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topplus Edamameanbau in der Praxis

Wie ein Schweinehalter seine Nische auf dem Veggiemarkt findet

Als einer der ersten in Deutschland baut der westfälische Landwirt Benedikt Sprenker Edamame an – eine in unseren Breiten noch unbekannte Hülsenfrucht. Welche Erfahrungen hat er damit gemacht?

Lesezeit: 7 Minuten

Auf den ersten Blick scheinen die traditionelle Schweinemast und der Anbau pflanzlicher Produkte für den Veggiemarkt kaum gegensätzlicher zu sein. Der Ackerbauer und Schweinehalter Benedikt Sprenker ist dennoch in beiden Welten zuhause. In seiner hölzernen Markthütte in Beckum (Nordrhein-Westfalen) verkauft er eine kleine aber feine Auswahl veganer Produkte aus Hülsenfrüchten. Ob Falafelmischungen, „Tofu-Sets“ zum Selbermachen, getrocknete Kidneybohnen oder gesalzene Sojabohnen als abendliche Nascherei vor dem Fernseher.

Schnell gelesen

  • Die Edamame ist eine wärmeliebende Gemüsekultur, die im Schnitt auf 5 t/ ha Ertrag kommt.

  • Landwirt Benedikt Sprenker baut sie auf 2-3 ha an und vermarktet sie als Frischware.

  • Ein Buschbohnenernter, eine Bewässerungsanlage und ein Vlies gegen Fraßschäden erleichtern ihm den Anbau.

  • Sein Credo: Neugierig bleiben, ein stabiles Netzwerk pflegen und Neues erst auf kleiner Fläche ausprobieren.

Noch bilden allerdings seine 3.000 Mastschweine die Haupteinnahmequelle des Betriebes. Zusätzlich beackert der Agraringenieur rund 200 ha Land. Eine Kultur hat es ihm besonders angetan: Die leuchtend grüne Edamame. Neben der saisonalen Frischware, reihen sich in der Hütte Edamamenudeln, Edamamestreichcremes und Edamamesnacks aneinander.

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Edamame ist eine Sojabohne

2015 hat er die Nische als einer der ersten in Deutschland für sich entdeckt. Inzwischen ist sie sein Aushängeschild und er baut etwa 2 bis 3 ha jährlich an. Die Edamame, auch Gemüsesoja genannt, sind bereits zur Teigreife geerntete Sojabohnen. Zum Essen dämpft oder kocht man die Schoten in Salzwasser und „zuzelt" die Kerne anschließend aus. Bislang gibt es sie fast ausschließlich als gefrostete Importware aus China oder Taiwan.

Der Landwirt bewirtschaftet seinen konventionellen Betrieb gemeinsam mit der Familie, einem festen Mitarbeiter und zwei Auszubildenden. 2010 integrierte er neben den bereits fest etablierten Ackerbohnen auch Druschsoja in seine fünffeldrige Fruchtfolge. Insgesamt machen Hülsenfrüchte heute rund 15 % seiner Ackerkulturen aus.

Die richtigen Kontakte geben Starthilfe

Aus den Bohnen Lebensmittel zu machen, war so früh allerdings nicht das Ziel – sondern GVO-freies, regionales Tierfutter anzubauen. Erst als die Familie anfing, Blumen und Kürbisse auf Vertrauensbasis am Straßenrand zu vermarkten, wuchs die Idee, die Hülsenfrüchte weiter zu veredeln. Der Blick über den Tellerrand brachte Sprenker schließlich auf die Edamame.

Sprenkers Neugierde und Offenheit halfen ihm dabei, ein hilfreiches Netzwerk aus Kontakten zu knüpfen. So gelang er auch an das erste Saatgut, direkt aus Korea. Inzwischen bezieht er es über Fabian von Beesten, der mit seinem Unternehmen „Gartensoja“ in der kleinen Szene als Edamame-Pionier gilt. „Früher lag beim Saatgut der Flaschenhals. Heute ist es viel leichter an Saatgut zu kommen“, sagt Sprenker.

