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Futterrationen für Milchkühe: So wirken Futterzusätze

Futtermittelhersteller versprechen so manches Wunder durch den Einsatz ihrer Produkte. Doch wie wirken Vitamine, Hefen und Co. in der Milchkuhration? Welche Effekte sind wirklich möglich?

Lesezeit: 10 Minuten

Unser Autor: Prof. Jörg Rühle, Professor für Tierernährung & Futtermittelkunde an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf

Der Stoffwechsel von hochleistenden Milchkühen arbeitet wie der von Hochleistungssportlern: Beide brauchen eine energie- und nährstoffreiche Ration. Für Kühe gilt das besonders im ersten Laktationsdrittel.

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Voraussetzung ist eine ausbalancierte und an den Bedarf angepasste Ration. Ein „Finetuning“ sollen verschiedene Futterzusatzstoffe ermöglichen, wie Vitamine, Hefen oder Aminosäuren. Sie sollen Nährstoffe besser nutzbar machen oder den Stoffwechsel stabilisieren. Je nach Leistungsniveau und Zusatzfuttermittel sind sie für 10 bis 20 % der Leistung verantwortlich. Wichtig ist: Fehler in der Ration oder dem Management können und sollten solche Futtermittel nie kompensieren!

Der Einsatz von Zusatzstoffen erfolgt über Mineral-, Kraft- oder Ergänzungsfuttermittel und nicht direkt als Einzelfutter. Denn sie werden in Kleinst­mengen benötigt und erfordern hohe Mischgenauigkeit. Doch wie wirken Zusatzstoffe eigentlich?

Vitamine

Vitamine sind als Co-Enzyme für den Energie-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel lebensnotwendig. Wasserlösliche Vitamine synthetisieren die Pansenbakterien. Die zusätzliche Gabe einiger Varianten hat positive Effekte.

So fördert Niacin (Nicotinsäure) die Glucoseneubildung und damit den Energiestoffwechsel. Es unterstützt auch die bakterielle Proteinsynthese. Niacin senkt den Körperfettabbau und damit das Ketoserisiko. Besonders im Hochleistungsbereich entlastet es den Stoffwechsel, was zu weniger Erkrankungen führt. Da Niacin im Pansen abgebaut wird, ist eine pansengeschützte Form sinnvoll. 

Biotin beschleunigt als Bestandteil bestimmter Enzyme den Energiestoffwechsel. Auch celluloseabbauende Pansenbakterien benötigen Biotin. Darüber hinaus fördert es die Klauengesundheit. Etwa 15 – 20 mg/Kuh und Tag können bei hohen Leistungen sinnvoll sein.

In stressigen Phasen, wie z. B. der Transitphase, können die antioxidativen, wasserlöslichen Vitamine C oder E, den Stoffwechsel unterstützten.

Fettlösliche Vitamine werden im Körpergewebe gespeichert. Vitamin A  hält die Schleimhäute gesund, fördert die Körperabwehr und Fruchtbarkeit. Es wirkt im zentralen Nervensystem und im Hormonhaushalt. Vitamin A kommt nur in tierischen Nahrungsquellen vor, wohingegen die Vorstufe ß-Carotin z. B. im Grasaufwuchs enthalten ist. Der Gehalt sinkt allerdings während der Silierung, Trocknung und Lagerung. Bei einem Mangel kommt es zu funktionsgestörten Follikeln, Zysten oder geringem Brunstverhalten.

Eine Fütterung von Vitamin A während der Trockenstehzeit verbessert den ß-Carotin-, Vitamin A- und Immunglobulingehalt des Kolostrums. Der Tagesbedarf liegt bei 300 – 500 mg/Kuh und Tag bzw. 15 mg/kg Trockensubstanz (TS). Sinnvoll kann es z. B. bei hochleistenden Milchkühen und einer maissilagebasierten Fütterung im Winter oder einem hohen Strohanteil in der Trockensteherration sein. 

Vitamin D steuert in Wechselwirkung mit dem Parathormon den Calcium- und Phosphorstoffwechsel. Es steigert die Immunabwehr. Das Sonnenlicht ist für die Bildung von D2 (Pflanzen) und D3 (tierischer Organismus) ausschlaggebend. Bei der Weidehaltung wird mehr Vitamin D3 als bei einer Stallhaltung synthetisiert.

