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Kanadier züchten Rinder auf geringeren Methanausstoß

Die Firma Semex hat zusammen mit Forschern und Praktikern Holsteinkühe genetisch so gezüchtet, dass sie weniger Methan rülpsen. Das Sperma ist nun ausgeliefert und auf mehreren Farmen im Einsatz.

Lesezeit: 5 Minuten

Wenn die Kälber des kanadischen Milchbauern Ben Loewith im nächsten Frühjahr geboren werden, werden sie zu den ersten auf der Welt gehören, die auf ein bestimmtes Umweltziel hin gezüchtet wurden – die Verringerung des Methanausstoßes.

Loewith, ein Landwirt in dritter Generation in Lynden, Ontario, begann im Juni mit der künstlichen Befruchtung von 107 Kühen und Färsen mit dem ersten auf dem Markt befindlichen Bullensperma, das das genetische Merkmal für niedrigen Methangehalt aufweist, berichtet Reuters. Solange man keine anderen guten Eigenschaften opfern muss, ist die selektive Züchtung auf geringere Emissionen ein einfacher Weg zum Erfolg, ist der Farmer überzeugt.

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Die Viehhaltung ist für 14,5 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Methan ist nach Kohlendioxid das zweitgrößte Treibhausgas.

Großer Hebel zur Treibhausgasreduktion

Die Einführung kommerziell verfügbarer Genetik zur Produktion von Milchkühen, die weniger Methan ausstoßen, könnte dazu beitragen, eine der größten Quellen des starken Treibhausgases zu reduzieren, sagen auch Wissenschaftler und Experten der Viehwirtschaft.

Rülpser sind die Hauptquelle der Methanemissionen von Rindern. Semex, das Gentechnikunternehmen, das Loewith das Sperma verkauft hat, erklärt gegenüber Reuters, dass die Einführung der methanarmen Eigenschaft die Methanemissionen der kanadischen Milchviehherde jährlich um 1,5 % und bis 2050 um bis zu 20 – 30 % reduzieren könnte.

Das Unternehmen begann im Frühjahr mit der Vermarktung von Sperma mit dem Methanmerkmal in 80 Ländern. Zu den ersten Käufern zählen ein Betrieb in Großbritannien und Molkereien in den USA und der Slowakei, sagt Vizepräsident Drew Sloan.

Bekommen die Kühe Bauchschmerzen?

Bei einer weiten Verbreitung könnte die methanarme Zucht einen „erheblichen Einfluss“ auf die weltweiten Rinderemissionen haben, ist auch Frank Mitloehner, Professor für Tierwissenschaften an der University of California Davis, überzeugt.

Einige Vertreter der Milchindustrie seien jedoch weiterhin skeptisch und warnen vor Verdauungsproblemen als Folge, heißt es. So erklärt z.B. Juha Nousiainen, Senior Vice President bei finnischen Molkerei Valio, dass Methan von Mikroben im Darm der Kuh bei der Verdauung von Ballaststoffen produziert werde, nicht vom Tier selbst. So könnte die Zucht sich negativ auf den Körper auswirken.

Landwirte können zwar Zusatzstoffe an die Tiere verfüttern, um die Methanproduktion zu reduzieren. Ihre Wirkung lässt jedoch nach, wenn die Rinder sie nicht mehr zu sich nehmen. Abgesehen davon sind sie in den Vereinigten Staaten nicht für die Verwendung zugelassen, so Mitloehner.

Ergebnisse von 6.000 Farmen mit Holsteins liegen vor

Das Zuchtmaterial mit niedrigem Methangehalt ist das Produkt einer Partnerschaft zwischen Semex und der kanadischen Milchaufzeichnungsagentur Lactanet und basiert auf Forschungen kanadischer Wissenschaftler, schreibt Reuters weiter.

Lactanet veröffentlichte im April die weltweit erste nationale genomische Methanbewertung und lieferte Ergebnisse von Holstein-Kühen und Färsen auf 6.000 Farmen, was fast 60 % der kanadischen Milchviehbetriebe entspricht.

Das Register stützte sich auf sieben Jahre Forschung von Wissenschaftlern der University of Guelph und der University of Alberta zur Messung des Methangehalts von Milchvieh. Die Wissenschaftler erfassten die Ausdünstungen von Rindern, um sie auf Methan zu messen, und verglichen die Daten dann mit genetischen Informationen und Milchproben.

Die Methanemissionen kanadischer Milchkühe variieren demnach stark und liegen zwischen 250 und 750 g pro Tag, sagt Christine Baes, Professorin für Tierbiowissenschaften an der University of Guelph, die an dem Projekt arbeitete. Die Auswahl des Merkmals „geringer Methangehalt“ könne dazu führen, dass künftige Generationen immer weniger Emissionen ausstoßen, sagte sie.

„Der Durchbruch besteht darin, diese verschiedenen Komponenten zu verknüpfen, um eine nationale Zuchtwertschätzung für Methanemissionen basierend auf dem echten Atem von Tieren zu erhalten“, sagt Baes. Sie habe auch genomische Informationen und gleiche diese ab. So könnten sie fast einen Katalog erstellen mit den Infos, „dieses Tier hat diese Gene und produziert so viel Methan“, erklärt sie.

Noch kein Boomgeschäft in Sicht

Semex erhebt zunächst keine zusätzlichen Gebühren für die Methaneigenschaft, sagte Michael Lohuis, Vizepräsident für Forschung und Innovation bei Semex. Er lehnt es ab, Verkaufsprognosen abzugeben, geht jedoch davon aus, dass die Verkäufe verhalten bleiben, bis finanzielle Anreize entstehen.

Die kanadische Regierung bietet derzeit keine Anreize für die methanarme Viehzucht, aber das Landwirtschaftsministerium teilte Reuters mit, dass Ottawa daran arbeite, Ausgleichsgutschriften für die Methanreduzierung durch besseres Güllemanagement einzuführen.

Es soll aber bereits einige Länder und Lebensmittelunternehmen geben, die Landwirte dazu ermutigen, auf emissionsärmere Rinder umzusteigen. Neuseeland etwa werde ab 2025 damit beginnen, Landwirte für Methan aus Rindern zu besteuern. Und Nestle (NESN.S) und die Burger-King-Muttergesellschaft Restaurant Brands International (QSR.TO) würden das Methanproblem in ihren Lieferketten angehen, indem sie die Ernährung von Rindern ändern.

Mitloehner sagte, er erwarte, dass auch Unternehmen irgendwann die methanarme Züchtung anerkennen. „Genetische Veränderungen sind dauerhaft und kumulieren sich über künftige Generationen hinweg, sodass sie zu erheblichen Reduzierungen führen können“, sagt Lohuis. „Dies ist sicherlich nicht das einzige Instrument, mit dem Milchproduzenten Methan auf dem Bauernhof reduzieren können, aber es ist möglicherweise der einfachste und kostengünstigste Ansatz.“

Milchfarmer Loewith jedenfalls ist gespannt, wie sich die Tiere entwickeln. Er erwartet, dass der Effekt in den Folgegenerationen noch größer wird.

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