Testjahre im Anbau „hinter der Hecke“

Nachdem der Landwirt sich das Grundwissen über die Edamame angeeignet hat, erlaubte er sich mehrere Versuchsjahre „hinter der Hecke“, wie er sagt. Denn alle neuen Ideen stellt er erst einmal auf den Prüfstand. „Wir gehen immer kleine Schritte, damit wir die ganze Ware sicher verkaufen können und ein Experiment uns nicht direkt Kopf und Kragen kostet“, so Sprenker. Inzwischen hat er mehrere 10.000 € in Anbau und Vermarktung investiert – und keinen Cent bereut.

Bewässerungsanlage ist Pflicht für den Gemüsebau

Die Edamame ist eine Sojabohne, deshalb ähneln sich die Standortansprüche. Bei der Aussaat ist eine Bodentemperatur von 10 Grad optimal und vor allem während der Keimphase sind Wärme und ausreichender Niederschlag entscheidend. In der Jugendphase vertragen die Sojabohnen größere Trockenperioden, während der Kornfüllung ist eine gute Wasserversorgung jedoch Pflicht. Deshalb entschied sich Sprenker dafür, in eine Bewässerungsanlage zu investieren. Denn in den ersten beiden Testjahren war unter anderem die Wasserverfügbarkeit ein Grund für potentielle Ausfälle.

Die Ansprüche an den Boden und die Nährstoffe sind eher gering. Doch im Vergleich zu Druschsoja, das Ackerbauern zur Reife bringen und meist als Tierfutter einsetzen, erfordert Edamame als Gemüsekultur einen etwas anderen Anbauansatz.

Vlies schützt vor Vogelfraß

Von Mitte Mai bis Ende Juni sät Sprenker alle fünf bis sieben Tage Edamame aus, damit er den Frischmarkt bedienen kann. Gegen die Frühjahrstrockenheit wendete er neben der Bewässerung Mulch- und Direktsaatverfahren an.

Nach der Aussaat deckt er die wertvollen Samen mit einem Schutzvlies ab. Die schmackhaften Keimlinge locken sonst besonders Tauben, Krähen und Dohlen an – die freuen sich über das eiweißhaltige Buffet. Auch das ist eine Lehre aus dem ersten Anbauversuch „hinter der Hecke“. Vor Reihenschluss wird mechanisch gehackt. Spurennährstoffe wie Molybdän oder Schwefel unterstützen die Bildung der Wurzelknöllchen. Ansonsten sei die Kulturpflege laut Sprenker sehr unkompliziert.

Im Durchschnitt 5 t/ha Ertrag

Die Edamameernte findet bereits zur Teigreife im August statt. Durch die stufenweise Aussaat muss Sprenker nun je nach Bedarf fast täglich ernten, sortieren und verpacken. „Das ist zwar aufwendig, doch genau hier liegt unsere Nische.“ Nach zwei Jahren Handernte investierte er rund 30.000 € in einen gebrauchten, einreihigen Buschbohnenernter mit einem Rotor, der die Edamame aus der Reihe „herauskämmt“.

Die Erträge sind stark standortabhängig: An milden Gunstlagen wie etwa am Kaiserstuhl in Baden-Württemberg sind Erträge von 8 bis 10 t/ ha möglich. Der durchschnittliche Ertrag für Deutschland liegt etwa bei 5 t/ ha.

Frische Edamame für den Lebensmitteleinzelhandel

Der Löwenanteil des Verkaufs läuft mit knapp 70 % über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Sprenkers Edamame findet man in farbenfroh bedruckten Schalen. Für 150 g zahlt der Kunde etwa 2,50 bis 3,50 €. Der Frischmarkt ist laut Sprenker stabil und wachse in kleinen Schritten. Einen echten Boom erfuhr die Frostware. Dafür müsse man größere Mengen direkt nach der Ernte kühlen, sortieren, waschen und frosten – das sei etwas für die große Tiefkühlindustrie. Daher wählte er für seine Ware bewusst den Frischmarkt.

