausel einer gerichtlichen Prüfung standhalten würde. Vermutlich eher nicht.“

Und so funktioniert´s: Wer unterzeichnet, bekommt 750 € mehr

Gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung rechtfertigt VfL-Geschäftsführer Michael Welling das Vorgehen und erklärt den Deal. So sei die Klausel freiwillig: „Sie können prinzipiell frei entscheiden, ob die Klausel im Vertrag enthalten ist oder nicht. (…) Wir werden keinen potenziellen Arbeitnehmer nicht einstellen, wenn er die Klausel nicht unterschreibt. Und: Kein Mitarbeiter, der die Klausel hat, ist am Ende finanziell schlechter gestellt, als ein Mitarbeiter ohne Klausel. Daher betrifft die Umsetzung auch nur neue Mitarbeiter oder solche, die eine Lohnerhöhung erhalten.“

Heißt: Keiner muss eine Strafe zahlen bei Fleischkonsum oder wenn er mit dem Auto zur Arbeit fährt, zitiert die NOZ. Der VfL wolle stattdessen mit den neuen Verträgen einen monetären Anreiz schaffen, sich mit seinem Co2-Abdruck auseinanderzusetzen.

Wer sich für die Klausel in seinem Arbeitsvertrag entscheidet, erhält laut Welling bis zu 750 € mehr Gehalt pro Jahr. Aus diesem Betrag würden die Co2-Emissionen aus dem Arbeitsweg ausgeglichen - sofern vorhanden. Das Gehalt wird nicht als Extra-Posten ausgewiesen. Die Summe ist Teil des verhandelten Grundgehaltes, erfuhr die NOZ. Ob neben dem Arbeitsweg eine weitere Kompensation in Bezug auf das Privatleben erfolgt, sei jedem Mitarbeiter selbst überlassen.

Das UBA mischt mit

Um den CO2-Fußabdruck zu errechnen, bedient sich der Verein einem Onlinerechner auf der Homepage des Umweltbundesamtes (UBA). Da werden u.a. Fragen zum Arbeitsweg, zur Wohnsituation und Privatheizung gestellt. Außerdem wie man sich ernährt, ob man viel Fleisch oder Milchprodukte isst etc. Ob die Angaben stimmen, will und kann der VfL aber nicht kontrollieren.

Beispielrechnung: Fährt ein Mitarbeiter täglich 20 km mit dem Auto zur Arbeit, mit einem normalen Verbrenner, ist sein ökologischer Fußabdruck in einem Jahr mit 52 € belastet. Dieses Geld würde dann von den zusätzlichen 750 € des Gehalts abgezogen. Wer in einem Zwei-Personen-Haushalt mit mittlerem Einkommen, in einer 70 Quadratmeter-Wohnung wohne, habe gemäß des Rechners des Umweltbundesamtes bei einer gemischten Ernährung und gemischtem Anreiseverhalten zur Arbeit (mal Auto, mal öffentlicher Nahverkehr) laut VfL-Geschäftsführer einen Co2-Abdruck von etwas über 400 €.

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