Vitamin E wirkt antioxidativ. Besonders in den ersten Laktationswochen vermindert es den Stoffwechselstress, wirkt als Radikalfänger und schützt die Zellmembran. Somit sinkt das Erkrankungsrisiko. Frischer grüner Aufwuchs sowie Getreidekeimlinge sind reich an Vitamin E, wohingegen Silagen und Heu bereits viel davon verloren haben. 

L-Carnitin ist eine vitaminähnliche Eiweißverbindung, die zu Laktationsbeginn wirkungsvoll ist. Es verbessert den Transport und energetischen Abbau von Fettsäuren in den Kraftwerken der Zellen, den Mitochondrien. L-Carnitin ist somit stoffwechsel- bzw. leberentlastend. Anders gesagt: Es reduziert die Risiken einer negativen Energiebilanz. Die Zugabe bewirkte in Studien z. B. eine tendenziell höhere Milchleistung (bis zu 1 kg/Kuh/Tag) und geringeren Fett-Eiweiß-Quotienten.

Betain und Cholin sind vitaminähnliche Substanzen und schützen die Leber vor einer übermäßigen Fetteinlagerung, besonders im ersten Laktationsdrittel. Cholin ist an der Synthese und dem Transport von Fetten sowie deren Umsetzung im Körper beteiligt. Die Dosierung liegt bei etwa 4 g Betain bzw. 6 bis 12 g Cholin pro Tier und Tag – jeweils pansengeschützt.

Aminosäuren

Aminosäuren sind im Stoffwechsel für verschiedene Funktionen wichtig, wie der Bildung von Enzymen und Hormonen, für das Immunsystem oder als Neurotransmitter. Für die Proteinversorgung von Milchkühen ist das nutzbare Rohprotein im Dünndarm (nXP) entscheidend. Das setzt sich zusammen aus dem mikrobiellen Protein und dem unabbaubaren Protein (UDP). Die mikrobielle Menge ist begrenzt. Daher ist bei hohen Milchleistungen ein höherer Anteil an UDP nötig.

Aber auch die Kombination der Aminosäuren ist wichtig. So kann die Gabe von pansengeschützten Methionin und Lysin den nXP-Gehalt qualitativ vervollständigen. Das entlastet in der Frühlaktation den Stoffwechsel und kann laut Untersuchungen die Milchmenge um mehr als 1,5 kg pro Kuh und Tag steigern. Die Höhe der Gabe hängt von der Proteinmenge und -qualität sowie der Milchleistung ab, liegt aber bei ca. 10 bis 25 g pro Kuh und Tag.

Bei einer an den Bedarf optimal angepassten Kombination der Aminosäuren lässt sich der Proteingehalt der Ration reduzieren, ohne Milchmenge zu verlieren. Das entlastet die Leber und ist umweltschonend (weniger Stickstoff-Ausscheidungen).

Futterharnstoff 

Futterharnstoff zählt zu den Futterzusätzen. Er ist eine Nichtprotein-Stickstoffverbindung (NPN) mit 46 % Stickstoff. Es sollten nur max. 10 g/kg TS verfüttert werden, bzw. 30 % des täglich über das Futter aufgenommenen Stickstoffs aus Harnstoff bestehen. Eine Überdosierung kann zu Leberüberlastungen bis hin zum Tod führen. Der Milchharnstoffgehalt gibt Aufschluss über die Stickstoffversorgung. Er sollte zwischen 150 bis 300 mg pro kg Milch ­liegen. Bei einer Unterversorgung mit Rohprotein, z. B. einer maisbetonten Ration, liefert der Harnstoff den für die Pansenbakterien wichtigen Stickstoff. Voraussetzung ist eine ausreichende Energieversorgung. Es gibt auch so­genannte „Slow-Release-Harnstoffprodukte“. Diese geben den Harnstoff im Pansen über einen längeren Zeitraum kontinuierlich frei.

Weniger erzeugtes Methan bedeutet auch eine bessere Nutzung der Futterenergie.

