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Mycoplasmen: Prophylaxe ist die beste Medizin

Der bakterielle Erreger Mycoplasma bovis ist hartnäckig, schwer zu therapieren und es gibt keinen kommerziellen Impfstoff. Umso wichtiger ist die Vorbeugung. Das zeigt ein Praxisbeispiel.

Lesezeit: 4 Minuten

Unser Autor: Dr. Waldemar Debletz, Tierärzt­liche Gemeinschaftspraxis BSB, ­Bersenbrück, Niedersachsen

Atemwegsinfektionen sind die größte Herausforderung in der Fresseraufzucht. Der Hauptgrund ist: Die Tiere kommen aus verschiedenen Betrieben mit unterschiedlichsten Erregerspektren zusammen. Zusätzlich ist das Immunsystem durch den Transport, die neue Umgebung und die Futterumstellung geschwächt. Stress macht krankheitsanfällig.

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Stress ist oft der Auslöser

Ein praktisches Beispiel aus der Beratung zeigt das: Landwirt Julian Lampe aus Ankum (Niedersachsen) stallt alle acht Wochen etwa 200 Fleckviehkälber ein. Die Tiere stehen in einem 2020 gebauten Offenstall auf Stroh und erhalten Milch am Automaten. Es gibt sowohl Nippel- als auch Schalentränken.

Doch letztes Jahr blieben immer häufiger Kälber in der Entwicklung zurück und kümmerten. Es traten vermehrt chronische Lungenentzündungen auf und es kam zu erhöhten Verlusten (2 %). Die Tageszunahmen sanken auf etwa 1.000 g. Die Krankheitssymptome der Tiere sprachen deutlich für den bakteriellen Erreger Mycoplasma (M.) bovis. Auch Tupferproben bestätigten den Erreger.

Bakterieller Erreger

M. bovis besitzt keine Zellwand, was zu einer natürlichen Resistenz gegenüber zahlreichen Antibiotika führt. ­M. bovis gehört zu den pathogensten Mykoplasmenarten: Der Erreger verursacht Lungenentzündungen und teils schwere Organschäden. Die Kälber bleiben in ihrer Entwicklung zurück.

Die Tiere können auch eine Mittelohrentzündung entwickeln. Diese zeigt sich an „Schlappohren“ oder einer schiefen Kopfhaltung. Es kann auch zu Gelenk-, Gehirnhaut- oder bei Kühen zu Euterentzündungen kommen. Auch bei gesunden Kälbern sind M. bovis oft in den oberen Atemwegen nachweisbar. Sie breiten sich erst aus und verursachen Infektionen, wenn das Immunsystem geschwächt ist. M. bovis wird als Wegbereiter für andere, bakterielle Erreger von Lungenentzündungen, wie Pasteurella multocida oder Mannheimia haemolytica, häufig übersehen.

Wenn Tiere an M. bovis erkranken, sollten sie so früh wie möglich und ausreichend lange behandelt werden. Für die passende Behandlung müssen die Bakterien Histophilus somni und Streptokokken als Krankheitserreger ausgeschlossen werden.

Allerdings erschweren Mycoplasmen eine vollständige Heilung, da sie die Immunabwehr hemmen können. Der beste Schutz sind daher vorbeugende Maßnahmen, wie eine gute Haltung und Klima, ausreichend Futter- und Tränkeaufnahme sowie Hygiene.

Gegen M. bovis soll es ab 2024 einen Impfstoff in Deutschland geben. Doch auch andere Krankheiten können eine Infektion mit M. bovis begünstigen. Daher ist es sinnvoll, gegen andere Erreger von Lungenerkrankung zu impfen, wie BRSV, Parainfluenza oder Mannheimia haemolytica.

Auslöser: Zu wenig Wasser

Auf dem Betrieb von Julian Lampe stellten wir Tierärzte fest, dass sich die Kälber gegenseitig beleckten, Zungenspiel zeigten und Urin tranken. Wasser hingegen nahmen sie kaum auf.

Die Wasserqualität war laut Labor in Ordnung. Testweise stellten wir eine Kunststoffwanne mit Wasser auf: Hieraus tranken die Kälber besser. So entstand der Verdacht, dass Kriechströme die Tiere an der Wasseraufnahme hindern könnten. Ein Elektriker bestätigte das und installierte zusätzliche Strom­erdungen an den Wasserleitungen. Danach tranken die Tiere besser.

Um die Gesundheitslage allgemein zu verbessern, erstellten wir auch ein neues Impfschema. Die Kälber werden jetzt beim Einstallen gegen BRSV und Parainfluenza geimpft. Es folgen zwei weitere BRSV Impfungen im Abstand von vier Wochen. Dieses Impfschema ist schonend für die Kälber und bietet einen schnellen Schutz für die jungen Kälber als auch für die älteren Fresser. Von den drei BRSV Impfungen profitiert auch der Bullenmäster.

Die Fresser in den folgenden Durchgängen waren vitaler und entwickelten sich homogener. Sowohl die Verluste als auch die kümmernden Tiere konnten wir deutlich reduzieren. Die Tageszunahmen stiegen wieder auf 1.200 g.

Das Beispiel zeigt, dass eine reduzierte Wasseraufnahme ein klassischer Stressfaktor sein kann, der auch Futteraufnahme und Gesundheit negativ beeinflusst. In solchen Situationen haben es Erreger wie M. bovis leicht.

Der Fall zeigt aber auch: Myco­plasmen-Infektionen lassen sich vermeiden – durch ein optimales Management und einen angepassten Impf- bzw. Behandlungsplan.

Milchvieh: Hartnäckiger Mastitiserreger

In der Milchviehhaltung sind Mycoplasmen als Mastitiserreger bekannt. Schon geringe Zahlen genügen, um lang andauernde subklinische oder akute Euterentzündungen auszulösen. Typisch ist, dass plötzlich viele Tiere ­einer Herde erkranken ohne Störung des Allgemeinbefindens. Infizierte Trockensteher bleiben oft unentdeckt. Die Infektion lässt sich nur schwer behandeln. Spontanheilungen sind möglich, jedoch können diese Kühe subklinische Ausscheider bleiben. Landwirte sollten Mycoplasmen positive Tiere aus dem Betrieb entfernen bzw. merzen.

Der größte Risikofaktor ist der Zukauf von infizierten Tieren. Über Milch- oder Blutproben vor dem Zukauf lässt sich das ausschließen. Der Erreger wird auch über die Luft oder die Milch erkrankter Kühe übertragen. Daher sollte Milch, die mit Hemmstoffen oder Keimen belastet ist, nicht an Kälber vertränkt werden. Die Erkrankung beim Kalb zeigt sich oft erst Wochen später – nach einem Transport oder dem Zusammenstallen von Kälbern verschiedener Betriebe.

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