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topplus Interview Bullseye Genetics

Besamungsbullen: Hohe Zuchtwerte in vielen Schätzsystemen

Bullseye Genetics ist eines der kleinsten Zuchtunternehmen in Deutschland. Wonach sie ihre Bullen auswählen und wie sie mit dem eingeschränkten Zugang zu Genetik umgehen, erklärt Torben Melbaum.

Lesezeit: 4 Minuten

Bullseye Genetics ist ein ­privates Zuchtunternehmen mit einem Portfolio von etwa 20 Holsteinbullen. Das Ziel sind Vererber, die hohe ­Gesamtzuchtwerte in mehreren inter­nationalen Schätzsystemen haben. Im Interview erklärt Mit-Gründer Torben Melbaum auch, was die Herausforderungen gegenüber den etablierten Zuchtorganisationen sind.

Der deutsche Zuchtmarkt hat sich auf wenige Firmen verdichtet. Sie und Nici Nosbisch haben vor drei Jahren Bullseye Genetics gegründet – ein privates Zuchtunternehmen. Was treibt Sie an?

Melbaum: Wir halten beide selbst Kühe zu Hause und haben einzelne Nachkommen unserer Tiere an Besamungsstationen verkauft. Nici und ich haben uns oft geärgert, wenn ein Bulle nicht genommen wurde, obwohl wir in seiner Spermavermarktung Potenzial sahen. Gründe der Zuchtunternehmen waren dann oft, dass sie bereits Brüder des Bullen oder Vererber mit ähnlichem Profil haben. Für uns ist damit eine Einnahmequelle weggefallen. Mit Bullseye Genetics wollen wir diese Bullen trotzdem dem Markt anbieten.

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Wie viele Bullen halten Sie momentan?

Melbaum: Wir haben aktuell Sperma von 20 Holsteinbullen im Angebot. Die meisten stehen bei der Besamungsstation Wölsau in Bayern. Drei Bullen stehen bei Inseme (IT), weil wir gesexte Samen von ihnen vermarkten wollen. Das Sexing-Labor ist direkt nebenan. Ein weiterer Bulle steht in Tschechien. Die Teams vor Ort versorgen die Tiere. Für die Spermalogistik haben wir STg Germany beauftragt. Zusätzlich zu ­eigenen Kontakten in die Züchter­branche profitieren wir von deren Verkaufsnetzwerk. Da die BG Wölsau nur Fleckviehbullen im Portfolio hat, sind wir keine Konkurrenz, sondern ergänzen uns. Wir bieten auch die Bullen der BG Wölsau an und sind damit Fullliner.

Wir wollen ein hohes Genetik-Niveau, aber keine One-Hit-Wonder.“

Welche Kriterien muss ein Bulle ­erfüllen, damit Sie ihn ankaufen?

Melbaum: Wir wollen nicht nur One-Hit-Wonder, sondern Bullen, die lange ein hohes genetisches Niveau halten. Deshalb schauen wir nach RZG und TPI, also hohen Gesamtzuchtwerten auf deutscher und US-amerikanischer Basis. Teils beziehen wir den italienischen Gesamtzuchtwert ein. Mit Bullen, die in vielen Schätzsystemen hoch testen, erhoffen wir uns Sicherheit. Wir wollen keine hohen genomischen Bullen ankaufen, die ihr Niveau nicht halten, sobald Töchterdaten einfließen.

Viele unserer Kunden schauen zudem auf ein gutes Exterieur. Ziel sind also ausgeglichene Bullen, sowohl im Linearprofil als auch in den Relativzuchtwerten. Und trotz der hohen Zuchtwerte sind Nici und ich überzeugt, dass sich gute Kuhfamilien weiter­vererben. Also Mütter mit guter ­Einstufung und Leistung.

Wir haben keine Mitglieder und keine Besamungstechniker. Unsere Strukturen sind deutlich kleiner, wodurch wir wirtschaftlich effizienter sind.

Wo befindet sich Ihr Kundenstamm?

Melbaum: Das meiste Sperma verkaufen wir in Deutschland, Österreich und Luxemburg. Wichtig sind auch Polen, Dänemark und Italien. Insgesamt stammen unsere Kunden aus 15 verschiedenen Ländern. Die Firma STg Germany, die Sperma verschiedener Zuchtunternehmen vertreibt, ist ­dabei unser Hauptabnehmer.

Was unterscheidet Sie von genossenschaftlichen Zuchtunternehmen?

Melbaum: Wir haben keine Mitglieder und keine Besamungstechniker. Unsere Strukturen sind deutlich kleiner, wodurch wir wirtschaftlich effizienter sind. Eine eigene Besamungsstation möchten wir auch langfristig nicht. In der EU gibt es genügend und egal wo unsere Bullen stehen, das Sperma lässt sich von überall versenden.

Was ist Ihre größte Herausforderung gegenüber Genossenschaften?

Melbaum: Die Verbände können kostenlos und unmittelbar auf alle deutschen Zuchtwerte zugreifen. Beispiel: Wird ein Bullenkalb auf einem Betrieb geboren, können sie es genotypisieren lassen und auf Basis dieser Werte ihre Ankaufsentscheidung treffen. Wir als privates Unternehmen können uns die Daten erst ab dem zehnten Lebensmonat für 1.000 € von den Vereinigten ­Informationssystemen Tierhaltung (vit) erkaufen.

Zudem sind sehr viele Bullen mit einem Vorkaufsrecht versehen. Gibt es die Nutzungsbeschränkung nicht, können wir regulär mitbieten. Wollen wir ein Tier unter zehn Monaten kaufen, müssen wir auf Pedigree-Basis entscheiden und können lediglich internationale Daten wie amerikanische TPI- oder italienische PFT-Zuchtwerte abrufen, falls es typisiert ist.

Wir als privates Unternehmen können uns die Daten erst ab dem zehnten Lebensmonat für 1.000 € von Vit erkaufen.

Warum haben Sie keinen Zugriff auf die deutschen Zuchtwerte?

Melbaum: Das Problem ist die Datengrundlage. Die genossenschaftlichen Zuchtunternehmen liefern mit ihren Mitgliedsbetrieben seit vielen Jahren wichtige phänotypische Informationen, auf dessen Basis die Zuchtwerte geschätzt werden. Da wir nichts zu dieser Datenbasis beitragen bzw. ­beigetragen haben, sind die genetischen Profile für uns nicht einsehbar.

Wie beurteilen Sie den eingeschränkten Zugang zu Genetik?

Melbaum: Der Leidtragende ist eigentlich der Landwirt. Denn wenn sein Bulle aus dem Zuchtprogramm einer Zuchtorganisation stammt, hat diese in der Regel ein Vorkaufsrecht. Sie ­bezahlt das Typisieren und bekommt das Zuchtwertprofil. Der Landwirt ­bekommt jedoch keine Einsicht. Hätte nur er das Datenblatt, könnte er das Tier frei anbieten. Es entstünde mehr Wettbewerb und folglich ein höherer Preis. Bei Fleckvieh ist das anders: Dort sind die Zuchtwerte für alle frei einsehbar.

Ihre Meinung ist gefragt

Wie ist Ihre Meinung zum eingeschränkten Zugang zur Genetik für private Zuchtunternehmen - ist das folgerichtig oder schränkt es den freien Wettbewerb ein? Welche Fragen oder Anregungen haben Sie zum Thema? Was würden Sie noch zum Unternehmen Bullseye Genetic wissen wollen?

Schreiben Sie uns gerne an ann-christin.fry@topagrar.com Wir behalten uns vor, Einsendungen gekürzt zu veröffentlichen.

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