Umweltbelastung reduzieren

In einer neuen Gruppe von Futtermittelzusatzstoffen, die negative Umwelteffekte verringern, befindet sich bisher nur 3-Nitrooxypropanol (3-NOP). Es kann die ruminale Methanproduktion bei einer empfohlenen Einsatzmenge von 53 bis 80 mg/kg um etwa 30 % senken. 3-NOP beschränkt die Aktivität von Methyl-Coenzym-M-Reduktase (MCR) der sogenannten Archaea-Bakterien im Pansen. Damit unterbricht es den letzten Schritt der Methanbildung. Auch Algen oder phytogene Substanzen aus Knoblauch und Citruspflanzen wirken methanreduzierend. Jedoch sind diese nicht als Futterzusatzstoffe zur günstigen Umweltbeeinflussung zugelassen.

Für die Bildung von Methan aus Rohfaser sind schätzungsweise zwei bis 12 % der Futterenergie nötig. Der Einsatz von 3-NOP hat daher einen zweiten Vorteil: Diese Energie steht für die Milchleistung zusätzlich zur Verfügung.

Mikroorganismen 

Effektive Lebendhefen gehören zu den probiotischen Futterzusatzstoffen. Sie unterstützen den Pansenstoffwechsel, indem sie celluloseabbauende und milchsäureverbrauchende Mikroorganismen fördern. Letztere können z. B. in der Frühlaktation den Pansen-pH-Wert stabilisieren und so das Azidose-Risiko reduzieren. Das fördert die Futteraufnahme und damit die Milchleistung. Zu Laktationsstart vermeidet das eine negative Energiebilanz bzw. Ketose. Aber auch bei Hitzestress können Lebendhefen die Futteraufnahme sicherstellen. In der Praxis hat sich der Einsatz von der Vorbereitungsfütterung bis zur Hochleistungsphase bzw. ab einer täglichen Milchleistung von 35 l als vorteilhaft erwiesen.

Bestimmte Stämme der Hefe-Gattung Saccharomyces sind in der EU futtermittelrechtlich zugelassen. Die optimale Dosierung hängt von der Menge an koloniebildenden Einheiten (KBE) der zugelassenen Lebendhefe-Produkte ab. Die Tagesdosis liegt zwischen 0,5 und 10 g.

Aromastoffe 

Phytogene Substanzen, wie ätherische Öle, sind die Immunabwehr der Pflanzen. Ihre antimikrobielle Wirkung macht man sich in der Tierernährung zunutze. Beispielsweise hemmen einige Öle bestimmte Pansenbakterien wie bspw. die HAP (Hyper-Producing-Ammonia-Bacteria), die Protein im Pansen sehr schnell abbauen. Werden sie gehemmt, wird weniger Ammoniak gebildet und es gelangt mehr Futterprotein in den Dünndarm. So lassen sich Proteinfutter einsparen bzw. die Grundfutterleistung optimieren. Als pansengeschützte Variante sollen die Substanzen bestimmte Darmbakterien hemmen und so den Darm gesünder halten.

In der Milchkuhfütterung sind als phytogene Substanzen vor allem Extrakte sowie einzelne oder eine Kombination von ätherischen Ölen üblich. Verbreitet sind z. B. Öle aus Gewürznelken, Anis, Fenchel, Zimt, Citrus, Oregano, Eukalyptus, Knoblauch, Thymian und Kurkuma.

Verdaulichkeitsförderer

Enzyme beschleunigen den Abbau von Nährstoffen. Sie haben beim Wiederkäuer selten Vorteile, da die Pansenbakterien eine hohe Enzymaktivität haben. Eine Ausnahme ist Alpha-Amylase: Enthält eine Ration hohe Anteile an pansenstabiler Stärke wie bspw. Körnermais oder junge Maissilage, so wird die Stärke im Dünndarm nicht vollständig abgebaut. Unverdaute Stärke kann zu einer Dickdarm-Azidose führen.

Alpha-Amylase fördert den Stärkeabbau im Pansen und damit die Energieversorgung. Indirekt unterstützt es faserabbauende Bakterien und damit die Verdaulichkeit von Rohfaser (NDF). Das mildert mögliche Auswirkungen einer negativen Energiebilanz. Studien belegen z. B. höhere Milchmengen, stabilere Inhaltsstoffe oder ein geringeres Ketose-Risiko. Das Enzym ist bei Milchkühen bis zur 14. Laktationswoche einsetzbar.