Weil das Erntezeitfenster so kurz ist, hat sich die Familie vor einigen Jahren überlegt, dass sie die Bohnen zusätzlich weiterverarbeiten und über den Hofladen vermarkten. Dafür trocknen sie die Mengen, die sie nicht über den LEH absetzen und verwenden die Kerne für Aufstriche, Nudeln oder Snacks, die sie im Hofladen oder Online vermarkten. Ein weiterer Teil erreicht die Kundschaft über Wiederverkäufer, darunter ein Sterne-Restaurant oder das Marktschwärmernetzwerk.

Start-ups als Vorbilder für die Vermarktung

Die Produktentwicklung mache ihm und seiner Frau besonders viel Spaß. „Leider hat unser Tag nur 24 Stunden, sonst wäre es vermutlich noch mehr“, sagt Sprenker mit einem Augenzwinkern. Ihn erfüllt vor allem der Kontakt zu verschiedenen Menschen auf Messen, Fortbildungen und Feldtagen. Ein erweitertes, stabiles Netzwerk lasse sich in Geld nicht aufwiegen.

Ohne die Schweine könnten wir solche Experimente nicht machen."

Besonders auf Start-ups wirft er ein Auge, um sich Inspiration zu holen. Er findet: „Die Agrarwelt bewegt sich langsam, träge und braucht eine hohe Planungssicherheit, wohingegen in der Welt der Start-ups alles rasend schnell passiert.“ Trotz dieser gewaltigen Unterschiede bezeichnet er seinen Betrieb selbst als landwirtschaftliches Start-up. „Deren Profession ist es, sich selbst gut verkaufen zu können. Das müssen wir als Landwirte auch endlich lernen“, so der Beckumer. Wie viele andere unterstützt er deshalb eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit, darunter auch die Kampagne „Mag doch jeder“, die positive Botschaften aus der Agrarwelt verbreitet.

Magdochjeder: Zu Besuch bei Landwirt Benedikt Sprenker

Es scheint, als ob sich der landwirtschaftliche Start-up-Gründer in zwei grundverschiedenen Welten bewegt. Im ersten Moment preist er auf der Grünen Woche in Berlin seine Edamame an, im nächsten steht er mit beiden Beinen im Stall und verlädt 160 Mastschweine. „Ohne die Schweine könnten wir solche Experimente nicht machen“, sagt der Landwirt und fügt hinzu: „Es ist eher so, dass mir das Projekt Direktvermarktung in schlechten Zeiten gute Laune bringt, da wir so direkt positives Feedback vom Verbraucher bekommen.“ Für ihn ist besonders wichtig, dass er sich nicht verbiegen muss. „Alle Schweine aufgeben, um mir ein veganes Label aufzudrücken – das wäre nicht ich“, stellt er klar. Deshalb informiert die Familie auf ihrer Website neben den veganen Produkten ganz transparent über die Schweinemast.

Alle Schweine aufgeben, um mir ein veganes Label aufzudrücken – das wäre nicht ich."

„Verbrauchergruppen sind oft verwundert, wenn sie hören, dass wir unser Geld mit der Schweinemast verdienen. Die denken: Ich grabe meinem Schwein mit dem Tofu das Wasser ab.“ Doch die Familie sieht die Produkte nicht als Gegensätze. Vielmehr versucht sie die Schweinehaltung in ihrer Substanz zu erhalten und daneben einen Bereich zu stellen, der sich wirtschaftlich gut trägt. Während sich der eine Betriebszweig verändert, darf der andere wachsen und den Betrieb stabilisieren. So stellt sich zumindest Benedikt Sprenker die nächsten Jahre vor.

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