Mengen- und Spurenelemente

Spurenelemente sind Teil von Stoffwechselenzymen. So beeinflussen sie Fruchtbarkeit, Energieumsetzung, Immunität und Leistungsbereitschaft.

In weidebetonten Fütterungssystemen kann es zu einer Unterversorgung kommen, weil sich die Aufnahme über Lecksteine oder Ähnliches nicht so genau abschätzen lässt wie in der Stallfütterung. Spurenelemente lassen sich als anorganische (Oxide, Sulfate, Carbonate) oder organische Form (Glycinate, Chelate, Proteinate) verfüttern, wobei organische Verbindungen oft eine bessere Bioverfügbarkeit haben.

Selen benötigen Pansenbakterien zur Energie- und Nährstoffumsetzung. Für Milchkühe wird ein Gehalt von 0,2 mg/kg TS empfohlen. Bestimmte Enzyme, die Selen enthalten, wirken antioxidativ und schützen den Zellstoffwechsel. Bei hohen Leistungen unterstützt Selen den Stoffwechsel, verbessert die Fruchtbarkeit und erhöht den Immunglobulingehalt im Kolostrum.

Kobalt ist Bestandteil des wasserlöslichen Vitamins B12, das von Pansenbakterien synthetisiert wird und für die Verwertung von Zellulose wichtig ist. Bei Kobalt-Mangel zeigen die Tiere einen Gewichtsverlust und sind anfälliger für Ketose. Die empfohlene Kobalt-Menge im Futter beträgt 0,2 mg/kg TS.  

Kupfer ist Bestandteil von Enzymen und z. B. wichtig für die Hämoglobinsynthese. Es reguliert auch die energetische Umsetzung in den Zellen, fördert die Fruchtbarkeit und die Leistungsbereitschaft von Milchkühen. Kupfer sollte mit 10 mg/kg TS vorhanden sein.

Mangan-Mangel wird meist indirekt durch die Antagonisten Eisen, Kupfer, Schwefel und Zink verursacht. Ein primärer Mangel ist bei Lehm- und Moorböden möglich und führt zu Fruchtbarkeitsstörungen wie stiller Brunst oder Aborten. 50 mg Mangan pro kg TS sind empfohlen.

Milchkühe weisen selten einen Eisen-Mangel auf. Wenn doch, dann meist durch Antagonisten wie Kupfer, Selen, Mangan verursacht. Der Eisen-Bedarf von 50 bis 100 mg/kg TS wird normalerweise deutlich überschritten. Ein Mangel führt zu einer geringeren Futteraufnahme und Milchleistung bei einem gleichzeitigen Anstieg der Zellzahl.

Die Kosten sind im Verhältnis zu den Vorteilen für Stoffwechsel, Gesundheit und Langlebigkeit zu bewerten.

Rechnet sich das?

Entscheidend ist am Ende natürlich die Frage: Rechnet sich der Einsatz von Futterzusatzstoffen? Doch dazu gibt es keine einfache Antwort.

Die Kosten von Futterzusatzstoffen sind u. a. abhängig vom Herstellungsverfahren, der Konzentration an Wirksubstanzen oder davon, ob sie pansenstabil sind. Gerade die Energie- und Rohstoffkosten für die Herstellung unterliegen erheblichen Schwankungen. Eine Preiseinschätzung ist kaum möglich.

Zielführender ist, die Kosten der Futterzusatzstoffe im Verhältnis zu den Vorteilen zu bewerten: Die positiven Effekte auf den Stoffwechsel, die Gesundheit oder Langlebigkeit steigern in der Regel Milchleistung und Futtereffizienz. Abhängig vom Leistungsniveau oder bspw. dem Hitzestress können die leistungssteigernden Effekte unterschiedlich hoch ausfallen.

Viele Untersuchungen zeigten Leistungssteigerungen von 1 bis 2 kg Milch pro Kuh und Tag. Bei einem Milchpreis von 50 ct/kg Milch entspricht das bis zu 1 € pro Kuh und Tag. In diesem Fall würden die höheren Erlöse die Kosten für den Futterzusatzstoff-Einsatz übersteigen.

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